Die heimliche Weinhauptstadt

Trier · Zum Wohl! Das bevorstehende 63. Trierer Weinfest im Stadtteil Olewig bietet eine gute Gelegenheit, auch die Wein- und Sektstadt Trier zu feiern. Gründe dazu gibt es reichlich.

Trier. Wie so vieles in Deutschlands ältester Stadt hat auch das Thema Wein seinen Ursprung in der Antike. Nach der Eroberung Galliens bauten die Römer Reben im großen Stil an - der Beginn einer mittlerweile 2000-jährigen Tradition.Wenn sich Deutschlands älteste Stadt auch als älteste Weinstadt rühmt, dann ist das spekulativ. Das fast 1800 Jahre alte Neumagener Weinschiff, ein Grabdenkmal aus Trier, "ist kein Zeugnis für Weinbau, sondern für Weinhandel und transport", stellt Landesmuseums-Archäologe Karl-Josef Gilles (61) klar. Gilles hat zahlreiche Kelteranlagen an der Mittelmosel ausgegraben. Aber in Trier selbst? Da fehlen konkrete Hinweise auf ganz frühe Rebensaft-Produktion. Auch wenn es Weinbau im Stadtgebiet schon früher gegeben haben muss: Erste schriftliche Überlieferungen stammen erst aus dem späten 6. Jahrhundert, als Dichter Venantius Fortunatus von Weinbergen im heutigen Heiligkreuz berichtet.Die sind längst verschwunden, Weinbau wurde aber kontinuierlich weiterbetrieben in Trier, vorwiegend von den reichlich vorhandenen Klöstern für deren Eigenbedarf oder den Export, während die gemeine Bevölkerung mit Obstwein (wie Viez) Vorlieb nehmen musste.Das alles änderte Napoleon vor gut 200 Jahren. Er verstaatlichte Klöster und deren Besitztümer und legte damit unbeabsichtigt den Grundstein für die herausragende Bedeutung der Weinstadt Trier in heutiger Zeit. "Das geschichtlich gewachsene Weinzentrum an der Mosel ist die Wiege der großen Weinbaupolitik", sagt Claus Piedmont (52) von der Landwirtschaftskammer Trier. 1908 wurde auf Initiative von Triers Oberbürgermeister Albert von Bruchhausen (1859-1948) der Große Ring gegründet, ein Zusammenschluss bedeutender regionaler Weingüter. Zwei Jahre später vereinigte von Bruchhausen die inzwischen in den anderen deutschen Weinbaugebieten entstandenen ähnlichen Gemeinschaften im Verband Deutscher Naturweinversteigerer, Vorläufer des renommierten Verbandes Deutscher Prädikatsweingüter (VDP). In Trier gibt es heute knapp 20 Weingüter, darunter die "Giganten" Bischöfliche Weingüter, Vereinigte Hospitien und Staatliche Weinbaudomäne. Dass ausgerechnet die vier in der Vereinigung Trier-Olewiger Winter zusammengeschlossenen Betriebe seit 62 Jahren das Trierer Weinfest ausrichten und jeweils die Weinkönigin küren, hat "seinen Sinn und Berechtigung", sagt Ansgar Schmitz (45), Geschäftsführer des Moselwein e.V.: "Olewig pflegt seinen Ruf als Weinstadtteil vorbildlich. Dort gibt es Weinfeeling pur." Und das passende "Drumherum": Olewig verfügt über fast ein Viertel der 160 Hektar Rebflächen (auf den zu 85 Prozent Riesling wächst) und damit über die größten zusammenhängenden privaten Flächen. Weinberge im Stadtbild, wie zum Beispiel am Petrisberg, - für Stefan Reuter (44), Leiter des Weinbauamts Wittlich, ein "ganz wichtiges Thema und ein Imageträger". Reuter attestiert eine gute Entwicklung in jüngster Vergangenheit: "Die Weinstadt Trier zeigt zunehmend Flagge und liegt damit im Trend wie der Weingenuss selbst." Das Ende der Fahnenstange sei aber noch nicht erreicht. "Mehr Weinlokale und ein größeres regionales Angebot täten Trier nicht schlecht." Alles in allem aber darf sich Trier als "heimliche Weinhauptstadt" fühlen. In der Sektproduktion liegt die Stadt aber bundesweit offiziell ganz vorn. "Von den jährlich rund 370 Millionen in Deutschland gefüllten Flaschen kommt fast jede dritte aus Trier", berichtet der für Wein zuständige IHK-Geschäftsführer Albrecht Ehses (50). Schloss Wachenheim, Bernard-Massard, Herres, Saar-Mosel-Winzersekt - "Da kann nur noch Wiesbaden mithalten."Na dann: zum Wohl!Video ab 14 Uhr unter volksfreund.de

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