Diskussionen unerwünscht

Kommunalpolitik wird zur Insider-Angelegenheit, wichtige Entscheidungen fallen hinter verschlossenen Türen. Die Wahl des Generalmusikdirektors hat diese für Trier typische Diskussion wieder intensiviert.

Trier. Wer als interessierter Trierer dicht dran sein will an der Kommunalpolitik seiner Stadt, hat als einzige regelmäßige Schnittstelle den Stadtrat zur Verfügung. In diesem werden Diskussionsansätze jedoch oft von einem Berg aus Din-A4-Seiten mit vorbereiteten Reden der Fraktionssprecher verschüttet. Die wesentlich interessanteren und kontroversen Debatten bleiben den Ausschüssen vorbehalten, und in diesen ist man oft lieber unter sich. Komplett nicht öffentliche Tagesordnungen wichtiger Ausschüsse sind in Trier ein gewohnter Anblick. Transparenz und Bürgernähe

Die Wahl des neuen Generalmusikdirektors hat die Debatte um die Transparenz und Bürgernähe wichtiger Entscheidungen wieder neu entfacht. Zur Erinnerung: Die Termine für das Probedirigat wurden erst in letzter Sekunde und nur auf gezielte Nachfrage des TV bekannt gegeben. Auch die Namen der Kandidaten wollte die Verwaltung bis zuletzt geheim halten.Was muss, was kann und was darf keinesfalls nicht öffentlich stattfinden? Diese Diskussion ist in Trier nicht neu. Die letzte Eruption fand im Februar 2005 statt, und damals herrschte Konsens (der TV berichtete): Wo eine öffentliche Debatte möglich ist, wolle man sie auch führen. Schließlich gebe es nichts zu verbergen oder zu verschleiern.Ulrich Radmer, Leiter der Kommunalaufsicht bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) stellte jetzt auf Antrag der Grünen dar, wie die Rechtslage aussieht. "Der Grundsatz der Sitzungsöffentlichkeit findet Anwendung, wenn der Stadtrat dem Ausschuss eine Angelegenheit zur abschließenden Entscheidung übertragen hat." Doch auch wenn der Ausschuss Stadtratsbeschlüsse vorbereitet, kann er in Einzelfällen die Öffentlichkeit der Sitzung beschließen. Eine Chance, die seit 2005 trotz aller Beteuerungen, man wolle eine größtmögliche Transparenz, leider nicht zur Regel geworden ist.Die Grünen sind mit Radmers Antwort übrigens überhaupt nicht zufrieden. "Gerade weil der Gesetzgeber ein Schwergewicht auf die Sitzungsöffentlichkeit legt, ist die Nichtöffentlichkeit unserer Ansicht nach nur bei Tagesordnungspunkten vertretbar, die zur Vorbereitung einer Stadtratssitzung dienen und eng umgrenzte Themen wie Personalangelegenheiten beinhalten", betont Uschi Britz.Alle anderen Themen sind nach Ansicht der Grünen öffentlich. Britz: "Nirgendwo in der Gemeindeordnung ist festgelegt, was mit Tagesordnungspunkten geschieht, die weder Vorbereitungen für den Rat sind noch abschließend entscheiden werden." Meinung Diese Neunmalklugen Wenn man eine spontane Umfrage unter Trierer Kommunalpolitikern machen und ihnen die Frage stellen würde, was sie an ihrem Ehrenamt am meisten störe, würden wahrscheinlich einige antworten: "Die Neunmalklugen, die glauben, alles besser zu wissen als wir." Mit anderen Worten: Wähler, die kritische Fragen stellen. Noch schlimmer: Journalisten. Schließt man diese beiden Gruppen aus, herrscht deutlich mehr Gelassenheit. Bleiben wir doch lieber unter uns: Diese Denkweise, und nicht etwa die Gesetzeslage, ist die Basis der nicht öffentlichen Ausschüsse in Trier. Je weniger Zuhörer eine Debatte hat, umso weniger unangenehme Diskussionen sind anschließend zu befürchten - das allerdings ist ein Trugschluss. Denn gerade in Trier hat man inzwischen gelernt, nicht öffentliche Themen mit besonderem Interesse zu verfolgen. j.pistorius@volksfreund.de

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