Die Schulplanung der Stadt kippt

Trier · Es war eine unerfreuliche Mitteilung, mit der Schuldezernentin Angelika Birk gestern Abend die Schulausschuss-Sitzung eröffnen musste: Die vom Stadtrat mit breiter Mehrheit beschlossene Ansiedlung einer "Realschule plus" am Standort der Kurfürst-Balduin-Hauptschule in Trier-West ist nur noch Makulatur.

 Aus den Höhenflügen wird nichts: Die Kurfürst-Balduin-Schule scheint als Realschule plus aus dem Rennen. TV-Foto: Friedemann Vetter

Aus den Höhenflügen wird nichts: Die Kurfürst-Balduin-Schule scheint als Realschule plus aus dem Rennen. TV-Foto: Friedemann Vetter

Erst im März hatte der Stadtrat die Trier-Wester Schule auf Initiative der Dezernentin in der Prioritätenliste ganz nach vorn gesetzt, gefolgt von der Theodor-Heuss-Schule in Trier-Nord und dem Schulzentrum am Mäusheckerweg. Eine erste Realschule plus hat dieser Tage ihren Betrieb in Trier-Süd aufgenommen - freilich als Kooperations-Modell, ohne komplett integrierten Unterricht.

Der Traum vom integrativen Modellprojekt im Trierer Westen scheint nun ausgeträumt. Die ADD und damit das Land sind zu der - wohl realistischen - Einschätzung gekommen, die zu erwartende Schülerzahl werde zu gering sein, um die Einrichtung von jeweils drei Parallelklassen zu gewährleisten. Diese "Dreizügigkeit" hat das Land aber zur Bedingung für die "Realschule plus" gemacht. Kurz vor Ferienbeginn, bestätigt Balduin-Schulleiter Eugen Lang, sei die Ablehnung der ADD für den aktuellen Antrag gekommen. Dennoch gibt es laut der Aufsichtsbehörde "noch keine endgültige Entscheidung", man warte auf ein neues Konzept der Stadt.

Die Dezernentin gibt sich derzeit eher einsilbig. Die Ablehnung sei "bedauerlich", die bis Ende September bei der ADD vorzulegende neue Linie für die Realschulen plus in Trier will sie zunächst mit der Verwaltung und den Fraktionen abstimmen.
Fällt ein Dominostein, wackelt auch der Rest

Der Frust vor Ort ist groß. "Wieso kommt das jetzt aus dem Nichts heraus?", fragt Hans-Alwin Schmitz, langjähriges Stadtratsmitglied und Vorsitzender des Fördervereins der Balduin-Schule. Es könne nicht sein, "dass man sich über einstimmige Stadtratsbeschlüsse hinwegsetzt".

Die Aufgabe, die nun in kürzester Frist auf die Dezernentin und ihre Mitarbeiter zukommt, ist enorm. Denn fällt der Dominostein Balduinschule, geraten auch die anderen bislang geplanten Standorte ins Wackeln. Reicht die Schülerzahl in Trier-Nord? Kommt der Standort Zewen doch wieder in die Diskussion? Nicht zu reden von den Konsequenzen für die Grundschul-Struktur, die an verschiedenen Punkten eng mit den künftigen Realschul-Standorten verknüpft ist.

Es sieht so aus, als würden in der Trierer Schullandschaft die Karten komplett neu gemischt. Nur dass man diesmal keine sechs Jahre Zeit hat, sondern nur sechs Wochen.

Meinung

Schluss mit der Wurstelei

Von Dieter Lintz

Mit dem Herumschieben des schwarzen Peters wäre niemandem gedient. Die Stadt Trier hat aus guten Gründen versucht, Trier-West als nächsten von insgesamt vier Realschul-Standorten zu etablieren. Die ADD hält sich an die Vorgaben des Landes - und hat übrigens von Anfang an deutlich gemacht, dass sie von der Schülerzahl her nur drei Plus-Realschulen in Trier für machbar hält. Man hat jahrelang aneinander vorbeigeredet statt miteinander. Die neue Dezernentin zahlt die Zeche für den eklatanten Mangel an Stringenz und Kontinuität in der Trierer Schulplanung. Sie wäre gut beraten, trotz der Kürze der Zeit und des enormen Drucks eine zeitnahe Gesamtlösung für die Trierer Schullandschaft anzustreben statt die Wurstelei ihres Vorgängers fortzusetzen. Falls das gelingt und der Rat mutig mitzieht, könnte sich das Verdikt der ADD als heilsame Entscheidungshilfe erweisen. Und vielleicht ergibt sich letztlich doch noch eine Chance, dass das große Engagement der Kurfürst-Balduin-Schule und ihres Umfelds nicht im Sande verläuft. d.lintz@volksfreund.de

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