Die Spuren des Wohltäters sind allgegenwärtig
Traben-Trarbach · Den 40. Geburtstag der von ihm gegründeten Stiftung hat der Traben-Trarbacher (Kreis Bernkastel-Wittlich) Unternehmer Wolfgang Langguth nicht mehr miterlebt. Mit den Erträgen aus dem Stiftungskapital ist schon viel bewegt worden. Und das dürfte, trotz der anhaltenden Niedrigzinsphase, auch so weiter gehen.
Traben-Trarbach. Er wisse nicht, welche Gründe jemanden zur Gründung einer Stiftung bewegen. Wolfgang Langguth sagte dies 2001 vor Mitgliedern des Rotaryclubs Mittelmosel-Wittlich. Das klang so, als ob es ihm nie in den Sinn kommen könne, eine Stiftung ins Leben zu rufen. Dabei hatte er dies längst getan - am 30. November 1976.
Die Johann-Wolfgang-Langguth-Stiftung gibt es 40 Jahre später immer noch. Wolfgang Langguth hat den Jahrestag vor wenigen Wochen allerdings nicht mehr miterlebt. Er starb im Alter von 92 Jahren am 2. Oktober.
Doch sein Vermächtnis lebt weiter - nicht nur die 1786 gegründete Weinkellerei F. W. Langguth, die jetzt von einem seiner Enkel geführt wird, sondern auch die Stiftung. Die verfügt über ein Kapital von fünf Millionen Euro. Zum Vergleich: Zum Zeitpunkt des 25-jährigen Bestehens stand eine Summe von drei Millionen Euro zur Verfügung.
Zum besseren Verständnis: Das Kapital kommt durch sogenannte Zustiftungen zusammen. Innerhalb von 15 Jahren ist es also um etwa zwei Millionen Euro gewachsen. Dieses Geld darf nicht angetastet werden. Es kann nur mehr werden, aber nicht weniger.
Nur die Erträge, also die Zinsen, dürfen für die Stiftungszwecke verwendet werden. Das gilt auch für Geld, das ausdrücklich als Spende deklariert ist.
Wolfgang Langguth hat 1976 fünf Stiftungszwecke festgelegt: 1. Hilfe für behinderte Kinder, 2. Erhaltung und Restaurierung von denkmalgeschützten Gebäuden, 3. Förderung der Forschung und Entwicklung des Weinbaus, 4. Förderung von Nachwuchskünstlern und 5. Förderung von Naturschutz und Landschaftspflege. "Der Schwerpunkt liegt derzeit auf der Hilfe für behinderte Kinder", berichten Stiftungsvorsitzender Hans W. Berktold und Geschäftsführerin Kathy Assion. Diese Praxis habe damit zu tun, dass die Erträge wegen der anhaltenden Niedrigzinsphase nicht so sprudeln, wie das schon der Fall war. Bei Projekten für den Erhalt denkmalgeschützter Gebäude komme man mit 1000 Euro nicht weit, erläutert Kathy Assion. 1000 Euro als Hilfe für ein behindertes Kind hätten da schon einen anderen Stellenwert.
Dazu muss man wissen: Die Stiftung übernimmt nicht den vollen Betrag, sondern nur einen Teil. Bei den Kindern gehe es meist um die Anschaffung eines behindertentauglichen Fahrzeuges oder eine spezielle ärztliche Behandlung. Die Familien beantragen in der Regel bei verschiedenen Stiftungen Mittel. "Von Familien bekommen wir pro Jahr 500 bis 600 solcher Anträge", erzählt Kathy Assion. Sie sichtet und bewertet die Anfragen. Etwa 150 werden positiv beschieden. Kriterien sind unter anderen die Gesamthöhe der Investition. Ein Neufahrzeug für 60 000 Euro werde eher nicht bezuschusst, weil zu viele weitere Geldgeber nötig seien. Ein gebrauchtes Fahrzeug habe mehr Chancen, sagt Assion, die vor 25 Jahren in der Kellerei eine Lehre als Bürokauffrau begann und seit zwölf Jahren ausschließlich für die Stiftung tätig ist.
In Jahren mit guter Zinsentwicklung hätten pro Jahr um die 250 000 Euro zur Verfügung gestanden. Damals, vor allem nach der Wiedervereinigung, wurden auch weit mehr als 100 denkmalgeschützte Gebäude mit Fördermitteln unterstützt (Extra). Zwei seien herausgehoben: regional einer der Türme des markanten Traben-Trarbacher Brückentors und überregional einer der Räume in der Wartburg bei Eisenach (Thüringen).
Wolfgang Langguth habe über lange Jahre mit einem Teil seines Vermögens das Kapital aufgestockt. Auch die Gesellschafter der Weinkellerei, darunter sind seine sechs Kinder, hätten immer wieder Teile ihrer Erträge in die Stiftung fließen lassen. Hans W. Berktold war von 1980 bis 1993 Geschäftsführer der Kellerei, die etwa 170 Mitarbeiter beschäftigt. Es sei ein Anliegen Langguths gewesen, einen Teil seines Vermögens für wohltätige Zwecke einzusetzen, erzählt der Stiftungsvorsitzende.
Gründet jemand eine gemeinnützige Stiftung um Steuern zu sparen? Auch diese Frage hat Langguth im Jahr 2001 gestellt, aber keine Antwort gegeben. Fakt ist aber: Wenn der Vorstand morgen entscheidet, die Stiftung aufzulösen, was er, so Berktold, durchaus kann, fließt das Kapital nicht zu den Stiftern oder ihren Erben zurück.
Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), die sowieso jährlich ein Auge auf die Tätigkeitsberichte hat, würde es in andere Stiftungen übertragen, erzählt Berktold. Doch danach sieht es nicht aus. Und so werden in Traben-Trarbach in Zukunft nicht nur Anträge von Eltern behinderter Kinder eingehen sondern auch Dankesbriefe.Extra
Eine Auswahl der Vorhaben, die die Johann-Wolfgang-Langguth-Stiftung in der Region mitgefördert hat: die Sanierung des Brückenturms an der Brückenschenke in Traben-Trarbach; die Restaurierung der historischen Stummorgel in der evangelischen Peterskirche in Traben-Trarbach; die Sanierung des Mittelmoselmuseums und des Casinogebäudes in Traben-Trarbach; soziale Einrichtungen für behinderte Kinder im Moselraum; Ausbildung des Nachwuchses im Weinbau; Restaurierung der historischen Kelteranlage bei Erden; die Villa Kunterbunt in Trier; Fenster in der Prümer Basilika; Restaurierung des Fährturms in Trittenheim. Überregional: ein Raum in der Wartburg (Thüringen); Förderung von 20 Kindertagesstätten in Berlin, in denen auch schwerstbehinderte Kinder betreut werden; Sanierung der Fassade am ehemaligen Gouverneurshaus in Berlin, Unter den Linden; die Restaurierung des ältesten Gasthauses in Berlin; Restaurierung eines größeren Objekts im Museum für Naturkunde der Humboldt-Universität in Berlin. cb