Diplomat Berthold Biwer räumt den Schreibtisch

Schweich · In wenigen Tagen wird Berthold Biwer sein Amt als Bürgermeister der Verbandsgemeinde (VG) Schweich an seine Nachfolgerin Christiane Horsch übergeben. Der Ruheständler (65) kann dann auf 16 Jahre Amtszeit zurückblicken - eine Zeit, die geprägt war von Biwers ruhigem und diplomatischen Führungsstil.

Schweich. In einem TV-Bericht vom 6. März 1996 über die erste Verbandsgemeinderatssitzung unter dem Vorsitz des neuen Bürgermeisters Berthold Biwer schwingt leichte Verwunderung mit. "Nur einstimmige Beschlüsse - leise Töne waren Trumpf - eine Etatdebatte ohne Schärfe - die treuen Zuschauer wähnten sich im falschen Film, waren doch früher hitzige Debatten an der Tagesordnung", schreibt die offenbar "kampferprobte" Reporterin in jenen Tagen und fragt: "Ist das nur die Ruhe vor dem Sturm?" Diese Frage hat Berthold Biwer, der den Besucher in seinem Büro zwischen Umzugskartons empfängt, in den zurückliegenden 16 Jahren selbst beantwortet: Nein, der wirklich große Sturm fand nie statt - nicht nebenan im Sitzungssaal der VG, nicht anderswo.
"Als ich dieses Amt übernahm, habe ich auch von meiner Richtererfahrung profitieren können. Ich war die ergebnis- und sachorientierte Arbeit bei der Justiz gewohnt", sagt der ehemalige Hermeskeiler Gerichtschef. Als Richter für Familien- und Strafsachen saß er dort total zerstrittenen Scheidungspaaren oder widerspenstigen Delinquenten gegenüber - eine Erfahrung, die auch beim Wogenglätten in langen Ratssitzungen half.
Für neue Chance entschieden


Doch wie kommt ein unabhängiger Richter dazu, sich auf das vage Abenteuer einer Bürgermeisterwahl einzulassen? "Als mein Vorgänger Harald Bartos 1995 nicht für die erste Bürgermeister-Direktwahl kandidieren wollte, hat mich die CDU gefragt, ob ich Interesse habe", sagt Biwer. Da seien ihm zwei Fragen durch den Kopf gegangen: Ist das eine böse Versuchung, die man abwehren muss - oder die große Chance, etwas ganz Neues zu machen?
Für Biwer überwog die Chance. Er ergriff sie, wurde gewählt und am 10. Januar 1996 in sein neues Amt eingeführt. Ein sicherer Posten als Amtsgerichtsdirektor gegen ein "windiges" Bürgermeisteramt? Viele hätten ihn damals für verrückt gehalten, erinnert sich Biwer, und auch Jahre später sei er öfter wegen dieses Ämtertausches gefragt worden.
Er selbst hat die Entscheidung nie bedauert, schon wegen der "vielen Gestaltungsmöglichkeiten, die einem die Justiz niemals bieten kann". Auch sei er Teamplayer und kein Freund einsamer Entscheidungen. Und als Vorsitzender in den VG-Ratssitzungen habe er sich stets als Moderator gesehen. Einer, der versucht, im Interesse einer ergebnisorientierten Politik auch Gräben zu überbrücken.
Ergebnisse kann der scheidende Bürgermeister in der Tat vorweisen. Etwa das sogenannte Flächenmanagement - ein in der VG Schweich entwickeltes Pilotprojekt, mit der die zunehmende Verödung der Weinhänge gestoppt wurde. Oder die neue Tourismuswerbung in einer Hand, effektiver als der einstige Flickenteppich der Ortsgemeinden. Ein hauptamtlicher Jugendpfleger kümmert sich heute um Brennpunkte, dank eines umgestalteten Flächennutzungsplans wurde die VG zu den deutschen Toppadressen in Sachen Wind- und Solarenergie, Projekte wie der Rioler Freizeitsee galt es zu unterstützen, und Jahre dauerten die Bemühungen um den am 1. Januar anstehenden Beitritt der Gemeinde Trittenheim.
Es sind nur einige Beispiele aus der Ära des Berthold Biwer, der rückblickend meint: "Die wichtigste Basis meiner Arbeit war der starke Rückhalt in meiner Familie, die oft auf den Vater und Ehemann verzichten musste."Extra

Berthold Biwerwurde am 30. Juli 1946 im damaligen Krankenhaus Schweich geboren. Die Kindheit verbrachte er in Riol, wo er die Volksschule besuchte. Später folgte der Wechsel an das Trierer Hindenburg-Gymnasium. Nach dem Abitur und 18 Monaten Wehrdienst begann Biwer sein Jurastudium in Saarbrücken. Auf das zweite Staatsexamen folgten in den 70er Jahren zunächst verschiedene Stationen am Landgericht Trier, bei der Staatsanwaltschaft und an den Amtsgerichten Trier und Hermeskeil. Ab 1982 war Biwer als Amtsrichter in Bernkastel-Kues tätig. 1989 übernahm er die Leitung des Amtsgerichts Hermeskeil. Als 1995 in der VG Schweich die erste Direktwahl des Bürgermeisters anstand, trat er für die CDU als Kandidat an. Im ersten Wahlgang gegen die Mitbewerber Jürgen Reinehr (SPD) und Peter Unkel (FWG) holte Biwer 48 Prozent der Stimmen. Die Stichwahl gegen Reinehr entschied er mit über 60 Prozent Stimmanteil. Am 10. Januar 1996 trat Biwer sein Amt an. 2003 folgte die Wiederwahl ohne Gegenkandidaten. Politisch ist Biwer bei der CDU beheimatet. Er war stellvertretender Kreisvorsitzender der Jungen Union und schon früh kommunalpolitisch aktiv: 1979 bis 1984 im Verbandsgemeinderat Schweich, Mitglied im Ortsgemeinderat Riol und nach dem Umzug nach Leiwen Mitglied im dortigen Gemeinderat. f.k.

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