Deutsch-Israelische Kulturtage „Holocaust ist in Europa nicht mehr möglich, wohl aber in Israel“
Trier · Der deutsch-syrische Politikwissenschaftler Bassam Tibi eröffnet die Deutsch-Israelischen Kulturtage in Trier. In einer beeindruckenden Rede sagt er, warum ein starkes Israel aus seiner Sicht wichtig ist.
„Wenn ich mich mit meinem Bruder geprügelt habe, dann sagte meine Mutter immer: ,Lass deinen Bruder in Ruhe, der ist doch kein Jude!‘“ – mit dieser drastischen Beschreibung seiner Kindheit skizziert Bassam Tibi den Antisemitismus in der arabischen Welt.
Tibi eröffnet die alle zwei Jahre angebotenen Kulturtage der Deutsch-Israelischen Gesellschaft in der Kreisverwaltung in Trier mit dem Vortrag „Der Staat Israel, das jüdische Existenzrecht und der neue islamische Antisemitismus“.
Der Politikwissenschaftler wurde 1944 in Damaskus (Syrien) geboren und ist selbst sunnitischer Muslim. Er studierte bei Größen wie Max Horkheimer und Theodor Adorno, lehrte in Deutschland und an angesehenen Universitäten in den USA.
Tibi stellt fest: „Ein Holocaust ist in Europa nicht mehr möglich, wohl aber in Israel selbst.“ Wenn der Schutz aus dem Westen, vor allem aus den USA, nicht mehr gegeben sei, würde Israel überrannt, ist sich Tibi sicher. Die Ursache dieses Antisemitismus sieht er weniger im Koran, der Juden gegenüber positive wie auch negative Einträge aufweise, sondern vielmehr in einem in den 1930er Jahren aus Europa importieren Antisemitismus.
Damals hätten Studenten aus dem arabischen Raum den Antisemitismus, der zum Holocaust führte, aufgenommen und mit in ihre Heimat gebracht. Die Begeisterung für Hitler sei auch heute noch in Syrien sehr groß. Nun kehre dieser Antisemtismus über die Flüchtlingswelle wieder nach Europa zurück.
Der Politikwissenschaftler klassifiziert drei Stufen von Antisemitismus: den „alten“ Nazi-Antisemitismus, den islamistischen Antisemitismus und den linken Antisemitismus, der aus seiner Sicht im Deckmantel der „Israelkritik“ daherkomme. „Besonders dieser Antisemitismus ist beängstigend,“ sagt Tibi. Was dagegen helfen könne? Vor allem Bildung. Tibi: „Ich bin selbst mit dieser kranken Wahrnehmung gegen Israel aufgewachsen und bin froh, bei Horkheimer und Adorno studiert zu haben.“
Eine weitere Gefahr sieht Tibi zudem im Erstarken des Iran. „Die zentrale Macht ist nicht mehr Saudi-Arabien, sondern der Iran. Er kontrolliert den Irak, Syrien und weitere Staaten. Wir müssen eine Front gegen den Iran bilden, auch wenn der deutsche Außenminister das mag,“ fordert der Wissenschaftler.
Der Bundesvorsitzende der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Hellmut Königshaus, der aus Berlin angereist war, kritisiert die deutsche Aufmerksamkeit auf Palästina: „Wir Deutschen haben immer den Zwang, beim Israelbesuch zwanghaft auch Palästina zu besuchen, also eine Ausgewogenheit darzustellen, die es sonst nicht gibt auf der Welt. Das hat möglicherweise etwas mit unserer Vergangenheit zu tun.“
Was die Hauptstadtdiskussion um Jerusalem betrifft, solle man das Israel überlassen, findet Königshaus. Begrüßungsworte sprachen zudem Landrat Günther Schartz, Universitätspräsident Michael Jäckel und die Trierer Bürgermeisterin Elvira Garbes.
Für den musikalischen Rahmen sorgte der Trierer Sänger Thomas Kiessling.