Diskussion um Tankstelle: Bier und Pizza gibt's in Trier rund um die Uhr

Trier · In der Stadt nachts Alkohol kaufen: Das geht laut vielen Fürsprechern für den Erhalt der Ostallee-Tankstelle nur in deren 24-Stunden-Shop. Mittlerweile gibt es in Trier aber auch zwei Nachtlieferdienste, die ihren Service im Netz anbieten.

 Einkaufen nach Ladenschluss: Wer in Trier zu später Stunde noch Getränke oder Lebensmittel kaufen will, steuert meist einen Tankstellen-Shop an.

Einkaufen nach Ladenschluss: Wer in Trier zu später Stunde noch Getränke oder Lebensmittel kaufen will, steuert meist einen Tankstellen-Shop an.

Foto: Klaus Kimmling

Trier. Die Tankstelle in der Ostallee soll dichtgemacht werden: Als das vor drei Wochen bekannt wurde, brach ein Sturm der Entrüstung unter den Trierern aus. Mehr als 4000 Schließungsgegner unterschrieben eine Online-Petition für den Erhalt der "blauen Lagune". In sozialen Netzwerken wie Facebook war hundertfach nachzulesen, warum die Tankstelle nicht schließen darf. Ein häufiges Argument: Sie ist rund um die Uhr geöffnet und somit beliebte Anlaufstelle für Nachtschwärmer, die sich dort mit Getränken und Lebensmitteln eindecken.
Rettung im Ernstfall


"Es ist ein Stück Lebensqualität", schreibt ein Facebook-Nutzer, "wenn wenigstens ein Geschäft in der City nachts geöffnet hat." Bier, Schokolade, Energydrinks, Milch oder Croissants - für all das ist die Tankstelle nach 22 Uhr laut Facebook-Nutzern die rettende Adresse. Nach einer Schließung sieht es derzeit nicht mehr aus, aber falls doch, fordert eine junge Frau im Netz: "Eröffnet einen Spätkauf, der ist in Trier längst überfällig."
Spätkauf, Bude oder Trinkhalle - das sind kleine Läden, die rund um die Uhr Getränke, Tabakwaren, Zeitungen, Süßigkeiten, Lebensmittel und andere Dinge des täglichen Bedarfs verkaufen. Im Ruhrgebiet stehen sie an jeder Ecke. Warum gibt es sie nicht auch in Trier? Das hängt mit historischen Entwicklungen zusammen. Trinkhallen entstanden Mitte des 19. Jahrhunderts während der Industrialisierung. Sie wurden in größeren Städten direkt neben Fabriken und Zechen gebaut, damit die Arbeiter und Bergleute sich stärken konnten - mit Wasser statt mit Alkohol (siehe Hintergrund). Mit der Zeit erweiterten sie ihr Angebot. In Nordrhein-Westfalen kommt den Läden das liberale Ladenöffnungsgesetz entgegen, das den 24-Stunden-Verkauf erlaubt.
Not macht erfinderisch


In der damals wenig industrialisierten Moselstadt haben die Trinkhallen keine Tradition. Supermärkte müssen hier spätestens um 22 Uhr schließen, neben der Aral in der Ostallee gibt es nur eine weitere Tankstelle mit 24-Stunden-Service in der Zurmaienerstraße. Und trotzdem muss nachts in Trier niemand Durst leiden - es gab und gibt Alternativen. Bis vor ein paar Jahren besorgten sich "Insider" ihr Bier zu später Stunde bei "privaten" Verkäufern. Manchem Trierer dürfte die "Klingel" ein Begriff sein. Sie gehörte zu einer Erdgeschoss-Wohnung in der Wechselstraße nahe der Tufa. Wer dort klingelte, fand im Wohnzimmer ein paar von Zigarettendunst umgebene ältere Herren, deren Kühlschrank gut gefüllt war mit Viez, Cola, Sprudel und Bier - 1,50 Mark kostete der halbe Liter Pils.
Die netzaffinen Nachtschwärmer von heute werden im Internet fündig. Gegründet von Trierer Studenten bieten dort zwei Nachtlieferdienste ihren Service an. Wer nachts nicht mehr zur Tankstelle fahren will oder kann, bekommt dort online oder per Telefon donnerstags bis sonntags bis vier Uhr morgens alles für die Heimparty - vom Kasten Bier über Wein, Schnaps, Chips und Schokolade bis zur Tiefkühlpizza. Ein Service, der sozusagen "aus der eigenen Not heraus" entstanden ist, sagt Mario Bepperling, einer der Gründer von "ALK Trier". Seit Mai ist er mit fünf Kollegen nachts unterwegs, es gibt bereits Stammkunden. Studenten, Azubis, ältere Schüler - und einen Koch. "Der hat erst um 23 Uhr Feierabend, wenn die Geschäfte zu sind", berichtet Bepperling. "Deshalb bestellt er regelmäßig Bier und Pizza bei uns." Auch beim Konkurrenten "Bier in Trier" ist die Nachfrage groß. "So ein Dienst hat der Studentenstadt einfach gefehlt", findet Gründer Michael Staudigel. Die meisten Anrufe kommen nach 1 Uhr, und es geht nicht immer nur um Alkohol: "Wir haben auch reine Essensbestellungen."

Extra

Spätkauf nennt man sie in Berlin, die Düsseldorfer sagen Büdchen, Trinkhalle heißen sie im Ruhrgebiet: die kleinen Läden mit 24-Stunden-Betrieb. Ihr Ursprung liegt in den 1860er Jahren, als die Bergleute und Fabrikarbeiter des Ruhrpotts während der Arbeit lieber Schnaps tranken als Leitungswasser. Denn das war ungekocht schädlich für die Gesundheit. Dem um sich greifenden Alkoholismus wollten die Städte aber nicht tatenlos zusehen. Mit Hilfe von Mineralwasserfabrikanten stellten sie die Trinkhallen vor die Zechen. Die Hallen verkauften Mineralwasser und andere alkoholfreie Getränke. In Frankfurt heißen die Buden heute noch Wasserhäuschen. Mit den Jahren wurde das Angebot erweitert, heute sind Bier und Schnaps wieder im Sortiment. Verkauft werden darf rund um die Uhr (Quelle: Wikipedia).

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