Diskussion über Wohnraumpläne für Flüchtlinge in Filsch, Kürenz, Mariahof und Ehrang beginnt - Stadtrat entscheidet

Trier · Die Stadt Trier reagiert auf die zunehmende Zahl von Flüchtlingen. Neben Anmietung von Privatwohnungen soll aktiv Wohnraum geschaffen werden. Neue Pläne gibt es für das Burgunderviertel auf dem Petrisberg, für das Neubaugebiet BU 14 zwischen Tarforst und Filsch, für Mariahof und Trier-Ehrang.

Diskussion über Wohnraumpläne für Flüchtlinge in Filsch, Kürenz, Mariahof und Ehrang beginnt - Stadtrat entscheidet
Foto: Friedemann vetter (Ve._), Friedemann Vetter ("TV-Upload vetter"

Trier. Bis zu 3200 Menschen leben in den ersten Wochen nach ihrer Flucht vor Krieg und Not nach Deutschland in der Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (Afa) in Trier. Von dort werden die Asylbewerber auf die Kommunen verteilt, wo sie bis zum Abschluss ihrer Asylverfahren bleiben müssen. Seit Ende August muss auch die Stadt Trier für solche Flüchtlinge Unterkünfte bereitstellen. Ihre Zahl erhöht sich derzeit um 50 in jeder Woche. 700 Frauen, Kinder und Männer werden es bis zum Jahresende sein. Wie es danach weitergeht, weiß angesichts der politischen Situation in Europa und des Terrors im Nahen Osten niemand. Sicher sind sich die Verantwortlichen der Stadtverwaltung allerdings, dass die Wohnraumkapazitäten für die Unterbringung der Asylbewerber bald erschöpft sein werden.Im Zugzwang


"Wir freuen uns über die große Bereitschaft der Trierer, Mietwohnungen zur Verfügung zu stellen", sagt Sozialdezernentin Angelika Birk. "Allerdings reichen diese leider bei weitem nicht aus." Die Stadt müsse auf einen Mix aus Mietwohnungen und größeren, neuen Einheiten setzen. Kosten und Verfügbarkeit seien dabei nicht die alleinigen Kriterien. "Es muss immer auch sozial verträglich sein."
Was das konkret bedeutet, haben am Freitag die Mitglieder des Ortsbeirats Filsch erfahren. Denn im Neubaugebiet BU 14 könnten Wohnungen für bis zu 200 Flüchtlinge entstehen. Am Mittwochabend diskutierten der Ortsbeirat Kürenz und 50 Bewohner darüber, was 250, vielleicht sogar 400 Migranten für ihren Stadtteil bedeuten könnten. Neben der Sozialdezernentin waren Baudezernent An dreas Ludwig und die Amtsleiter Ralf Arthkamp (Bodenmanagement und Geoinformation) und Hans-Werner Mayer (Soziales und Wohnen) in den Treffpunkt am Weidengraben gekommen, um zu erläutern, warum die Planungen für das Burgunderviertel auf den Kopf gestellt werden.
Der bisherige Plan, die Entwicklungsgesellschaft EGP zu beauftragen, dort ein neues Stadtviertel mit einem Mix aus Neubebauung und renoviertem Altbestand entstehen zu lassen, wird nicht mehr verfolgt. Angesichts der Ankündigung des Bundes, Immobilien für die Unterbringung von Flüchtlingen an Kommunen rückwirkend zum 1. Januar kostenlos zur Verfügung zu stellen und auch die Instandsetzung zu zahlen (siehe Extra), will die Stadt zunächst weitere sechs der insgesamt 36 Häuserkomplexe mieten. Die Zahl der Asylbewerber, die hier zumindest für die Zeit ihres Anerkennungsverfahrens wohnen sollen, würde sich damit von derzeit 134 auf knapp 250 erhöhen. Weitere acht Gebäude könnten bei Bedarf folgen.
Ob die Stadt das komplette, 68 000 Quadratmeter große Quartier erwerben und neu überplanen wird, soll auch davon abhängen, zu welchen Konditionen der Bund als derzeitiger Eigentümer verkauft. "Wir brauchen in Trier Einfamilienhäuser und Sozialwohnungen", machte Baudezernent Ludwig klar. "Die Bereitstellung für Flüchtlinge sehen wir als Zwischennutzung."Kindergarten nicht gefährdet


