Drei Jahre Gefängnis für Dealer

Trier · Überraschende Wende im Trierer Drogenprozess: Der 45-jährige Angeklagte hat nun doch ein volles Geständnis abgelegt. Die Dritte Große Strafkammer des Landgerichts verurteilte den Trierer für den Handel mit insgesamt neun Kilogramm Amphetamin zu drei Jahren Freiheitsstrafe.

Trier. Der 45-jährige Angeklagte und seine deutlich jüngere Freundin fallen sich in die Arme, beide strahlen übers ganze Gesicht. Und das, obwohl der Trierer gerade zu einer dreijährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden ist. Verkehrte Welt in Saal 66 des Landgerichts?
Nein, denn die große Freude hat einen guten Grund: Der Mann kommt vorläufig auf freien Fuß. Da nach Auffassung des Gerichts keine Fluchtgefahr besteht, hebt die Kammer den Haftbefehl auf. Erst wenn das Urteil rechtskräftig und der 45-Jährige zum Strafantritt geladen wird, muss er zurück ins Gefängnis, wo er bisher sechs Monate lang in Untersuchungshaft saß.
Am Montag hat der Angeklagte noch bestritten, im November 2011 einem Mitglied des Motorradclubs Lobo Saarburg vier Kilo Amphetamin verkauft zu haben (der TV berichtete). Er gestand lediglich den Kauf von fünf Kilo der synthetischen Droge von einem Dealer aus Köln im Juli 2012. Diese Menge hatten Fahnder in seiner Wohnung gefunden.
Am Dienstag räumt der Angeklagte überraschend auch den anderen Deal ein: "Ich habe Amphetamin für 8000 Euro gekauft und für 11 200 Euro weiterverkauft. Die Qualität war gut. Wenn jemand selten konsumiert, war er damit schon heftig unterwegs."
Durch Satellitenüberwachung wies die Kriminalpolizei nach, dass der Abnehmer des Drogenpakets sein Auto fünf Mal in der Straße geparkt hatte, in der der Angeklagte wohnt. Die Freundin des Rockers vom MC Lobo bestätigte, dass sich ihr Freund in der Straße Drogen beschaffte. Trotz dieser und weiterer Hinweise der Ermittler wäre es allerdings schwierig geworden, dem Angeklagten das Drogengeschäft zweifelsfrei nachzuweisen.
Später Sinneswandel


Den späten Sinneswandel bringt offenbar Staatsanwalt Wolfgang Barrot in Gang. Er deutet an, bei seiner Strafforderung ein volles Geständnis erheblich strafmildernd zu berücksichtigen. Das Gericht lässt durchblicken, den Angeklagten möglicherweise auch strittig - das heißt ohne Geständnis - für den Deal zu verurteilen.
Staatsanwalt Barrot fordert schließlich eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten. Verteidiger Christoph Rühlmann verweist darauf, dass sein Mandant einen Neustart anstrebe und professionelle Hilfe in Anspruch nehmen wolle. Der Angeklagte verspricht: "Ich werde an meinem Drogenproblem arbeiten und meine sozialen Kontakte festigen zu Leuten, die nicht im Drogenmilieu sind."
Die Kammer geht bei ihrem Urteil von zwei minder schweren Fällen aus. Das volle Geständnis wertet das Gericht erheblich zugunsten des mehrfach vorbestraften Angeklagten. Zudem sei aufgrund seiner starken Abhängigkeit (er injizierte sich über längere Zeit Kokain) eine verminderte Schuldfähigkeit nicht auszuschließen. 5500 Euro, die Fahnder im Tresor des Angeklagten gefunden haben, werden einbehalten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Das Geständnis stärkt indirekt auch die Anklage gegen den Rocker, dessen Verhandlungstermin noch nicht bekannt ist.
Weitere Gerichtsberichte finden Sie im Internet unter
www.volksfreund.de/gericht
Extra

Laut Urteil liegen die Voraussetzungen des Paragrafen 35 Betäubungsmittelgesetz vor. Dadurch wird Folgendes ermöglicht: Nach der sechsmonatigen U-Haft sitzt der Verurteilte sechs weitere Monate im Gefängnis ab. Dann kann er beantragen, eine Therapie in einer geschlossenen Entzugsklinik zu machen. Schließt er diese erfolgreich ab, kann die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt werden. cus

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