Der stummen Harfen Klang

TRIER. "Pierre Wéber konnte die Menschen sehen. Man hat gemerkt, dass er um die Menschen Bescheid wusste, wusste, was sie in sich hatten", sagt Gisela Siepmann-Wéber, seine Witwe. Und so hat Wéber auch gearbeitet, hat herausgearbeitet, was der Stein, das Material in sich barg. Ab dem morgigen Samstag werden seine Werke in der Tuchfabrik zu sehen sein.

Den Bildhauer Pierre Wéber lernte Gisela Siepmann-Wéber als seine Schülerin kennen und lebte zwölf Jahre bis zu dessen Tod im Jahr 2002 mit ihm zusammen. Seither sieht sie es als ihren Auftrag an, die Erinnerung an ihren Mann lebendig zu halten. "Ich fürchte oft, dieser Aufgabe nicht gerecht zu werden, aber es ist mir ein tiefes Bedürfnis, weiter zu führen, was Pierre Wéber begonnen hat. Seine Kunst ist erwähnens- und sehenswert, ist aktuell", sagt Siepmann-Wéber. "In seinen Skulpturen, Plastiken und Bildern lebt Pierre Wéber weiter, und in ihnen kann man sehen, wie er gefühlt hat.""Nicht ich habe ihn, er hat mich gefunden"

"Es war seine Eigenart, tief zu sehen, denkend zu sehen, und er hatte Augen in den Händen, er hat erfühlt, was er gemacht hat", sagt Siepmann-Wéber. Wéber war in der Tradition der Kunst verhaftet, arbeitete mit den Händen mit Verzicht auf elektrische Geräte und moderne Hilfsmittel, suchte und fand aber einmalig neue Kombinationen verschiedener Materialien und Formen der Balance. Den Stein behandelte er mit Respekt, einem solchen Respekt, den er jedem Menschen, jedem Individuum gegenüber empfand. "Ich war voll Ehrfurcht vor diesem Menschen, aber zu der Zeit, als ich ihn kennen lernte, auch voll Frust. Er bemerkte die Befindlichkeiten seiner Schüler und hat herausgeholt, was sie in sich trugen. Das hat mich sehr fasziniert. Nicht ich habe ihn, sondern er hat mich gefunden und mich aufgefangen." In seinem ehemaligen Atelier in der Karthäuserstraße, das Siepmann-Wéber als Galerie dem Publikum öffnet, organisiert sie Ausstellungen von Gastkünstlern, deren Werke immer im Kontext mit Wébers Arbeiten stehen sollen. Am heutigen Freitag, dem 2. Juni, hätte Pierre Wéber seinen 59. Geburtstag gefeiert. An diesem Tag wird seine Witwe in der Tuchfabrik einen Zyklus von Skulpturen aus den Jahren 1994 bis 1998 mit dem Titel "Stummes Orchester" im kleinen Saal der Tuchfabrik aufbauen, und seine Freunde werden sich in seinem Atelier versammeln. "Das ist sehr tröstlich, und es gibt wohl kein schöneres Geburtstagsgeschenk. Immer, wenn ich mit seinen Werken arbeite, Ausstellungen mache, ist er irgendwie bei mir, an meiner Seite", sagt sie."Diszipliniertes Temperament"

Auf einer Reise in die Pyrenäen war Siepmann-Wéber auf der Suche nach einer riesigen Skulptur Wébers aus blauem Marmor, "Payolle". Obwohl sie fremd war in der Gegend, fand sie ohne Umwege den Standort. Auch zum spanischen Komponisten José Luis Greco führten sie auf dieser Reise unsichtbare Bande, der die Kunst Wébers auf Anhieb schätzte. "Das ,Stumme Orchester‘ verlangt nach Klang, und die Stücke von Greco waren wie für meinen Mann und seine Kunst geschrieben. Eines gibt dem anderen, was es nicht hat, ohne es ergänzen zu wollen. Ich hoffe sehr, dass ich damit Pierre Wébers Gedanken und seiner Idee vom Stummen Orchester gerecht werde." In der Performance und Ausstellung im kleinen Saal der Tufa am Samstag, 3. Juni, (20 Uhr; Eintritt frei) erhalten die verstummten, versteinerten Harfen den Klang, den Greco in seiner drängenden, anspruchsvollen Musik ausdrückt und der Cellist Anton Gakkel in der deutschen Uraufführung interpretiert. Inszeniert wird das "Stumme Orchester" wie auf einer Bühne von dem Münsteraner Beleuchtungsmeister Johannes Sundrup. "Es gibt ein diszipliniertes Temperament in der Musik, keine Leichtfertigkeit und eine große Tiefe. Das sind Punkte, die ich bei beiden Künstlern sehe", sagt Siepmann-Wéber. Die einmalige Kunst-Aktion versucht, verschiedene Künste zusammenzubringen. Es soll auch ein Dialog zwischen dem Publikum, der Kunst und den Künstlern entstehen, so der Wunsch Siepmann-Wébers.

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