Diva im Anzug

Mit Ironie, Wehmut und Frivolität zeichnet Chansonnier Tim Fischer in seinem Erfolgsprogramm "Zarah ohne Kleid" ein Bild von der Liebe. Dafür schlüpft er in die Rolle des schwedischen Ufa-Stars mit dem prägnanten "R".

 Stimme, Lidschatten und rote Lippen: Tim Fischer singt Zarah Leander in der Tufa. TV-Foto: Sybille Schönhofen

Stimme, Lidschatten und rote Lippen: Tim Fischer singt Zarah Leander in der Tufa. TV-Foto: Sybille Schönhofen

Trier. (sys) Tim Fischer kommt sehr adrett daher im feinen schwarzen Zwirn, die Haare im akkuraten Kurzhaarschnitt, die Nägel kurz gefeilt. Allein sein Lidschatten und der knallrot geschminkte Mund dienen ihm zur Verwandlung in Zarah Leander. Sein Habitus ist ganz der einer Diva: affektiert, überspannt, überbordend in Gestik und Mienenspiel. Und so reißt er vom ersten Lied an mit humoristischer Lippenakrobatik und gewaltiger Stimme sein Publikum mit.

Tim Fischer singt vor allem Klassiker, aber auch Raritäten aus Zarah Leanders Repertoire sowie Stücke, die ihr nicht zuzuschreiben sind, aber aus der gleichen Schublade stammen könnten. Es geht dabei immer um die Liebe. Naiv, verrucht und frivol gibt sie sich, im zweiten Teil bisweilen auch mal zurückhaltender und in nachdenklichen Tönen.

Makaber-fröhliche Leckerbissen



Fischer touchiert auch Leanders Rolle als Gespielin im Dritten Reich. Als Zarah gesteht er schulterzuckend: "Ich habe es einfach nicht gemerkt, dass ich jeden Morgen mit Goebbels gefrühstückt habe." Persiflierend stellt er den Ufa-Star dar, überzeichnet Zarah Leander in ihrem Ausdruck und treibt das unverkennbare Leander-"R" bis zur Spitze. Das Publikum findet die Figur, die Tim Fischer als Sänger und theatralischer Darsteller auf die Bühne bringt, hinreißend komisch und himmelt den charmanten Sonderling an.

Texte wie "Liebling schieß' mit mir, wir werden schon irgendwen töten" von Georg Kreisler stehen im Gegensatz zur gefällig beschwingten Musik. Schon ans Schauspiel reicht Fischers makaber fröhlich erzählte Geschichte des Russen Stroganoff heran, der den Mann, mit dem seine Frau die Ehe brach, launig filetiert und als Leckerbissen unter die Leute bringt. Ganz im Sinne dieses wüsten Männerbildes besingt Fischer mit einem Stück von Günter Neumann, was moderne Frauen wirklich wollen: "Einen Neandertaler, den ich kämmen kann auf dem Schulterblatt". Daneben stehen Klassiker wie "Kann denn Liebe Sünde sein", "Er heißt Waldemar", "Nur nicht aus Liebe weinen", "Davon geht die Welt nicht unter" und "Yes Sir!", zu denen Pianist Rainer Bielfeldt ihn begleitet.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort