Der Reiz des schnellen Geldes

TRIER-RUWER. Frank Herres (30) hat einen kurzen Weg zu seinem Arbeitsplatz. Sein Büro hat er in seinem Haus eingerichtet. Drei Computer-Monitore stehen auf dem Schreibtisch, Wirtschaftszeitungen liegen neben der Tastatur. Mehr braucht Herres nicht. Er ist Daytrader, kauft und verkauft Aktien und Optionen und nutzt die Kursschwankungen an der Börse.

 Frank Herres in seiner Schaltzentrale: Auf den drei Computer-Monitoren verfolgt der Daytrader Aktienkurse und tätigt per Maus-Klick seine Geschäfte. Foto: Cordula Fischer

Frank Herres in seiner Schaltzentrale: Auf den drei Computer-Monitoren verfolgt der Daytrader Aktienkurse und tätigt per Maus-Klick seine Geschäfte. Foto: Cordula Fischer

Frank Herres sitzt in seiner Schaltzentrale. Auf den drei Computer-Bildschirmen vor ihm blinken Zahlen, Börsenkurse sinken und steigen in launischen Kurven. "Das ist gut fürs Geschäft", sagt Herres, tippt etwas auf der Tastatur ein und lehnt sich zufrieden zurück. Ein Maus-Klick - das Geschäft ist gemacht. So aufgeräumt wie sein Schreibtisch wirkt Herres als Mensch. Sein Beruf an der Börse ist sein Traumjob. "Momentan kann ich mir nichts Schöneres vorstellen. Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht und freue mich jeden Tag aufs Neue darauf." Selbst im Urlaub ist der Daytrader ohne einen Blick ins Internet nicht zufrieden. "Das ist faszinierend, jeden Tag passiert an der Börse etwas anderes." Die Job-Angebote von Großbanken, die ihn für ihre Handelsabteilungen engagieren wollten, lehnte er bisher ab, denn er genießt seine Selbstständigkeit. Um acht Uhr morgens hat er seine erste Transaktion durchgeführt, nachdem er zuvor Marktberichte aus Asien und die tagesaktuellen Wirtschaftszeitungen studiert hat. Bis er seinen Arbeitstag um 18 Uhr beendet, wird er noch rund 120 Geschäfte abwickeln. Im Minutentakt, wenn es optimal läuft. Die Frankfurter Börse besuchte er indes nur ein Mal als Besucher und beobachtete von der Galerie das für Börsen-Neulinge diffuse Treiben auf dem Parkett. Als so genannter "heavy trader", einer von geschätzt 1500 besonders aktiven deutschen Privatanlegern, geht der 30-Jährige in seinen vier Wänden eher einem einsamen Geschäft nach. Seine Verbindung zu den Märkten der Welt läuft lautlos über das Internet. Am Ende des Tages schließt er alle Positionen. "Über Nacht nehme ich das Kapital quasi mit ins Bett und kann am nächsten Tag wieder unbefangen handeln." Ein gutes Ruhekissen in dem profitablen, aber risikoreichen Metier. Als Schüler am Max-Planck-Gymnasium hat Herres 1993 mit zwei Freunden am "Planspiel Börse" der Sparkassen teilgenommen. Unbelastet und ohne Vorkenntnisse, aber mit viel Fortune. Das jugendliche Spekulanten-Trio strich 30 Prozent Gewinn ein und machte das Rennen im Stadtentscheid. Das war die Initialzündung für seine Affinität zum Aktienhandel, den er seither auch während seines BWL-Studiums an der Trierer Uni, das er 2001 mit dem Diplom abschloss, weiter verfolgte. Als Startkapital setzte er seine Ersparnisse ein. "Am Anfang war ich vorsichtig, und die ersten Monate liefen gut. Als ich mehr spekuliert habe, ging das relativ schnell schief", sagt Herres, der auf einen Schlag die Hälfte des Einsatzes verlor. "Das war ein Schock, und ich hatte erst einmal die Schnauze voll." Obwohl die allgemeine Goldgräber-Stimmung an den Börsen nur etwa zwei Jahre andauerte, ließ Herres die Faszination der schnellen Geldgeschäfte nicht mehr los. Die niederschmetternden, teuren Lektionen zahlten sich aus. Er spekulierte weiter, sammelte Erfahrungen, entwickelte ein Gefühl für die Märkte, fand in der Sino AG, einem auf "heavy trader" spezialisierten Düsseldorfer Onlinebroker, einen verlässlichen Partner. Außerdem brauche ein Daytrader Disziplin, gute Hard- und Software und ein Quäntchen Glück. "Die ersten Monate an der Börse sind die schwersten." Sie entscheiden darüber, ob jemand zum Profi-Daytrader taugt. Am Ende eines arbeitsreichen Tages analysiert der 30-Jährige seine Transaktionen, stellt eine Gewinn- und Verlustrechnung auf. Meist eine zufrieden stellende. "Aber es gibt auch Tage, an denen es nicht so gut läuft." Gerade dann ist Disziplin gefragt, nicht zu hoch zu pokern und den Handel zu beenden. Zeit für Herres, den Schritt aus der virtuellen Wertpapier-Welt zu machen, Kontakte zu pflegen und Sport zu treiben.

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