Die Wut nach dem tödlichen Drama

Der Tod der 17-jährigen Nadine Bigge aus Farschweiler, die am 21. November auf der B 52 am Forsthaus "Sternfeld" von einem PKW erfasst wurde und starb, wirkt im vorderen Hochwald weiter nach. Nach Auffassung vieler Anwohner wurde die Schülerin Opfer einer unzulänglichen Bushaltestelle an einer stark befahren Bundesstraße. "Keine Busstopps mehr am Sternfeld auf der B 52 - alle Linien durch den Ort", lautet die Hauptforderung in Farschweiler.

Farschweiler. Lichter, Blumen, und ein Foto von Nadine erinnern am Straßenrand an das Unglück, das sich nur zwei Meter von dem kleinen Mahnmal entfernt auf der Fahrbahn abgespielt hatte. Es war bereits dunkel, als Nadine Bigge am 21. November, 18 Uhr, auf der gegenüberliegenden Straßenseite den Schnellbus von Trier nach Hermeskeil an der Haltestelle "B 52 Sternfeld" verließ und die Fahrbahn in Richtung der K 84 überquerte, die hinunter nach Farschweiler führt. Doch die 17-Jährige erreichte die andere Seite nicht mehr: Ein aus Richtung Hermeskeil kommender PKW erfasste Nadine - sie starb noch am Unfallort.

Ein Gefühl wie zwischen zwei Bahngleisen



Wie fast alle jungen und älteren Busbenutzer hatte sie den direkten Weg von der Haltestelle hinüber zur anderen Seite gesucht. Es gibt zwar eine "Überquerungshilfe" in Form einer Mittelinsel mit zwei Schildern, aber dies ist kein Ort zum Wohlfühlen. Wenn ein Fußgänger darauf steht und zwei Lastzüge nähern sich aus beiden Richtungen, fühlt er sich wie zwischen zwei Bahngleisen. Und um die "Insel" zu nutzen, mussten die Ankommenden von der Haltestelle aus erst viele Meter weit in die entgegengesetzte Richtung zurücklaufen - also wieder weg von Farschweiler statt darauf zu. Das war auch ein psychologisches Problem. Deshalb wurde die Haltestelle inzwischen näher an die Querungshilfe versetzt. Doch warum hatte Nadine den Wagen nicht gesehen? Kam er dermaßen schnell heran, obwohl hier Tempo 70 gilt? Direkte Zeugen gibt es nicht. Und der Fahrer des PKW schweigt bisher. Die Trierer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen Verdachts auf fahrlässige Tötung. Ein schwieriges Unterfangen ohne Zeugen. An einem Abend Anfang Februar - da herrschten dieselben Lichtverhältnisse wie am 21. November - ließ der beauftragte Sachverständige den Unfall durch Polizeibeamte rekonstruieren. "Dieses Gutachten wird der letzte Punkt unserer Ermittlungen vor dem Hauptverfahren sein. Wir warten auf das Ergebnis", sagt Staatsanwältin Frauke Straten.

Christian Bigge, Nadines Vater, ist zum Treffen mit dem TV an die Haltestelle gekommen. Rund 60 Mitbewohner aus Farschweiler sind ihm gefolgt, um ihrem Unmut Luft zu machen. Unmut über diese Haltestelle, die viele Fahrer fast mit Autobahntempo durchqueren und die nachts in völlige Dunkelheit getaucht ist. "Man sollte diese Haltestelle ganz aufgeben - alle Busse müssen nach Farschweiler hereinfahren", lautet jedoch die Hauptforderung. Als "kaltschnäuzig" empfunden wird eine Aktion der Rhein Mosel Verkehrsgesellschaft (RMV), bei der die aussteigenden Fahrgäste an der Haltestelle beobachtet wurden und später die Aufforderung an die Eltern erging, ihren Nachwuchs auf verkehrsgerechtes Verhalten hinzuweisen.

Schon mit vier Jahren über den Zebrastreifen



"Meine Tochter ist in einer lebhaften Straße in Lippstadt aufgewachsen und konnte schon mit vier Jahren alleine den Zebrastreifen überqueren. Und seit dem neunten Lebensjahr war sie es gewohnt, völlig selbstständig den ÖPNV zu nutzen", lautet dazu der Kommentar von Christian Bigge. Er kämpft nun wie die anderen für mehr Sicherheit an der B-52-Haltestelle, oder für die alternative Ortsdurchfahrt aller Busse - "damit Nadines Tod nicht ganz so sinnlos war". Extra Maßnahmen: Zahlreiche Bemühungen um mehr Sicherheit gab es nach dem tödlichen Unfall. Ortsbürgermeister Werner Schmitt und Bürgermeister Bernhard Busch von der Verbandsgemeinde Ruwer sehen alle Verhandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft. Wenigstens wurde die Haltestelle näher an die Überquerungshilfe (s.o.) gelegt, und in der vergangenen Woche entschied der Gemeinderat, für 10 000 Euro vier Lampen an der B 52 zu installieren. Die RMV deutet an, künftig wenigstens den stark von Schülern frequentierten 13.15 Uhr-Schnellbus durch den Ort zu führen. Mehr sei laut RMV nicht möglich, da die Fahrpläne der Regionalbusse auf die Zugverbindungen am Trierer Hauptbahnhof und im saarländischen Türkismühle zugeschnitten seien. Die Bemühungen der Verbandsgemeinde Ruwer, die Haltestelle durch entsprechende Beschilderung, stärkere Tempobegrenzung oder Blinklichter zu entschärfen, scheiterten am Landesbetrieb Mobilität, der auf die Bauvorschriften für außerörtliche Bundesstraßen hinweist.