Der Trierer ist einmalig

Zum "Stadtgespräch" (TV vom 26./27. Juni):

Um Gottes Willen, Herr Lintz: Kritik aus Trier an Trier und das noch von einem offiziellen Meinungsbildner. Gesteinigt und vorab an den Pranger, so sieht das Urteil aus. Trier ist doch das Paradies. Ein Stadtbild zum Vorzeigen, das Schmuckkästchen der Historie, denn innerhalb der alten Stadtbefestigung wird konstant sauber gehalten und das Umfeld gepflegt. Missstände können für kurze Zeit überblendet werden und die permanente Feierstimmung soll alle Kritik verstummen lassen. Ja, und feiern können die Moselaner, jedes Wochenende wird Fröhlichkeit praktiziert. Kampftrinken bis zur Betäubung, Gesang wird zum Gegröle, jeder der Clique muss sich profilieren und beweisen. Die Fröhlichkeit nimmt plötzlich ein jähes Ende. Es entsteht das gefürchtete, aggressive Gruppenverhalten, welches dann im Zertrümmern gläserner Trinkgefäße ausufert und letzthin im Zerstören von Sachgegenständen endet. Das sind die Heimat-, Wein-, Hof-, Pfarr-, Altstadt- und Weihnachtsfeste - halt, falsch - der Weihnachtsmarkt. Ein Trinkgelage jagt das nächste, immer mit einer Großauswahl an dunkelgrünen Bierständen. Da bleibt für Gemeinsames, außer Konsum, auch wenig Zeit. Ein echter Gemeinschaftssinn mit zielgerechter Planung ist vielen fremd, denn der Trierer bleibt Zeit seines Lebens ein Einzelkämpfer, geführt in einer übertriebenen Suche nach Anerkennung und Bewunderung, des schnellfertigen Urteils und Rechthabens. Belehrungen werden im Straßenverkehr angehupt. Aber auch Pflichten werden ernst genommen. Wie von der Chipkarte gesteuert, wird sonntags der Kirchgang vollzogen, immer den Nachbarn oder Kollegen im Visier. Ich bin kein Trierer und kann auch nie einer werden, so die vielen Beteuerungen meiner Mitmenschen in Trier. Den Anspruch habe ich jedoch nie erhoben und hoffe, nicht zum Trierer verformt zu werden. Der Trierer ist nun mal einmalig. Leo Jang, Trier

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