"Die haben geschrieben wie die Wilden!"

Das hat selbst den routinierten Schreiber überrascht: Was der Kinder- und Jugendbuchautor Stefan Gemmel für die Schreibwerkstatt am Schweicher Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium (DBG) vorbereitet hatte, warfen die 25 hochmotivierten Schüler schon gleich am ersten Tag über Bord. "Die wollten loslegen und haben geschrieben wie die Wilden", sagt der Profi. Herausgekommen sind zehn Geschichten, die im nächsten Frühjahr als Buch erscheinen.

 Mittendrin, doch außen vor: Kinder- und Jugendbuch-Autor Stefan Gemmel (Mitte) bei der Schreibwerkstatt mit seinen Schützlingen. Die schrieben drauf los und brauchten den Profi nur manchmal.TV-Foto: Sandra Blass-Naisar

Mittendrin, doch außen vor: Kinder- und Jugendbuch-Autor Stefan Gemmel (Mitte) bei der Schreibwerkstatt mit seinen Schützlingen. Die schrieben drauf los und brauchten den Profi nur manchmal.TV-Foto: Sandra Blass-Naisar

Schweich. (sbn) Das zweitägige Projekt der Schreibwerkstatt trug den Titel "Meine und deine Wut", initiiert von den beiden Elftklässlerinnen Margarethe Urbanek und Carolin Theis im Rahmen ihres Engagements für die Kampagne "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage". "Um den Titel ‚Schule ohne Rassismus' behalten zu dürfen, müssen wir jedes Jahr ein passendes Projekt auf den Weg bringen", erläutern die Schülerinnen, zu Recht stolz darauf, dass das Schweicher DBG zum europaweiten "SOR-SMC"-Netzwerk gehört.

Durch die guten Beziehungen zum Kinder- und Jugendbuch-Autor Stefan Gemmel, dessen Lesenächte für die Fünft- und Sextklässler fest im Terminkalender des Gymnasiums verankert sind, war die Idee der Schreibwerkstatt schnell geboren.

"Nur wenn es klemmte, war mein Rat gefragt."



25 Schüler von der achten bis zur elften Jahrgangsstufe ergatterten einen der begehrten Plätze. Stefan Gemmel bekennt im Gespräch mit dem TV sympathisch schmunzelnd: "Die hätten mich gar nicht gebraucht. Nur wenn es klemmte, war mein Rat gefragt."

Über neue Schreibformen und Perspektivenwechsel hat die Gruppe diskutiert, weg vom hollywood-plakativen Schwarz-Weiß-Schema "Täter-Opfer". In vielen Geschichten geht es um psychische Gewalt, um Gefühle, Mobbing, Ausgrenzung und Verzweiflung. So wie in der in Tagebuch-Form konzipierten Erzählung von Hanna Emmerling und Katharina Nikolai (elfte Klasse) über zwei Freundinnen, die zu Rivalinnen werden.

Um Fremdenhass und eine ausländische Familie kreist zum Beispiel die stilistisch fein geschliffene Geschichte der Neuntklässler Matthias Maas, Uwe Kremer und Verena Reusch. Mit dem "Neuen, farbigen Jungen in der Schule" haben sich Emmie Micheln und Elena Schneider aus der achten Klasse auch in ihren Illustrationen auseinandergesetzt.

Zu fünft in der Gruppe gingen Winnie Rekehr, Sandra Wagner, Antonia Viazis, Maximilian Haas und Fariba Doagoni an ihre Story. "Zu Anfang war es sehr chaotisch, aber dank der Begleitung und den Impulsen von Stefan Gemmel sind wir zu Potte gekommen und sind zufrieden mit unserer Geschichte."

Vanessa Kohn und Nicole Hamann haben den Amoklauf eines Schülers thematisiert, "weil das ein spannendes Thema ist".

Das Schreiben an sich empfinden die Schüler als "befreiende Erfahrung, weil man sich vieles, was unbewältigt bleibt, von der Seele schreiben kann. Schreiben macht einfach Spaß!"

Stefan Gemmel hört's mit Wohlwollen, nickt und versteht. Die Schreibwerkstatt am DBG war für ihn und die Schüler ein Treffer ins Schwarze.

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