Die Hostienbäckerin von Bethanien

TARFORST. Katholische Kirchgänger lassen sich ein besonderes Produkt aus Kürenz im wahrsten Sinne des Wortes auf der Zunge zergehen. Die Tarforsterin Andrea Philippi stellt mit den Kloster-Schwestern in der hauseigenen Bäckerei Hostien her, die zur Kommunion von den Geistlichen an die Gläubigen verteilt werden.

Als junges Mädchen, das in Kürenz aufgewachsen ist, hat sich Andrea Philippi nicht vorstellen können, einmal im Kloster zu arbeiten. Die Schwestern des Ordens kannte sie wohl. Sie lebte in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Ordensfrauen, besichtigte als Kommunionkind auch die Hostienbäckerei, die die Nonnen dort seit Jahrzehnten betreiben. "Die Schwestern und das Kloster haben wie die Bäckerei von nebenan dazu gehört." Doch sie zog es zunächst durch die Heirat mit ihrem Mann in dessen Heimat-Stadtteil Tarforst. Dort baute sich die Kürenzerin ab 1985 ihr neues Umfeld auf, trat dem Musikverein bei. In Kürenz blieb sie dennoch verwurzelt, singt seit über 30 Jahren bis heute im dortigen Kirchenchor. Die heute 43-Jährige gab ihre Berufstätigkeit als Büroangestellte bei der Sparkasse nach der Geburt der beiden Töchter Sabrina (17) und Isabell (14) auf. Seit die Kinder aber ins Teenageralter gekommen sind, wollte Andrea Philippi wieder arbeiten, ohne zu fest gebunden zu sein. Der Kürenzer Pastor Alfred Knauf berichtete ihr zu dieser Zeit, dass die Nonnen aus Bethanien seit längerer Zeit eine neue Hilfe suchten. "Ich habe dann einfach dort angerufen, einen Termin ausgemacht und mich vorgestellt. Das ging alles formlos", erzählt sie. Bei der Sparkasse habe sie in einem Großraumbüro gearbeitet, mit vielen Menschen zu tun gehabt und auch zu Hause "mit zwei Teenagern geht es lebhaft zu". "Jetzt ist das Arbeitsumfeld ganz anders, sehr ruhig, sehr abgeschieden. Es ist fast wie Erholung", sagt Andrea Philippi. Aber eben nur fast. Denn wenn sie Schwester Bernharda an der Backmaschine ablöst, geht es sehr laut und heiß zu. "Schwester Bernharda und ihre Maschine - das gehört einfach zusammen", sagt Philippi. Zwei Mal in der Woche für jeweils sieben Stunden ist Backtag. Dann werden die Hostien gelagert, befeuchtet, gestanzt, sortiert und abgepackt. Ein schweißtreibendes Programm für das Mini-Unternehmen im Kloster. Mit den Ordensfrauen hat sie ein gutes, enges Verhältnis. "Die Schwestern interessieren sich für meine Familie, ich zeige ihnen Fotos. Sie nehmen Anteil an meinem Leben, auch in schwierigen Zeiten, und sprechen tröstende Worte. Sie sind so entgegenkommen und mitfühlend - so etwas kann ich mir an keiner anderen Arbeitsstelle vorstellen." Umgekehrt nehme sie Anteil am Leben der Nonnen und lerne andere Schwestern, die zu Besuch kommen, kennen. Dass die Oblaten in einem Kloster von Ordensschwestern hergestellt werden, habe für sie persönlich spirituelle Bedeutung. Auch ihre Tochter Isabell besichtigte schon die Hostienbäckerei als Kommunionkind. Bei beiden Töchtern legte Andrea Philippi Wert darauf, dass ihre Kinder in Tarforst verwurzelt sind und an den Aktionen des Stadtteils teilnehmen und teilhaben. So musizieren beide im Musikverein, sind im Familiengottesdienstkreis aktiv und haben ihren Lebensmittelpunkt noch in Tarforst. Dass Andrea Philippi sich in Tarforst wohl fühlt, daran lässt die 43-Jährige keinen Zweifel aufkommen. Seit 2001 schmückt sie den Altar für die Fronleichnamsprozession. Beim ersten Mal habe sie die Kürenzer Schwestern um Hilfe gebeten, die ihr aus ihrem Besitz eine Fahne ausliehen. Obwohl Andrea Philippi noch viele Wege nach Kürenz führen, "wollt ich hier nicht mehr fort" sagt die Wahl-Tarforsterin mit Bestimmtheit.

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