Dezerntenwahl in Trier: Viele grüne Frauen und ein Richter wollen ins Rathaus

Trier · Eine Handvoll Kandidaten gehören zum Favoritenfeld für die im November anstehende Dezernentenwahl in Trier. Die Grünen halten das Heft in der Hand und hatten angekündigt, es soll eine Frau werden – jetzt scheint allerdings ein Mann sehr gute Karten zu haben.

 Arbeit, Jugend, Wohnen sind einige der Themen, für die der oder die künftige Beigeordnete verantwortlich sein wird.

Arbeit, Jugend, Wohnen sind einige der Themen, für die der oder die künftige Beigeordnete verantwortlich sein wird.

Foto: Christiane Wolff

Noch sitzt auf dem Stuhl links neben Oberbürgermeister Wolfram Leibe im Stadtvorstand Angelika Birk. Doch die Amtszeit der Sozialdezernentin läuft im Februar 2018 aus. Die Unterstützung ihrer eigenen Partei hat die grüne Beigeordnete schon längst verloren. Deshalb ist das Rennen um ihren Stuhl offen - zumindest vordergründig.

Das Auswahlverfahren läuft. Bis kommenden Dienstag sollen die Fraktionen dem Rathaus mitteilen, wer von den 22 Bewerbern (der TV berichtete) zu Vorstellungsgesprächen eingeladen wird. Zumindest über einen - freilich kleinsten - Nenner sind sich die Stadtratsfraktionen dabei einig: Kompetent und erfahren soll der oder diejenige künftige neue Beigeordnete sein. Etwa die Hälfte der 22 Bewerber hätten diese Minimalansprüche nicht erfüllt, räumt ein Stadtrat im TV-Gespräch ein. "Einige sind noch keine 30 und haben in ihren Unterlagen als Referenz ein Referendariat oder eine Erzieherausbildung angegeben - was natürlich bei Weitem nicht für die Leitung eines Sozialdezernats qualifiziert." Unter der anderen Hälfte der Bewerber seien dagegen durchaus "interessante und teilweise hochkarätige" Kandidaten, betont ein anderer Stadtrat.

Der oder die neue Beigeordnete wird wohl wieder ein grünes Parteibuch haben - oder zumindest von den Grünen bestimmt. Das zeichnete sich bereits nach den Kommunalwahlen 2014 ab, als CDU und Grüne die Machtoptionen im Stadtvorstand verhandelten. Die Christdemokraten erhielten das Vorschlagsrecht für die Besetzung der Leitung der Dezernate III und IV, die Grünen für das Dezernat II. Anschließend setzte die CDU zuerst mithilfe der Grünen Andreas Ludwig als neuen Baudezernenten durch und im vergangenen März den CDUler Thomas Schmitt als Leiter des Dezernats III.

Bei der am 6. November anstehenden Neubesetzung des Sozialdezernats II ist nun der grüne Bündnispartner an der Reihe. "Sofern die Grünen uns keinen Almöhi als ihren Favoriten vorschlagen, werden wir den Kandidaten oder die Kandidatin unseres Bündnispartners mittragen", bestätigte ein Mitglied der CDU-Fraktion am Freitag gegenüber dem TV.

Die klare und öffentlich kommunizierte Ansage des schwarz-grünen Mehrheitsbündnisses im Stadtrat dürfte sich auf das Bewerberfeld ausgewirkt haben. Anders als bei früheren Dezernentenwahlen hat sich die SPD zum Beispiel nicht aktiv auf Kandidatensuche begeben. "Im Gegenteil, wir haben einigen sogar abgeraten, weil unsere Leute wegen der Absprache von CDU und Grünen höchstwahrscheinlich eh keine Chance hätten", erklärt ein SPD-Mann. Auch FDP-Chef Tobias Schneider betont: "Da Schwarz-Grün die Wahl ohnehin unter sich ausmachen will, hätte man auf ein reguläres Bewerberverfahren verzichten können, wie es die Gemeindeordnung ja auch zulässt. So haben wir etliche Bewerber, die eigentlich von vorneherein gar keine Chance haben."

Nun läuft das reguläre Verfahren. Für Samstag, 21. Oktober, sind die Vorstellungsgespräche geplant. Zumindest für zwei weibliche und einen männlichen Kandidaten ist die Anreise dann nicht weit. Die zwei Frauen - die nach TV-Informationen sowohl die Grünen als auch die SPD auf ihrer Einladungsliste haben - arbeiten in leitender Funktion bei großen, unterschiedlichen sozialen Einrichtungen in Trier. Eine von beiden hat ein grünes Parteibuch.

Der Mann - der von der SPD, aber wohl nicht von den Grünen eingeladen wird - ist Amtsleiter bei der Trierer Stadtverwaltung. Die Grünen hatten bereits vor Monaten deutlich gemacht, dass möglichst wieder eine Frau den ansonsten männlichen Stadtvorstand komplettieren soll. Nun scheint es allerdings, als hätte ein grüner Mann trotzdem sehr gute Chancen: Der Anfang-40-Jährige ist Richter am Mainzer Sozialgericht und liegt nach TV-Informationen zumindest bei einigen grünen Fraktionsmitgliedern um eine Nasenlänge vor den beiden eingeladenen Trierer Frauen. "Juristen haben wir eigentlich schon genug im Stadtvorstand", kommentiert ein SPDler die Kandidatur des Richters. Tatsächlich haben Oberbürgermeister Wolfram Leibe und Ordnungsdezernent Thomas Schmitt Jura studiert, und auch der Ende vorigen Jahres abgewählt Kulturdezernent Thomas Egger war Jurist.

An grünen Frauen hat es im Auswahlverfahren übrigens nicht gemangelt: Außer der Führungskraft in einer sozialen kirchlichen Trierer Einrichtung hatte sich zum Beispiel auch eine ehemaligen Schulamtsleiterin aus Nordrhein-Westfalen beworben. Bei der SPD ist die Bewerbung der Grünen gut angekommen, die Grünen wollen die Über-60-Jährige dagegen offenbar nicht zum Vorstellungsgespräch einladen.

Die Bewerbung einer Triererin, die selbst mal für die Grünen im Stadtrat gesessen hat, ist wohl ebenfalls chancenlos: Nicht nur zu ihrer eigenen Partei hat die junge Frau seit längerem nicht mehr das beste Verhältnis. "Diese grüne Bewerberin wäre auch der CDU nicht zu vermitteln gewesen", sagt ein CDUler.

Kaum Chancen für Amtsinhabern Birk
Die achtjährige Amtszeit von Sozialdezernentin Angelika Birk (Grüne) endet Mitte Februar 2018. Bereits im vergangenen Februar hatten die Grünen eingeräumt, dass sie keine Wiederwahl ihrer häufig glücklosen Dezernentin wollen. Auch die CDU hatte deutlich gemacht, eine zweite Amtszeit Birks nicht zu unterstützen. Zur Wahl antreten muss die 62-Jährige trotzdem, da sie sonst ihre Pensionsansprüche verlieren würde.

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