Abschied „Der Herr stellt uns dahin, wo wir gebraucht werden“

Schweich · Die Oberin der Indischen Schwestern verlässt Schweich und geht nach Unkel an den Rhein. Warum Schwester Betsy bei allen so beliebt ist.

 Schwester Betsy, Leiterin der Demenzstation im Altenheim St. Josef, geht nach Unkel/Rhein (Kreis Neuwied), um dort im Altenheim der Franziskanerinnen zu arbeiten.

Schwester Betsy, Leiterin der Demenzstation im Altenheim St. Josef, geht nach Unkel/Rhein (Kreis Neuwied), um dort im Altenheim der Franziskanerinnen zu arbeiten.

Foto: Sandra Blass-Naisar

Sie wird fehlen. Sie war als Leiterin der Demenzstation im Altenheim St. Josef nicht nur die gute Seele des Hauses, immer ein feines Lächeln auf den Lippen und ein offenes Ohr für den Kummer und die Sorgen der anderen. Nein, sie war auch das Gesicht der Indischen Schwestern in Schweich: Nach mehr als 30 Jahren hat Schwester Betsy Kizhakemuryil, Oberin des Konvents, die Mosel verlassen und ist an den Rhein gewechselt, wo sie jetzt in Unkel, auch wieder in einem Altenheim der Franziskanerinnen vom Heiligen Josef, arbeiten wird. Ihre Nachfolgerin ist Schwester Josia, die nach einigen Jahren an anderen Wirkungsstätten „mit großer Freude“ nach Schweich zurückkommt.

Anno Frings, der mit Schwester Betsy als damaliger Einrichtungsleiter von St. Josef bestens vertraut ist, bringt die Wertschätzung für die Ordensfrau auf den Punkt: „Mit ihrem warmherzigen Tun für das Wohlergehen Hilfebedürftiger wird sie in den kommenden Jahren die Bewohnerinnen und Bewohner unseres Altenheimes Christinenstift in Unkel am Rhein erfreuen. Sie bleibt also sozusagen in der Familie, und die Kontakte mit ihr via Telefon und Videotelefonie werden bleiben. Nach der Pandemie werden Besuche zwischen unseren Häusern von Mosel und Rhein gewiss das Leben vieler Mitarbeiter bereichern.“

Mit viel Geduld, Verständnis und Fürsorge, so erzählen die Bewohner, hat die examinierte Altenpflegerin die demenzkranken Patienten betreut, ganz ihrem Ordens-Leitsatz verbunden: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ Als Oberin des Schweicher Konvents lagen ihr vor allem die jungen Schwestern am Herzen, denn aus eigener Erfahrung wusste sie, was es heißt, aus der Heimat in Kerala an der palmengesäumten warmen Malabarküste Indiens in ein fremdes Land zu kommen mit einer fremden Kultur und einer fremden Sprache.

„Für die Senioren auf der Demenzstation, die in ihrer eigenen Welt leben, bin ich wie eine Tochter, und hier im Konvent will ich wie eine Mutter sein!“ Und das war sie. Auch immer dann, wenn der Geruch von traditionellem indischen Essen durchs Haus wehte, weil Schwester Betsy es nie versäumte, bei ihrem Urlaub aus der Heimat Gewürze und Spezialitäten mitzubringen.

„Als ich 1983 nach dem Abitur begann, für das Lehramt zu studieren, da spürte ich, dass meine Berufung eine andere war“, erzählt die 1965 in Kerala, Südindien, geborene Ordensfrau im Garten des Konvents in der Brückenstraße in Schweich. „Ich trat in den Orden ein, in die „Congregation of the Mother of Carmel“, und begann, Theologie zu studieren.“ Nach der Ersten Profess führte sie ihr Lehramtsstudium weiter fort und unterrichtete nach der Ewigen Profess 1996 ein Jahr lang an einer ordenseigenen Schule in Kerala an der Malarbarküste.

Nicht einfach sei es für sie gewesen, nur zwei Jahre später den Ordensauftrag anzunehmen, die Schule, die Kinder und die Heimat zurückzulassen und in den Konvent nach Schweich zu gehen, um alte Menschen zu pflegen. „Ich habe viel geweint. Alles war anders. Die Kultur, das Essen, die Sprache, der kalte Winter, das Heimweh.“ Aber nach langen und intensiven Gebeten und Gesprächen habe sie Frieden gefunden und sich in ihre Aufgabe eingelebt. „Der Herr stellt uns dahin, wo wir gebraucht werden.“

Die Arbeit von Schwester Betsy und den Schwestern beginnt um 4 Uhr morgens mit einer einstündigen Meditation und anschließender Laudes. Für die Arbeit im Altenheim sind alle in eine Früh- und eine Spätschicht eingeteilt. Die einen beginnen um 6.30 Uhr, die anderen um 13.30 Uhr. Mittelpunkt und Kraftquelle eines jeden Tages ist der Gottesdienst. Der Tag in der Gemeinschaft endet mit dem Abendessen und einem Gebet. In der kleinen, liebevoll eingerichteten Hauskapelle wird mindestens dreimal pro Monat eine Hausmesse gefeiert.

Die Ordensfrauen leben nach der Karmeliter-Regel: Bleibe in mir durch Gebet. Sei mir geweiht durch Taten der Liebe. „Stilles Gebet und Andacht“, so sagt Schwester Betsy, „sind das Zentrum, aus dem wir Kraft schöpfen“. Und so hat Schwester Betsy auch den neuen Ruf angenommen, verlässt Schweich nach mehr als 30 Jahren und stellt sich neuen Herausforderungen im Altenheim in Unkel am Rhein. Die Schweicher werden sie sehr vermissen.

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