Karl Marx Der große Karl kommt nach Hause

Trier · Die Marx-Statue aus Bronze trifft am Dienstagnachmittag in Trier ein. Kameramänner kämpfen um die besten Plätze, doch die Kiste aus China wird zur Herausforderung.

Karl-Marx-Statue trifft in Trier ein
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Karl-Marx-Statue trifft in Trier ein

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Karl Marx ist ein großer Sohn Triers. Zu groß für eine normale Zufahrt. Auf dem Bauhof des Trierer Tiefbauamts in Trier-Süd steht eine große Gruppe von Reportern, Kameramännern und Fotografen und wartet auf den LKW, der die Kiste mit der Statue – ein Geschenk Chinas – nach Trier bringt. Doch als er schließlich um kurz nach 13 Uhr eintrifft, muss der Fahrer zuerst wieder zurückstoßen, weil er nicht durch die schmale Einfahrt kommt.

Warum braucht man einen zwölf Meter langen LKW, um eine fünf Meter lange Kiste zu transportieren? „Wegen des Gewichts“, sagt der Fahrer Matthias Wolff. Der Marx in der Kiste ist 4,40 Meter groß und wiegt 2,3 Tonnen.

Im zweiten Anlauf funktioniert es, Wolff hat sein riesiges Gefährt im Griff. Der LKW rollt auf den Bauhof. „Mehr wird hier nicht geschehen“, sagt Stadt-Sprecher Michael Schmitz. Mit anderen Worten: kein Abladen, kein Auspacken, kein Blick auf Karl Marx.

„Wir machen uns Sorgen wegen Vandalismus“, sagt Baudezernent Andreas Ludwig. „Deshalb werden wir die Kiste an einen Ort bringen, den wir geheim halten wollen.“ Schmitz bittet alle Journalisten, den vorläufigen Aufenthaltsort der Statue vor ihrer offiziellen Präsentation nicht zu veröffentlichen. Alle stimmen zu. Und schon geht die Reise weiter. Der LKW rollt los, und ein Konvoi von Autos folgt ihm.

Ein geheimer Ort in Trier: Der LKW wird geöffnet, ein Gabelstapler rollt an. Das gesamte Szenario ist ein riskantes Unterfangen der Stadt Trier, denn auch Michael Schmitz und Andreas Ludwig haben keine Ahnung, wie es in der Kiste aussieht. Vielleicht wurde der große Karl während seiner Flugreise von Peking über Moskau nach Frankfurt oder der Fahrt nach Trier beschädigt. Möglicherweise gab es auch  eine Verwechslung, und in der Kiste liegt Mao Tse-tung.

Aber noch muss die versammelte Presse warten. Denn vor der geplanten Öffnung der Kiste muss sie zuerst vom LKW runter. Das klappt nicht, der bereitgestellte Gabelstapler ist zu klein. „Es liegt nicht an dem Stapler“, sagt Matthias Wolff. „Es liegt an der Kiste. Die ist zu breit.“

Ein neuer Gabelstapler muss her. Baudezernent Ludwig hat unterdessen jede Menge Zeit für Stellungnahmen. „Mit begegnet in der Bevölkerung ein positives Meinungsbild zur Statue“, sagt er. „Natürlich ist mir bewusst, dass viele Menschen unter dem Marxismus gelitten haben. Aber ich denke, in Trier haben sowohl der Stadtrat als auch die Bevölkerung die Statue als Geschenk Chinas akzeptiert.“

Der neue Gabelstapler kommt. Die Spannung steigt. Das Team des Tiefbauamts schafft es, die Kiste anzuheben und auf den Boden zu stellen. Fotografen und Kameramänner steigen auf die Ladefläche des LKW, für einen Blick vom Boden aus ist die Kiste zu hoch. Doch noch muss der Deckel runter. Mehrere Minuten arbeitet das Team der Stadt mit aller Kraft, doch die Kiste lässt sich nicht so einfach öffnen. Der Baudezernent packt selbst mit an und löst ein paar Schrauben.

Schließlich ist es soweit. Der Deckel ist weg. Während Kameras surren und blitzen, atmen die Repräsentanten der Stadt Trier auf. Dick verpackt, gut gepolstert und klar erkennbar in einem Stück hat Karl Marx seine lange Reise überstanden und ist bereit für seinen Auftritt in Trier. Der Kopf liegt frei, der Rest ist noch eingepackt.

„Das ist toll, ich freue mich“, sagt Ludwig. Er war bereits beim Modellieren der Statue dabei und hat den Bildhauer Wu Weishan im November 2017 in dessen Atelier in Peking besucht. Man sieht ihm die Erleichterung an. Die Heimkehr von Karl Marx ist gelungen, zumindest ihr erster Schritt. Weitere werden folgen (siehe Info links).

Der Kommentar:

Niemand will verherrlichen

Von Jörg Pistorius

Die Volksrepublik China hat der Stadt Trier eine Statue von Karl Marx geschenkt. Ihre Höhe von 5,50 Metern mit Sockel ist eine logische Folge des in China allgegenwärtigen Personenkults. Der Stadtrat hat das Geschenk angenommen, die Stadt wird es im Mai auf dem Simeonstiftplatz aufstellen. Ist das schlimm? Eine Glorifizierung des Marxismus? Eine Verhöhnung der Opfer des Kommunismus? Nein, nein und nein.

 Der Deckel der Kiste muss endlich runter. Da packt auch Baudezernent Andreas Ludwig selbst mit an.

Der Deckel der Kiste muss endlich runter. Da packt auch Baudezernent Andreas Ludwig selbst mit an.

Foto: Friedemann Vetter
Nur der Kopf der mit Sockel 5,50 Meter hohen Statue ist am Dienstag genau zu sehen, der Rest ist noch eingepackt. Erschaffen wurde die Figur vom chinesischen Bildhauer Wu Weishan.

Nur der Kopf der mit Sockel 5,50 Meter hohen Statue ist am Dienstag genau zu sehen, der Rest ist noch eingepackt. Erschaffen wurde die Figur vom chinesischen Bildhauer Wu Weishan.

Foto: Friedemann Vetter
Der erste Gabelstapler ist zu klein. Das Abladen der Kiste klappt erst mit einem größeren Modell.

Der erste Gabelstapler ist zu klein. Das Abladen der Kiste klappt erst mit einem größeren Modell.

Foto: Friedemann Vetter

Auch ein 5,50 Meter hoher Karl Marx aus Bronze hindert niemanden daran, sich kritisch mit der Gesellschaftslehre und ihren Opfern auseinanderzusetzen. Eine Verherrlichung von Karl Marx ist weder das Ziel der Stadt Trier noch der Landesausstellung. Doch die enorme historische Bedeutung des in Trier geborenen Philosophen stärkt im Jubiläumsjahr 2018 die Anziehungskraft der Stadt enorm. Wer moralische Bedenken hat, sollte sich daran erinnern, was das römische Imperium den Galliern und Germanen angetan hat. Dennoch sind die Römer seit vielen Jahrzehnten einer der besten Trümpfe Triers.j.pistorius@volksfreund.de

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