Der lange Weg zurück nach Trier

Trier. (red) Eine wahre Odyssee war es für viele Internierte, die versuchten, wieder in ihre Heimatstadt zu gelangen. Einer von ihnen war der damals elfjährige Herbert Kortzeborn, der mit Mutter und Schwester von Gera nach Trier zurückkehrte.

Weil das Ausharren in Trier wegen anhaltender Artillerie- und Luftangriffe immer gefährlicher wurde, wurden meine Familie und ich im Juli 1945 nach Gera in Thüringen evakuiert. In der Stadt Gera lebten wir etwa zehn Monate, ehe wir nach Trier zurückkehrten. Ich war damals elf Jahre alt. Nachdem meine Mutter sich wochenlang vergeblich darum bemüht hatte, über die amerikanische Militärregierung eine Ausreisegenehmigung nach Trier zu erhalten, wagten wir die Rückkehr ohne Genehmigung. Per Eisenbahn erreichten wir unser erstes Etappenziel - Eisenach. Hier übernachteten wir auf dem Fußboden im Büro einer Kohlehandlung. Am nächsten Morgen ging es zu Fuß über die Landstraße und die Autobahn weiter bis nach Gerstungen. Diesmal übernachteten wir in einer Scheune und schliefen auf dem Heu, nachdem uns ein Bauer mit Pellkartoffeln und Specksoße bewirtet hatte. Am Sonntag begleitete man uns bis zur nahe gelegenen Autobahn, auf der wir den ganzen Tag schnellen Schrittes gingen, bis wir abends gegen 19 Uhr die Stadt Bebra erreichten. Während dieser Etappe liefen meine Schwester und ich durch ein nahe der Autobahn gelegenes Dorf, wo Kirchweihe gefeiert wurde. Dort wollten wir um Brot betteln, denn sonst konnten wir uns nirgendwo Lebensmittel besorgen. Die Dorfbewohner gaben uns statt Brot Kuchen. In der Nacht zum Montag erhielten wir die Gelegenheit, mit einem Güterzug Richtung Köln zu fahren. Zusammen mit zahlreichen Flüchtlingen, die alle nach Köln wollten, fuhren wir bis Frankfurt am Main in dem voll besetzten Zug mit. Dort kamen wir am Montagmittag an und warteten hinter einer Notbrücke zum linken Rheinufer auf eine Mitfahrgelegenheit per Bahn. Endlich rumpelte ein langer Güterzug Richtung Frankreich vorbei, und wir kletterten auf einen mit leeren Benzinkanistern beladenen Waggon. Die leeren Benzinbehälter rutschten hin und her, so dass wir beim Sitzen keinen Halt hatten. Daher warfen wir jedesmal, wenn wir eine Brücke überquerten, einige Behälter in die Nahe. Am späten Abend erreichten wir Saarbrücken, wo man uns aufforderte auszusteigen, da der Zug bald nach Frankreich fahren würde. Die Nacht verbrachten wir bei starkem Regen im Freien. Am nächsten Morgen fuhren wir bis Mettlach, wo uns im dortigen Kloster Obdach und Verpflegung angeboten wurde. Am nächsten Morgen ging es mit dem Traktor nach Trier, wo wir am St. Katharinenufer ankamen. Für die beschwerliche Reise benötigten wir insgesamt eine Woche. Herbert Kortzeborn, Trier

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort