Die Porta an der Bundesstraße: Zwei Jahrtausende Trierer Verkehrspolitik

Trier · Trier ist nicht nur die älteste Stadt Deutschlands, sondern auch die mit den ältesten Verkehrsproblemen. Und die ziehen sich seit der Römerzeit wie ein roter Faden durch die Stadtgeschichte.

 Frühe 1930er Jahre: Straßenbahnen vor der Porta Nigra. Die Simeonstraße war Hauptdurchgangs- und später sogar Bundesstraße.

Frühe 1930er Jahre: Straßenbahnen vor der Porta Nigra. Die Simeonstraße war Hauptdurchgangs- und später sogar Bundesstraße.

Foto: Stadtarchiv Trier

Böse Zungen behaupten, das letzte Mal, dass in Trier eine vernünftige, zukunftsorientierte Stadt- und Verkehrsplanung betrieben wurde, sei in der Antike gewesen. So ganz von der Hand zu weisen ist diese provokante These tatsächlich nicht. Als römische Ingenieure um 18 vor Christus die Augusta Treverorum am Reißbrett aus der Taufe hoben, wiesen sie ein Straßennetz aus, das über Jahrhunderte genutzt und fortentwickelt wurde. Rechtwinklig angelegt, teilte es das Siedlungsgebiet in regelmäßige Häuserviertel auf. Zudem war die auf der Grünen Wiese entstandene Stadt bestens ans frisch ausgebaute Fernstraßennetz angebunden.

Den Niedergang leitete ausgerechnet Triers prominentester Römer ein: Konstantin der Große (herrschte 306 bis 337) hielt es nämlich nur zehn Jahre an seinem ersten Regierungssitz aus. Wäre er dauerhaft geblieben und hätte er nicht seine neue Hauptstadt Konstantinopel am Bosporus aus dem Boden gestampft, hätte Trier eine andere Entwicklung genommen. Womöglich wäre der Stadtmauerring viel größer gezogen worden, mit dem Petrisberg mittendrin - und selbstverständlich einer nachhaltigen Entwicklung der Verkehrswege. Doch nach 400 implodierte die von Kaiser, Hof und Oberschicht verlassene Stadt.

Normannen machen Trier platt

Die Bevölkerungszahl sank binnen weniger Jahrzehnte von 50.000 Einwohnern auf vielleicht 2000 bis 3000, verteilt auf viele kleine Siedlungskerne. Das Straßennetz blieb im Großen und Ganzen bestehen. Dann fielen in der Karwoche 882 die Normannen über Trier her und machten die Reste römischer Strukturen regelrecht platt.

Generationen später avancierte Erzbischof Heinrich zum Stadtplaner. Er verlegte anno 958 den Markt von der Römerbrücke vor den Dom. Es war die Geburtsstunde des Hauptmarkts und damit der mittelalterlichen Stadt. Das fortan aus Trampelpfaden entstehende Straßennetz ist noch heute im Stadtplan abzulesen. Ebenso der Verlauf der im 12./13. Jahrhundert gebauten Stadtmauer, heute Alleenring. Doch die Mauer erwies sich in der Neuzeit als viel zu enges Korsett, das die Stadt erst 1875 sprengen konnte. Dann explodierte Trier - und muss sich bis heute mit hausgemachten Verkehrsproblemen herumplagen.

Raimund Scholzen (77), von 1970 bis 2004 städtischer Verkehrsplaner, nennt zwei Beispiele: "Bis zum Ausbau der Moseluferstrecke um 1965 führten die Bundesstraßen 49 und 51 mitten durch die City und die Römerbrücke - die älteste Brücke Deutschlands - muss immer noch und mit wachsendem Verkehrsaufkommen ihrer alten Funktion dienen, statt gebührend als Weltkulturerbe behandelt zu werden."

Die Moselübergänge zwei und drei bekam Trier erst im 20. Jahrhundert, auf Nummer vier - die "Nordbrücke" in Höhe des Verteilerrings, wird seit Jahrzehnten vergeblich gewartet. Ebenso wenig gekommen sind andere Befreiungsschläge wie die in den 1920er Jahren erstmals diskutierte Ostrandstraße - eine Verkehrsschneise von Ruwer entlang des Grüne- und Petrisbergs über das Altbachtal und weiter zur Konrad-Adenauer-Brücke (eröffnet 1973). Diesem erst 1980 offiziell beerdigten Projekt muss man schon aus ökologischen Gründen keine Träne nachweinen. Eher schon dem Petrisberg-Aufstieg, einer Trasse speziell für öffentliche Verkehrsmittel ("Spurbus") zur Anbindung von Uni und Höhenstadtteilen und Entlastung von Kürenz und Olewig.

Auch andere Ideen wie der Bau eines Bustunnels unterhalb der Altstadt scheiterten an einem Mix aus Finanzierungsproblemen und mangelndem politischen Willen. Scholzen: "Wir Verkehrsplaner hatten viele gute Ansätze, die meisten von ihnen wurden mit teils hirnrissigen Argumenten ad acta gelegt."

Vom Auto auf die Regionalbahn

Was Trier im Sinne einer Entlastung realistischerweise helfen könne, sei "eine bessere Einbeziehung und Nutzung der Schiene. Der Großteil der Autofahrten spielt sich innerhalb des Stadtgebiets ab. Wenn eine Regionalbahn die Möglichkeit gibt, binnen einer Viertelstunde von Zewen nach Quint zu kommen, werden viele Autofahrer umdenken."

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