Betroffen von den neuen Entwicklungen ist auch der deutsch-französische Kindergarten, dessen großzügige Erweiterung sich nun zumindest verzögern wird. An dessen Bedarf zweifelt auch angesichts der Familienstruktur der Flüchtlinge niemand.
140 Migranten leben seit einigen Wochen im Burgunderviertel. Es gibt bereits viele Kontakte zu Menschen vom Weidengraben und vom Petrisberg. Zwischenmenschliche Probleme gibt es nicht. Vermutlich auch deshalb war am Mittwochabend kein Aufschrei zu hören. Im Gegenteil. Mehrfach wurde der Wunsch geäußert, die Neubürger sollten mit Blick auf eine gelingende Integration doch bitte möglichst lange dort wohnen dürfen.
Ob auch in Filsch, Mariahof und Ehrang mit einer ähnlichen Sachlichkeit diskutiert wird, muss sich zeigen. In dem vom Stadtvorstand noch nicht abschließend diskutierten Aktionsplan sind auf dem Parkplatz beim Gut Mariahof Unterkünfte für bis zu 200 Flüchtlinge vorgesehen. Als Ersatzstandort werden auch Räume der ehemaligen Berufsschule in Trier-Ehrang in Betracht gezogen. "Wir werden in jedem dieser Stadtteile ab Januar mit den Menschen offen diskutieren", verspricht Baudezernent Andreas Ludwig.Meinung

Keine Zeit für Vorurteile
Günstige Wohnungen sind Mangelware in Trier. Die Zuweisung Hunderter Flüchtlinge macht die Situation nicht einfacher und bringt die Verwaltung in Zugzwang. Wie gut erweist sich angesichts dieser Situation der Beschluss des Stadtrates im Frühjahr 2014, dass in Zukunft bei allen Neubaugebieten der Anteil von Sozialwohnungen bei 25 Prozent liegen muss. So kann nun vorübergehend zumindest ein Teil dieser Wohnungen zu Unterkünften für Flüchtlinge umgewidmet werden. Genau das soll in BU 14 auf der Tarforster Höhe bei Filsch passieren. Auch im Burgunderviertel könnten die Flüchtlingsquartiere, sobald sie nicht mehr gebraucht werden, zu Sozialwohnungen aufgerüstet werden. Das Angebot des Bundes, das Trier bereits jetzt die Rückerstattung von 500 000 Euro für die Sanierung und Gebäudemiete im Burgunderviertel ermöglicht, kann eine so hoch verschuldete Stadt nicht ablehnen. Ähnliche Summen erhofft sich der Stadtvorstand auch beim Kaufpreis. Das haben die Anwohner von Weidengraben und Petrisberg verstanden, die mit vorbildlicher Sachlichkeit auf die geänderten Pläne reagieren. Wenn die Verwaltung ihr Versprechen hält und weiterhin mit offenen Karten spielt, sollte sich an diesem kreativen Gesprächsklima nichts ändern. Es wird nicht überall so sein. Das lässt der Shitstorm - die Flut unsachlicher Kommentare - aus Tarforst und Filsch vermuten, der seit Freitag über die Dezernenten hereingebrochen ist. Sie sind Ausdruck der Vorurteile gegenüber Menschen, die so schnell wie möglich integriert werden müssen. Wie das funktioniert, zeigt schon jetzt der Blick ins Burgunderviertel. r.neubert@volksfreund.deExtra

Über die Bereitstellung von Wohnraum für Flüchtlinge muss letztlich der Stadtrat entscheiden. Im Dezember 2014 war es auch Beschluss des Rates, dass die Entwicklungsgesellschaft EGP die Rahmenplanung Belvedere für die ehemalige französische Wohnsiedlung realisieren soll. 220 Wohneinheiten und eine neue Verkehrserschließung sind unter anderem darin vorgesehen. Eine aktuelle Entscheidung des Bundestags stellt das auf den Kopf. Denn die Stadt Trier kann alleine durch die rückwirkend geltende Förderung von Wohnraum für Flüchtlinge 500 000 Euro zurückbekommen. Zudem hat der Bund angekündigt, Immobilien für die Unterbringung von Flüchtlingen zu deutlich vergünstigten Konditionen zu verkaufen. Weil diese noch nicht klar sind, will die Stadtverwaltung nun für ein halbes Jahr mieten und dann über einen Kauf und das weitere Vorgehen entscheiden. r.n.

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