"Die Überholspur ist wie eine Ohrfeige"

Trierweiler-Neuhaus · Die Überholspur der B 51 bei Neuhaus ist erst seit Juni für den Verkehr freigegeben - und schon häufen sich die Beschwerden von Anwohnern über Lärm und zu schnelles Fahren in der Hunderter-Zone.

 Die B 51 bei Neuhaus: Auf der Überholspur Richtung Trier darf 100 Stundenkilometer schnell gefahren werden. TV-Foto: Friedemann Vetter

Die B 51 bei Neuhaus: Auf der Überholspur Richtung Trier darf 100 Stundenkilometer schnell gefahren werden. TV-Foto: Friedemann Vetter

Mehrere Millionen Euro hat der Ausbau der Kreuzung B 51/Neuhaus gekostet. Es gibt neue Auf- und Abfahrten sowie eine Unterführung für Fahrzeuge und Fußgänger. In einem Aufwasch wurden Ortsstraßen saniert und neue Leitungen für Kanal, Wasser und Strom verlegt.

Freude will bei den Anwohnern dennoch nicht aufkommen - im Gegenteil: Die Klagen über Lärm und zu schnelles Fahren häufen sich, seit die Kreuzung im Frühsommer für den Verkehr freigegeben wurde. Insbesondere die 1,4 Kilometer lange Überholspur in Fahrtrichtung Trier zieht den Zorn auf sich. Sie geht von Hohensonne bis vors Gewerbegebiet Sirzenich; erlaubt sind dort 100 Stundenkilometer. Und Neuhaus liegt mitten in dieser Zone.

Lärmschutzwand auf private Kosten?

 Für Gastwirt Gerhard Sonnen (links) ist diese Kreuzung unterhalb der B 51 eine Fehlplanung. Die vorfahrtsberechtigten Autos aus Richtung Unterführung sind erst spät zu sehen. TV-Foto: Albert Follmann

Für Gastwirt Gerhard Sonnen (links) ist diese Kreuzung unterhalb der B 51 eine Fehlplanung. Die vorfahrtsberechtigten Autos aus Richtung Unterführung sind erst spät zu sehen. TV-Foto: Albert Follmann



Die neue Überholspur ermuntere geradezu zum schnellen Fahren und zu riskanten Überholmanövern, so die Kritik der Anwohner. Am meisten stört sie jedoch der Fahrzeuglärm. Joachim Land: "Ich empfinde die Überholspur wie eine Ohrfeige, es ist extrem lauter geworden. Man kann nachts kein Fenster mehr öffnen." Eine Lärmschutzwand könne nicht gebaut werden, habe ihm die Straßenbehörde gesagt. Nun überlegt Land, privat eine Mauer hochzuziehen.

Ortsbürgermeister Matthias Daleiden hat die Anwohner für Samstag, 4. September, 10 Uhr, ins Gasthaus Sonnen eingeladen, um über die Verkehrsproblematik zu diskutieren. Er plädiert für Tempo 70: "Dadurch könnte eine wirksame Lärmreduzierung erreicht werden."

Die Kreisverwaltung prüft derzeit, ob ein strengeres Tempolimit angebracht ist. Der Landesbetrieb Mobilität (LBM) und die Polizei wurden um Stellungnahmen gebeten. Wegen des laufenden Anhörverfahrens wollen sich die Stellen nicht offiziell äußern, aber aus beiden Häusern gibt es durchaus Sympathiebekundungen für Tempo 70. "Mit Sicherheit wäre das passender", sagt ein Straßenplaner, und ein leitender Polizeibeamter meint: "Ich sehe Tempo 100 kritisch, zumal wir es hier mit zwei Kurvenbereichen zu tun haben." Wegen der Kürze der Zeit verfügt die Polizeidirektion noch nicht über aussagekräftige Geschwindigkeitsmessungen auf der Überholspur. Eine Zunahme von Unfällen habe es nicht gegeben. Die Anwohner von Neuhaus seien in zweifacher Hinsicht durch den Ausbau der B 51 gebeutelt, sagt Ortsbürgermeister Daleiden. Denn in der parallel zur B 51 verlaufenden Innerortsstraße ("Weidenstraße") habe der PKW- und LKW-Verkehr zugenommen. Die Weidenstraße führt zum Gewerbegebiet Trierweiler-Sirzenich.

Anwohner Gerhard Sonnen kritisiert nicht nur die erlaubte Höchstgeschwindigkeit, er prangert auch Planungs- und Sicherheitsmängel an. So sei die zunächst an der B 51 errichtete Bushaltestelle wieder abgebaut und auf den Mitfahrerparkplatz verlegt worden. Ferner könnten Abbieger die Kreuzung an der Unterführung nur rund 30 Meter weit einsehen. Sonnen: "Von links und rechts dürfen sie mit Tempo 50 ranfahren, das kann nicht gut gehen." Auch fehlten Bürgersteige für Schüler und andere Fußgänger, die vom Ort zum Bus gehen. Den Umweg über die Treppe zur Unterführung nehme sowieso niemand.

Meinung

70 tun's auch

Hand aufs Herz: Wer hat nicht schon mal das Tempolimit auf den Überholpassagen der "Bitburger" überreizt? Die dritten Spuren sind gut ausgebaut. Tauchen sie nach nerviger Kolonnen-Schleichfahrt endlich auf, dann drücken viele Autofahrer auf die Tube. Gerne auch mal jenseits der erlaubten 100. Es ist ja fast schon zu einem beliebten Volkssport geworden, möglichst viele Brummis vor der nächsten Einfädelungsspur zu kassieren. An die Anwohner und den Motorenlärm, den man ihnen damit zumutet, denken in diesen Momenten die wenigsten. Auf offener B 51-Strecke ist Tempo 100 sicherlich angebracht, aber für einen Siedlungsbereich wie Neuhaus ist dies definitiv zu viel. Und zudem völlig unsinnig, weil unmittelbar vorher und nachher nur 50 beziehungsweise 70 gefahren werden darf. Höchstens 70 - das wäre ein gesunder Kompromiss für Neuhaus. Dann blieben den Bewohnern einige Dezibel erspart, die jetzt noch durch ihre mehrfach verglasten Fenster dringen. Doch auch hier gilt: Blindes Vertrauen (in ein Schild) reicht nicht, Kontrollen (durch die Polizei) sind besser. a.follmann@volksfreund.de

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