Die Kerzen erlöschen in St. Paulus

Trier · Nach 110 Jahren wird die Kirche in der Trierer Altstadt entweiht und geschlossen. Laut Weihbischof Franz Josef Gebert war das Gotteshaus "wie ein Fluss, der langsam austrocknete".

 In einer Prozession werden Kelch und Hostien aus St. Paulus durch die Dietrichstraße zu St. Gangolf am Hauptmarkt gebracht. TV-Fotos (2): Christian Sprau

In einer Prozession werden Kelch und Hostien aus St. Paulus durch die Dietrichstraße zu St. Gangolf am Hauptmarkt gebracht. TV-Fotos (2): Christian Sprau

Foto: Christian Sprau (csp) ("TV-Upload Sprau"
 Zum letzten Mal verlassen Gläubige nach einem Gottesdienst die Kirche St. Paulus.

Zum letzten Mal verlassen Gläubige nach einem Gottesdienst die Kirche St. Paulus.

Foto: Christian Sprau (csp) ("TV-Upload Sprau"

Die Trierer Pfarrgemeinde LIebfrauen hat im Herbst 2016 einen Antrag zur Profanierung der Kirche St. Paulus beim Bischof eingereicht. Gründe für die Entweihung sind laut der Pfarrgemeinde zu hohe Nutzungskosten und geringe Teilnehmerzahlen der Glaubensgemeinde. Folge: Die Kirche St. Paulus in der Altstadt wird geschlossen, und die Übergabe für die weitere Nutzung wird geplant. Ein Angebot hat die Kirche von der Hochschule Trier bekommen, die gerne St. Paulus als Turnhalle oder weiteren Unterrichtsraum nutzen würde.
Über leerstehende Kirchen hat der gemeinnützige Verein Trier-Forum erst kürzlich öffentlich diskutiert (der TV berichtete). Der gesellschaftliche Wandel und Individualismus sind Trends, die in ganz Deutschland Kirchengemeinden schrumpfen lassen. Weihbischof Franz Josef Gebert spricht diese Probleme am Sonntagnachmittag in seiner Abschiedsrede an: "Der Mantel ist uns zu groß geworden. Diese Kirche war wie ein großer Fluss, der die Landschaft und Kultur in Trier geprägt hat. Jetzt machen wir die Erfahrung, dass dieser Fluss langsam austrocknet." Er erwähnt auch die Gesamtsituation: "Während der Fluss immer weniger Wasser hält, haben wir als Kirche zu lange andere kulturelle Brunnen ignoriert."
Gebert mahnt die Glaubensgemeinde, die kommende Gegenwart Gottes zu erwarten und darauf hinzuarbeiten, ihm nahe zu sein. Er versteht die Glaubensgemeinschaft als "wanderndes Volk", sieht der Zukunft mutig entgegen und ist dankbar für die 110 Jahre Gottesdienst in St. Paulus.
Die Gläubigen haben gemischte Gefühle für die Zukunft. Ein älterer Gottesdienstbesucher erzählt im Gespräch mit dem TV: "Ich bin bedrückt über die Schließung der Kirche, aber die weitere Nutzung zum Beispiel durch die Hochschule finde ich in Ordnung." Kirchenchormitglied Klaus-Harald Lang äußert sich ebenfalls: "Die weitere Nutzung ist sinnvoll, aber ich bin traurig über die Profanierung von St. Paulus. Die Kirchengemeinde insgesamt und Teile wie der Chor leiden unter dem Mitgliederschwund."
Bischof Franz Josef Gebert erklärt, dass das Grab von Hieronymus Jaegen vorraussichtlich nach St. Gangolf verlegt werde und dass die zukünftige Nutzung von St. Paulus intern diskutiert werde. Die Verantwortlichen wollen sich nach einem Beschluss dazu äußern.

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