Die Bretter, die das Geld bedeuten

Trier · Die Millionen-Sparvorgabe aus dem Trierer Rathaus für das Theater hat alle kalt erwischt - auch die Stadtratsfraktionen. Derweil wird die Theater-Finanzierung verstärkt unter die Lupe genommen, besonders die Rolle des Landes und die der Nachbarkreise.

Trier. 14,4 Millionen Euro kostet der Theater-Betrieb mit seinen 230 Mitarbeitern pro Jahr. Nur gut zehn Prozent davon fließen über die Eintrittseinnahmen wieder zurück, werden also direkt vom Publikum finanziert.
Mit 5,4 Millionen ist das Land dabei, 7,2 Millionen zahlt die Stadt Trier. Ursprünglich waren beide Anteile an den ungedeckten Kosten fifty-fifty, aber das Land hat seinen Beitrag eingefroren. Fraglich ist, ob es seine Zahlung sogar reduziert, wenn das Theater seine Kosten zurückfährt. Man habe "Signale aus Mainz", dass die Landesregierung ihren Anteil beibehält, sagt Kulturdezernent Egger. Wie eine Garantie klingt das nicht. Würde das Land aber seine Gelder zurückfahren, bliebe vom Sanierungsbeitrag des Theaters für den städtischen Haushalt nur noch die Hälfte übrig.
Kein Wunder, dass das Theater darauf hofft, einen Teil der Sparvorgaben über höhere Eigen-Einnahmen zu erfüllen. Zum Beispiel durch Sponsoring, das bisher "keine nennenswerte Rolle spielt", wie Verwaltungsdirektorin Heidi Schäfer bestätigt. Aber auch durch höhere Eintrittspreise. Die freilich müssten erst im Stadtrat beschlossen werden. Denn anders als manche anderen Stadttheater ist Trier ein städtisches Amt und nicht etwa eine GmbH, die flexibel auf Markt-Entwicklungen reagieren kann.
Das schränkt die Handlungsspielräume der Theater-Macher erheblich ein. Sie geraten in ein Dilemma: Einerseits haben sie den "Kultur-Auftrag", Anspruchsvolles und Hochwertiges zu bieten. Andererseits müssen sie, wenn sie mehr Geld durch mehr Publikum einnehmen wollen, das spielen, was die Kasse klingeln lässt: Musicals, Operetten, Schwänke.
Aber neben einem radikal popularisierten Programm wären auch extreme Preiserhöhungen nötig, wenn man die Finanzlücke von einer Million Euro schließen wollte. Rund 100 000 Besucher zählt die Theater-Statistik pro Jahr, aber da sind auch Schulklassenbesuche, externe Chorkonzerte, Werbeveranstaltungen, Uni-Auftritte, Benefiz-Aktionen und vor allem das Kindermärchen (20 000 Besucher) eingerechnet, bei denen sich kaum höhere Einnahmen erzielen lassen.
Richtig zahlende Zuschauer schlagen im Jahr etwa 65 000 auf. Da müsste man die Preise (aktuell im Schnitt 16 bis 17 Euro) fast verdoppeln, um eine Million Euro zusätzlich einzunehmen.
Und das gilt nicht nur für 2012: Der Landes-Entschuldungsfonds sieht für die Folgejahre neue, ähnlich große Spar-Anstrengungen vor. Da aber winkt der Kulturdezernent ab: 2013 sei für das Theater "keine Luft mehr". Deshalb will er über "strukturelle Veränderungen" reden.
Mancher Trierer Kommunalpolitiker blickt aber auch in eine ganz andere Richtung und sieht die umliegenden Kreise in der Pflicht. Immerhin kommt die Mehrzahl der Trierer Theaterbesucher nicht aus der Stadt, sondern aus dem Umland. Jürgen Plunien, CDU: "Wir unterstützen ausdrücklich den Beitritt zum Entschuldungsfonds. Um eine Prioritätenliste zu erstellen, wird die Verwaltung den Fraktionen konkrete Sparvorschläge vorlegen. Wir erwarten vom Oberbürgermeister einen Gesamtvorschlag, darin wird sicher auch das Theater einen Beitrag liefern. Die CDU-Fraktion will auch in Zukunft ein Theater in Trier. Deshalb muss sinnvoll gespart werden, es darf keinen Kahlschlag geben." Sven Teuber, SPD: "Allen war klar, dass die Konsolidierung harte Einschnitte zur Folge hat. Daher diskutieren wir in allen Bereichen gleichermaßen über Einsparungen und Standards, auch im Theater. Jedoch können wir erst mit konkreten Vorschlägen zwischen Sparmöglichkeiten und Auswirkung auf das kulturelle Leben abwägen. Mittelfristig werden wir um die Strukturfragen nicht herumkommen. Dies gilt unter anderem auch für die Bereiche Schule und Friedhöfe." Uschi Britz, Grüne: "OB Jensen hatte die Fraktionen über ein Einsparziel von fünf Millionen Euro informiert. Sobald diese Liste vorliegt, wird unsere Fraktion beraten. Eine Kürzung für das Theater in Höhe von einer Million Euro ist mit uns nicht abgestimmt. Eine überproportionale Belastung lehnen wir ab. Wir werden das Theater nicht kaputtsparen. Für 2012 sollten das Theater und die Verwaltung Vorschläge machen, die den operativen Bereich betreffen." Christiane Probst, FWG: "Willkürliche Einsparungen lehnt die FWG ab. Wir wollen das Theater mit drei Sparten erhalten. Konkrete langfristige Einsparvorschläge müssen konzeptioneller Art sein und vom Intendanten und Kulturdezernenten vorgelegt werden. Das Theater in eine zukunftsfähige Rechtsform zu überführen, ist seit Jahren überfällig. Das Versäumnis der Stadt, Sparpotenziale zu nutzen, darf jetzt nicht zu kurzfristigen Fehlentscheidungen führen." Karl-Josef Gilles, FDP: "Wenn Trier am Entschuldungsfonds teilhaben möchte, hat sie keine andere Wahl, als im Haushalt 2012 fünf Millionen Euro einzusparen. Dieser Betrag muss aber von allen Dezernaten erbracht werden. Bedauerlich ist jedoch, dass man für die Einsparungen zuerst den Kulturetat heranziehen will, was insbesondere das Theater treffen würde. Damit laufen wir Gefahr, dass das kulturelle Angebot in Trier auf ein Minimum reduziert würde."woc

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort