Die Visitenkarte der Justiz wird neu gedruckt

Trier · 17 Jahre hat Jutta Terner die Geschicke des Amtsgerichts in Trier geleitet. Gestern wurde die Direktorin offiziell verabschiedet, ihr Nachfolger Jörg Theis ins Amt eingeführt. Im Gespräch mit dem TV lässt sie ihre Amtszeit Revue passieren.

Trier. Klein, energisch, redegewandt, humorvoll: Es fällt nicht schwer, Eigenschaften zu benennen, mit denen man Jutta Terner in Verbindung bringt. Was dadurch erleichtert wird, dass die Juristin ohnehin nie zu denen gehörte, die sich hinter ihrer Robe verstecken. Im öffentlichen Leben der Stadt ist sie wahrnehmbar, als Beiratsvorsitzende bei der Nikolaus-Koch-Stiftung oder durch ihr Engagement bei den Soroptimistinnen, einer Art Rotary-Club für Frauen.
Der Vorsitz des Amtsgerichts, den sie seit 1996 innehatte, muss eine Art Traumjob gewesen sein. "Ein wunderschöner Beruf, ich würde ihn jederzeit wieder ergreifen", sagt sie - und es klingt nicht wie jener Anflug vernebelnder Nostalgie, der designierte Ruheständler oft in ihren letzten Arbeitstagen überfällt.
Gemeinhin gilt das Amtsgericht als Fußvolk des Instanzen-Zugs. Terner, die einst in Nordrhein-Westfalen als junge Richterin am Landgericht eine Etage höher amtierte, sieht das vollkommen anders. Das Amtsgericht sei "die Visitenkarte der Justiz", schließlich treffe hier der Normalbürger am ehesten auf das Rechtssystem. Da brauche es "Richter, die die Menschen so mögen, wie sie sind, und die sie da abholen können, wo sie stehen".
Wer gelegentlich Verfahren vor (nicht nur) Trierer Gerichten beobachtet, könnte versucht sein, das als arg idealistische Wahrnehmung mit wenig Bezug zur Realität zu betrachten. Aber Jutta Terner führt zu Recht ins Feld, dass das öffentliche Bild von Gerichten in der Regel durch die großen, aufwendigen Strafprozesse vor Land- und Oberlandesgerichten geprägt wird. Alltag beim Amtsgericht ist aber eher der Jugendliche, der eine Dummheit gemacht hat, der Geschäftsmann, der Insolvenz anmelden muss oder die alte Dame, die hilflos in einen Zivilrechtsstreit geraten ist. Da wird die richterliche Tätigkeit, so wie Terner sie versteht, auch schon mal zur Sozialarbeit. Sie spricht, wenn sie bilanziert, von Umbruchzeiten, verdichteter Arbeit, gewachsenem Druck. Aber eher durch die Personalsituation bei den Gerichten als etwa dadurch, dass die Bürger in den letzten Jahrzehnten massenhaft zu Prozesshanseln mutiert wären. Terners Erfahrung: Selbst bei der heute üblichen Kostenübernahme durch Rechtsschutzversicherungen bliebe bei vielen Menschen eine Scheu vor dem direkten Kontakt mit der Gerichtsbarkeit.
Unterm Strich, so ihr Fazit, leisteten die Amtsgerichte "einen guten Dienst". Eine Notwendigkeit für die immer mal wieder diskutierte große Reform des deutschen Justizsystems mit seinem Instanzen-Zug sieht Jutta Terner logischerweise denn auch nicht. Dem Vorschlag, die Amtsgerichte zu Mini-Landgerichten aufzurüsten, um im Gegenzug eine Instanz zu sparen, kann sie wenig abgewinnen. Das würde, sagt sie, "den vielen kleinen Streitigkeiten nicht gerecht", die auf dieser Ebene verhandelt werden.
Es gibt aber auch Entwicklungen bei den Gerichten, die Jutta Terner gerne sieht. Zum Beispiel, dass es - anders zu den Zeiten, als sie ihre Laufbahn begann - überwiegend Frauen sind, die sich für den Richter-Beruf entscheiden. Sie könne sich, sagt sie ganz, ganz vorsichtig, "vorstellen, dass damit auch eine größere Empathie einhergeht".

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