Der Heuschreck völlig losgelöst…

Fünf Stunden in der Schwerelosigkeit - das Raumschiff Heuschreck macht's möglich. Das Premierenpublikum hob am Samstag begeistert mit den Karnevalisten ab.

Trier. Ein Mix aus Kabarett, Theater, Showtanz, Gesang und Büttenreden von politisch-intellektuell und hintersinnig bis deftig-trierisch und schenkelklopfend - so sieht das aus, wenn die Fastnacht mit der Zeit geht. Triers ältester und größter Karnevalsgesellschaft gelingt das mit ihrem neuen Programm - das die voll besetzte Europahalle als Raumschiff Heuschreck mitnimmt in unendliche Weiten.

Alles ist perfekt aufs All abgestimmt: Das Bühnenbild von Johannes Kaschenbach zeigt eine vor der Erde schwebende mikrofonähnliche Raumstation, eine Großleinwand sorgt mit Einspielern für perfektes Science-Fiction-Gefühl, die Mehringer Winzerkapelle funktioniert das Star-Wars-Thema zum Büttenmarsch um und Sitzungspräsident Alexander Houben navigiert das Raumschiff als Kapitän von Höhepunkt zu Höhepunkt.

Helmut Leiendecker kommt gleich als Darth Vader auf die Bühne, entpuppt sich aber als "Rentner von der Häärewies" mit 400-Euro-Job bei der Raketenabschussbasis "Fränzisknippehillschie". Ein starker Auftakt auf Trierisch und Englisch. Harald Reusch steigt als Mann im Mond in die Bütt und seziert mit dieser Distanz vom Erdtrabanten aus Bundes- und Landespolitik.

Das Heuschreck-Ballett (Choreographie Reveriano Camil) sorgt mit "Men in Black"- und "Spacewomen"-Showtänzen für außerirdische Begeisterung.

Ein Ex-OB im Raumschiff Orion



Der Heuschreck-Chor (geleitet von Stefan May und eingeleitet von einem Raumschiff-Orion-Admiral, der Ex-OB Helmut Schröer verdächtig ähnlich sieht) sucht kurzweilig und richtig böse bei BP, der Deutschen Bahn, der Kirche, auf dem Nürburgring und im Trie-rer Rathaus erfolglos nach intelligentem Leben.

Eher klassische Karnevalsbeiträge wie Thomas Kiesslings Schunkelrunde wechseln ab mit - sagen wir - experimentellem Karneval: das schauspielerisch starke Improvisationstheater "Spon Tat" erfordert einiges an Mitdenken vom Publikum. Und für Gesangssolist Ewald Schuh ist es mit seinen original und umgetexteten Otto-Reutter-Liedern nicht ganz einfach, statt einer Kleinkunstbühne die volle Europahalle zu fesseln.

Dieter Lintz in seiner Rolle als Trierer Schalk Franz Weissebach mangelt es nicht an Stoff, die Trierer Stadtpolitik in Reimform auseinanderzunehmen und nach allen Seiten gleichmäßig auszuteilen: "Die Zukunft hier in Trier, steht leider nur auf dem Papier."

Gerhard Kress könnte man ohne weiteres in einer großen Comedy-Show unterbringen, so perfekt ist sein Auftritt als von Außerirdischen entführter deutsch-russischer Elektriker Porta Nigrajowitsch. Und Rainer Lübeck ist zweifellos der trierischste Astronaut aller Zeiten - das Publikum lacht Tränen. Krönender Abschluss: die Leiendecker-Bloas in teils neuer Besetzung mit neuem Song ("Eich, eich, eich") und altem Schwung ("Is Faasenacht") - die Jecken im Saal sind endgültig völlig losgelöst und intergalaktisch begeistert.

Die nächsten Termine: 25. Februar, 20 Uhr, 26. Februar, 19 Uhr sowie am 5. März, 20 Uhr. Karten unter www.ticket.volksfreund.de

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