Die Sache mit den Milliuunen Leit

Was für ein Rosenmontag in Trier! 130 000 Menschen bevölkerten die Innenstadt. Trier scheint wahrhaft eine Karnevalsmetropole zu sein.

Aber Moment mal: 130 000 Menschen? Ziemlich gewaltige Zahl. Wo sollen die alle hergekommen sein?

Nachfrage bei der Polizei, die diese Zahl am Montagabend herausgegeben hat. Nein, sagt Pressesprecherin Monika Peters, gezählt hätten die Kollegen vor Ort natürlich nicht. Das seien eher "Erfahrungswerte" von den Beamten, die schon seit Jahren den Zug begleiteten. Ganz geheuer, so lässt sie durchblicken, ist ihr nach einigem Überlegen die 130 000 aber auch nicht. Denn schließlich: Vom Baby bis zum Greis - jeder Trierer Einwohner hätte beim Umzug sein müssen, um halbwegs auf diese Besucherzahl zu kommen. Immer mal davon ausgehend, dass niemand an diesem Tag gearbeitet hat. Und dass alle Trierer total närrisch sind und es keine Karnevalsmuffel in der ganzen Stadt gibt. Und dann fehlen immer noch 30 000 weitere Zuschauer, die - sagen wir mal - aus dem Umland hätten kommen müssen. Nur zum Vergleich: Das wären beispielsweise die komplette Stadt und sämtliche Dörfer der VG Konz.

So viele Menschen in Trier - da müssten die Parkhäuser und Stadtbusse ja übervoll gewesen sein. Nachfrage bei den Stadtwerken: Zu den Bussen gebe es keine belegbaren Zahlen für Rosenmontag, sagt Pressesprecher Carsten Grasmück, aber in den Parkhäusern sei noch einiges an Platz gewesen. Ein Indiz mehr, dass die 130 000 wohl nicht so ganz stimmen können. Zudem gab es allein im Kreis Trier-Saarburg noch 21 weitere Rosenmontagszüge, viele davon mit "Tausenden" Besuchern. Und auch in Trier selbst zogen noch 64 Gruppen vor "Tausenden Besuchern" zeitgleich zum Innenstadtumzug durch den Stadtteil Ehrang.

Um es auf die Spitze zu treiben: Rechnet man mit etwa einem halben Meter Stehplatz pro Jeck, dann müssten bei der Wegstrecke von viereinhalb Kilometern durch Trier sieben Reihen Narren dicht an dicht hintereinander zu beiden Seiten der Straße gestanden haben. Von der Matthiasstraße im Süden bis zur Arena im Norden. "Die Zahl kommt mir unglaublich hoch vor", sagt selbst Jürgen Backes vom Städtischen Presseamt. Auch er vermeldet übrigens mit schöner Regelmäßigkeit die Besucherzahl 100 000 - beim allerdings dreitägigen Trierer Altstadtfest, für dessen Organisation er zuständig ist. Und auch er gibt zu, gezählt werde da zumindest bisher nicht - er erwäge aber, das in diesem Jahr mal über die Sicherheitsleute stichprobenartig zu machen.

Was lernen wir daraus? Erstens: Es gibt viele Jecken in Trier, und manche sehen auch spätabends doppelt - aber 130 000 gibt es wohl nicht einmal bei schönstem Wetter am Rosenmontag. Und zweitens: Auf die Polizei können die Trierer zwar immer zählen. Aber die Polizei zählt die Trierer nicht immer ganz richtig. Pressesprecherin Monika Peters erwägt augenzwinkernd fürs nächste Jahr jedenfalls schon die echt trierische Sprachregelung: "Et woaren Milliuunen Leit, wat soan eisch - et woaren dausend!" will/jöl

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