Dolmetscherin für afghanische Flüchtlinge: "Wir versuchen, den Menschen die Angst zu nehmen"

Trier · Auf ein Medley unterschiedlichster Sprachen und Lautklänge trifft man in der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende in Trier. Und manchmal auch auf Fatima Hussaini. Die Studentin übersetzt das vielfältige Vokabular und macht Verständigung möglich.

 Fatima Hussaini möchte die Beziehung zu ihrer Muttersprache Pashto lebendig halten und übersetzt in der Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber. TV-Foto: Kim Henningsen

Fatima Hussaini möchte die Beziehung zu ihrer Muttersprache Pashto lebendig halten und übersetzt in der Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber. TV-Foto: Kim Henningsen

Trier. "Haben Sie heute Nacht geschlafen?", fragt Fatima Hussaini den jungen Mann auf Paschto, der Sprache, die auch als Afghanisch bezeichnet wird. Nein, habe er nicht, die Angst vor den Taliban sei zu groß, ist seine Antwort. Fatima Hussaini übersetzt, und die zuständige Beraterin nickt und bittet: "Sag ihm, dass er hier in Sicherheit ist."
Hier, damit ist Deutschland gemeint. Genauer gesagt die Beratungsstelle für Flüchtlinge der Diakonie und Caritas in Trier. Die 23-jährige Fatima Hussaini engagiert sich bei der Beratungsstelle als Dolmetscherin und Kulturvermittlerin für afghanische Flüchtlinge. Sie übersetzt in die Sprachen Paschto und Dari, die Amtssprachen Afghanistans.
Sie sei glücklich, diese Hilfe leisten zu können, sagt sie, und "mit so geringen Mitteln so viel zu bewirken". Etwa vier Mal im Monat unterstützt die Lehramtsstudentin Flüchtlinge beim Lesen offizieller Schreiben von Ämtern oder bei Arztbesuchen. Sie übersetzt Fragen und begleitet Traumatherapien.
"Wir versuchen, den Menschen die Angst zu nehmen vor diesem großen, unbekannten Land", sagt Fatima Hussaini. Sie erzählt von Sorgen, die einfach zu beruhigen sind: "Viele haben Angst, dass es in der Stadt, in die sie als nächstes kommen, keinen Arzt gibt, weil sie es aus Afghanistan nicht kennen, dass die Erstversorgung überall gewährleistet ist."
Die junge Frau fühlt vieles mit, auch ihre Eltern flüchteten aus dem Land im Mittleren Osten. Und Verwandte, die heute noch in Afghanistan leben, berichten ihr von der instabilen Lage, von Bürgerkrieg und Korruption. Trotzdem sind viele Schicksale auch für Fatima nicht einfach zu bewältigen: "Ich bin ein Sensibelchen", sagt sie. Durch das Engagement werde ihr bewusst, dass "wir im Frieden leben, während es nur einige Ländergrenzen entfernt so anders ist".
Wichtig sei ihr, den Menschen aus dem fernen Land mit Respekt zu begegnen, Sicherheit zu vermitteln, sie zu verstehen und ihnen das Hier verständlich zu machen.
Durch die Sprache Pashto fühlt sich Fatima Hussaini mit Afghanistan verbunden, obwohl sie seit ihrer Geburt in Deutschland lebt.
Die in Schleswig-Holstein aufgewachsene Frau möchte die Beziehung zu ihrer eigenen Muttersprache lebendig halten: "Da ich hier nicht viele afghanische Freunde habe und kaum jemand Paschto spricht, kämpfe ich gegen das Vergessen des Vokabulars." Die Sprache als ein Stück ihrer Identität und Familiengeschichte möchte Fatima Hussaini weitergeben: "Wenn ich mal Kinder habe, sollen sie auf jeden Fall Paschto lernen."Extra

Pashto ist eine Sprache, die in Afghanistan und Pakistan von mehr als 60 Millionen Menschen gesprochen wird. Sie umfasst auch viele persische und arabische Lehnwörter und gehört zu den indoiranischen und indogermanischen Sprachfamilien. Pashto ist eine von zwei Amtssprachen Afghanistans, die Zweite heißt Dari. Sie ist die offizielle Variante des Neupersischen in Afghanistan. red

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