Konflikt Triers umstrittenste Firma zieht weg

Trier · Der Vertrag ist unterschrieben: Die Eu-Rec GmbH hat ihr Betriebsgelände im Trierer Hafen an Deutschlands größtes Recyclingunternehmen Remondis verkauft. Doch was hat der neue Besitzer vor?

 Ein aktueller Blick in die Produktionshalle der Eu-Rec GmbH im Trierer Hafen. Probleme mit üblen Gerüchen gibt es seit 2016 nicht mehr. Bis zum Jahresende will die Firma nach Bayern ziehen.

Ein aktueller Blick in die Produktionshalle der Eu-Rec GmbH im Trierer Hafen. Probleme mit üblen Gerüchen gibt es seit 2016 nicht mehr. Bis zum Jahresende will die Firma nach Bayern ziehen.

Foto: Friedemann Vetter

Bis zum Jahresende will die Eu-Rec GmbH mit allen Maschinen den Trierer Hafen verlassen und in die Nähe von München umziehen. Das teilt Eu-Rec-Inhaber Willi Streit am Montag mit. Der Kaufvertrag sei unterschrieben – das bestätigt auch Georg Eicker, der Geschäftsführer von Remondis Südwest. Remondis will den bereits vorhandenen Produktionsstandort in der Nähe der Trierer Römerbrücke auf das Gelände der Eu-Rec GmbH verlegen (der TV berichtete).

Ein Rückblick in die Jahre 2014 bis 2016: Ein penetranter Geruch zieht immer wieder durch Pfalzel, löst Übelkeit und Brechreiz aus und zwingt viele Anwohner, ihre Fenster auch im Hochsommer geschlossen zu halten und keinen Schritt in Richtung ihrer Gärten und Terrassen zu machen. Ärger und Frust werden immer größer. Viele Anwohner fordern die Schließung des Betriebs, den sie für den Geruch verantwortlich machen – die Eu-Rec GmbH, ein Betrieb mit Sitz im Trierer Hafen, der Verpackungen aus gelben Säcken zu Recyclingmaterial verarbeitet. Diese Verpackungen sind mit organischen Resten verdreckt und verklebt. Ihre Reinigung erzeugt den schlimmen Geruch.

Das alles ist zwar mittlerweile Vergangenheit, seit mehr als anderthalb Jahren gibt es aus Pfalzel keine Berichte mehr über die üble Wolke aus dem Hafen. Doch der lange Konflikt zwischen vielen Anwohnern, an ihrer Spitze Pfalzels Ortsvorsteherin Margret Pfeiffer-Erdel (UBT), und dem Inhaber und Geschäftsführer der Eu-Rec, Willi Streit, hat tiefe Spuren hinterlassen. Streit hatte 2016 das Vertrauen der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord verloren. Die Kontrollbehörde hat Streit angewiesen, den Chefsessel seines eigenen Betriebs zu räumen und einen Betriebsleiter einzustellen – ein in Trier einmaliger Vorgang. Streit verkündete schließlich, dass er genug hat und seine Firma verkaufen will.

„Es tut mir natürlich leid um die 30 Arbeitsplätze“, sagt Streit im Gespräch mit dem TV. Er könne nur einen Bruchteil seiner Belegschaft weiter beschäftigen. „Es ist eben nicht möglich, einen Mitarbeiter in der Produktion einfach so als LKW-Fahrer einzusetzen.“ Auch ein Umzug nach München sei für die Mehrheit der Mitarbeiter keine Option. Streit will in Süddeutschland mit einem Betrieb zusammenarbeiten, der Abfallfolien sammelt und sortiert.

„Wir gehen mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, sagt Willi Streit. Man sieht ihm den Ärger an. „Wir haben uns nie gegen Auflagen gewehrt und alles getan, was die SGD Nord von uns verlangt hat“, sagt er. „Während der Langzeitmessung über ein Jahr lagen wir ständig unter den gesetzlichen Grenzwerten. Aber das zählt alles nicht.“ In der Tat sieht Pfalzels Ortsvorsteherin die Lage anders (siehe Info).

Remondis ist im Recycling- und Versorgungsgeschäft ein sogenannter Global Player, ein weltweit präsentes Unternehmen. Allein in Deutschland hat die Remondis-Gruppe 500 Standorte, weltweit sind es 800 auf vier Kontinenten mit mehr als 30 000 Mitarbeitern.

Georg Eicker ist einer von drei Geschäftsführern von Remondis Südwest. „Wenn alles klappt, wollen wir unseren Betriebsstandort in Trier-West im September auf das neue Gelände verlagern.“ Die vor allem aus Sicht der Menschen in Pfalzel entscheidende Frage wird lauten: Was genau macht Remondis am neuen Standort? „Wir sammeln gewerbliche Abfälle, lagern sie in einer geschlossenen Halle und transportieren sie dann zu Recyclingbetrieben, die die Wertstoffe weiterverarbeiten“, sagt Eicker. „Das bedeutet, wir haben gelbe Säcke auf dem Gelände, aber wir öffnen und sortieren sie nicht.“ Mit einer Geruchsbildung sei deshalb nicht zu rechnen, betont Eicker. „Dieses Problem haben wir aktuell in Trier-West nicht und hatten es auch noch nie.“

Der Kommentar: Dieser Wegzug ist kein Sieg

Von Jörg Pistorius

Die Geschichte der Eu-Rec GmbH ist in Trier einmalig. Der Konflikt um die Recyclingfirma wurde so massiv, dass die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord den Inhaber Willi Streit entmachtete und ihn anwies, einen Betriebsleiter einzustellen. Auf eigene Kosten. Die Eu-Rec GmbH wurde pro Jahr 100 Mal kontrolliert – normal ist eine Kontrolle in fünf Jahren. Und während die Eu-Rec GmbH beinahe täglich neue Auflagen erhielt, forderten Anwohner aus Pfalzel immer wieder ihre Schließung.

Eine sachliche Analyse der Lage wurde in einer Atmosphäre von Wut und Nervosität unmöglich. Für die Betroffenen aus Pfalzel war die Eu-Rec GmbH die böse Firma, die für den eigenen Profit produzierte und dabei über Leichen ging. Die Firma verteidigte sich mit den Argumenten, sie sitze in einem Industrie- und nicht in einem Wohngebiet und halte alle Grenzwerte ein.

Die Atmosphäre war derart vergiftet, dass die Aufgabe des Standorts Trier zur logischen Konsequenz wurde. Es wäre jedoch völlig falsch, diesen Wegzug als Erfolg zu feiern. Das ist er nicht. Stattdessen ist er eine Eskalation, die dem Großteil der Mitarbeiter den Arbeitsplatz nimmt.

j.pistorius@volksfreund.de

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