Die Heuschrecke beißt auch in der Wüste

Trier · Ob lustwandelnd in Paris (2010), völlig losgelöst im Weltall (2011) oder aktuell auf Kamelen durch den Orient reitend: Triers größte und älteste Karnevalsgesellschaft Heuschreck punktet mit Satire, Biss, Stimmung und Showtanz.

 Populäre Melodien und dazu Biss und Witz hat der Heuschreckchor auf Lager. TV-Foto: Friedemann Vetter

Populäre Melodien und dazu Biss und Witz hat der Heuschreckchor auf Lager. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Man kann über Triers politische Verantwortungsträger sagen, was man will: Manche von ihnen haben Mumm. Als Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani und Ulrich Dempfle, Chef der CDU-Fraktion im Stadtrat, zur Premierensitzung der KG Heuschreck in der vollen Europahalle Platz nehmen, können sie allenfalls ahnen, was auf sie zukommt. Traditionell gibt\'s bei den Heuschrecken politisch eins auf die Mütze, und gerade die Baudezernentin stand im vergangenen Jahr oft im Rampenlicht.
Doch beim Heuschreck schießt man nicht gleich aus allen Rohren. Das Prinzip der Vorfreude lässt viele Besucher rund um Tisch sechs immer wieder neugierig zum demonstrativ nebeneinander sitzenden christdemokratischen Kollegenpaar blicken. Dieses kann zunächst durchatmen. Die von den Irscher Burgnarren kommende Pratzbähnt ist der erste Höhepunkt der unter dem Motto "1001 Nacht" stehenden Sitzung: Die Jungs machen tatsächlich partytaugliche Blasmusik, ihre Version von Tim Toupets Fliegerlied lässt die Hallenwände wackeln.
Dann kommt Harald Reusch. Der Mediziner und Heuschreck-präsident nimmt als Aladin die große Politik aufs Korn. Der Mann ist wie immer ein Phänomen. Ohne Manuskript wandert er sinnierend über die Bühne und setzt seine Pointen so präzise wie ein Fechter seine Attacken. "Die Grünen haben eigentlich nur drei Probleme." Pause, Blick ins Publikum. "Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft."
Vielleicht wird\'s ja gar nicht so schlimm, könnten Dempfle und Kaes-Torchiani in diesem Moment denken. Doch, wird es. Denn nach der großartigen Heuschreckgarde kommt der Heuschreckchor - der Alptraum jedes Politikers. Populäre Melodien und tödliche Texte sind sein Markenzeichen. "Eine Mark für Klausi, denn Klausi kann nicht zahlen." Ein Gruß an OB Klaus Jensen, der kein Gast der Premierensitzung ist. Dann ist Kaes-Torchiani dran: "Eine Frau wie ein Tsunami", singt der Chor und lässt Dempfle klagen, die CDU-Wähler liefen ihm scharenweise weg. "Kein Wunder bei diesem Drachen." Chapeau für die Baudezernentin: Die als streitbar bekannte Dame nimmt den Spaß als solchen und lacht mit.
Den politisch versierten Experten des Wortwitzes wie Harald Reusch und Dieter Lintz, der zum vierten Mal in der Maske des Trierer Schalks Franz Weißebach die Kommunalpolitik auseinandernimmt, stehen absolute Ulknudeln wie der unverzichtbare Helmut Leiendecker - dieses Mal als Räuberanwärter bei Ali Baba - und der urkomische Rainer Lübeck als Haremswächter zur Seite. Tenor Thomas Kiessling leitet die Schunkelrunden und stürzt im Überschwang beinahe von einem Tisch. Die Tempeltänzerinnen des Heuschreckballetts und die Leiendecker Bloas live geben der Premierensitzung die Partyelemente. Am Ende tanzt die Europahalle, auch das CDU-Paar am Tisch sechs macht mit.
Die Akteure:
Kindergarde und Heuschreckgarde, Pratzbähnt, Mehringer Winzerkapelle, Leiendecker Bloas, Stadtgarde Augusta Treverorum, Eurener Kobengarde, Prinzessin Miriam I. von Zalawen und Prinz Ralf II. vom Wieweler Thron, Andrea Ley, Harald Reusch, Heuschreckchor (Leitung Stephan May), Thomas Kiessling, Helmut Leiendecker, Ewald Schuh, Dieter Lintz, Heuschreckballett (Leitung Reveriano Camil), Rainer Lübeck, Alexander Houben (Sitzungspräsident).
volksfreund/video ab 16 Uhr

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