Die kleinen Kneipen in unseren Straßen

Trier-Süd · Unsere Stadtteiltour hat gezeigt: Trier-Süd ein ist quirliger Kiez - vielfältig, widersprüchlich, lebendig. Und wo gelebt wird, da wird getrunken. Ob delikat speisen oder ordentlich versacken - fußläufig gibt\'s jede Menge Gelegenheiten.

Trier-Süd. Die legendäre Herausforderung, in jedem Lokal die Saar- und Matthiasstraße entlang je ein Bier zu trinken, ist Untrainierten nicht zu empfehlen. "Dabei gab es ja mal noch viel mehr Läden hier", erinnert sich Eleonore Ley und zählt Namen auf wie Saarbrücker Hof, Hostert, Südstern oder den Hackbraten von Christa Föhr.

Gediegen: Leys Lokal, die Weinhexe, ist in jedem Wortsinne eine der ersten Adressen am Ort: gegründet 1963 als Duhrs Gutsschänke mit Möbeln und Kachelofen aus dem Montafon und einem Zitherspieler aus Wien. Der spielt nur noch in der Erinnerung treuester Stammgäste, und Ley, seit 1980 am Platz, seit 1994 spezialisiert als Weinhexe, sagt: "Man muss immer neue Ideen haben!" Aber: behutsam! Was dem einen gefällt, verprellt den anderen. Seit vier Jahren werkelt Tochter Andrea kräftig mit - und weiß, wie man etwa junge Leute richtig anspricht: auf Facebook. Es gibt feine Weine aus nah und fern, Essen vom Käsewürfel bis zum kompletten Menü und viel Engagement, etwa für Kunst und Karneval. Die Mischung kommt an, auch die große und kleine Prominenz schaut gerne rein

Sportlich: Das Citrus von Jonny Talukder und Frau Sonja steht seit 2002 ganz im Zeichen des Sports. Aktiv, am hochwertigen Kicker und am Steeldart, oder passiv: Auf fünf Bildschirmen gibt\'s Fußball, Tennis, Football, Golf. Kürzlich hat der Sportsender Sky die Lizenzgebühren kräftig erhöht. "Das war schon happig, aber wir machen trotzdem weiter", sagt der Mann, der 1985 aus Bangladesch gekommen ist. Seine Gäste loben die authentische Art und familiäre Atmosphäre im Citrus - obwohl ein Besuch ins Geld gehen kann: Wer beim Fachsimpeln Weisheiten wie "Nach dem Spiel ist vor dem Spiel!" absondert, darf das bereitstehende Phrasenschwein füttern. Für einen guten Zweck in Bangladesch.

Verwurzelt: 1994 wurde in der Gilbertstraße die Unterhose von Karl Marx ausgestellt - im Glasmost. Das ist zwar Historie, der kämpferische Geist ist aber erstmal geblieben: Von 2001 an führte Andrea Jakoby das Roots-Café als Reggae-Kneipe und stand auch recht unverblümt zum "Ganja". Nach einer Verurteilung wegen Drogenbesitzes (der TV berichtete mehrfach) übernahm Jessica Maes die Eckkneipe im April. Sie und Freund Aaron Benzmüller setzen jetzt andere Akzente: Die musikalische Bandbreite ist größer und es gibt regelmäßig intime Livekonzerte. "Für die sich die Bands inzwischen bewerben", staunt Benzmüller und zeigt einen Schnellhefter mit dem formellen Anschreiben einer Bluesband. Am 13. September spielt aber erstmal Electric Mud.

Durchgehalten: Man merkt, dass die Semesterferien noch laufen: Um 23.30 Uhr scheint Trier-Süd schon zu schlafen. Doch bei Zum Thrin brennt noch Licht. Es gibt noch Hoffnung, beziehungsweise Bier. Andrea Preuß bedient hinterm Tresen. Wie lange es den Laden schon genau gibt, kann sie gar nicht sagen. Viele Jahrzehnte, unter vielen Besitzern. Die sechs hier heimischen Dartmannschaften haben eine Reihe von Pokalen gesammelt. In einer Wandnische hängen Schwarz-Weiß-Fotos. Eins zeigt die Gründerin mit harten Zügen. Man könnte fast meinen, dass sich ihr Laden seither kaum verändert hat. Aber auch hier ist die Zeit nicht stehengeblieben: Im Internet kann man sich die App zur Kneipe aufs Handy laden.

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