Steuerhinterziehung in Millionenhöhe Drei Jahre und zehn Monate für Trierer Ex-Bordellbetreiber (Update)

Koblenz/Trier · Die vierte große Strafkammer des Landgerichts Koblenz hat einen 48-jährigen ehemaligen Trierer Bordellbetreiber wegen Steuerbetrugs in Millionenhöhe zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt.

Drei Jahre und zehn Monate für Trierer Ex-Bordellbetreiber
Foto: dpa/Uli Deck

Die Bordelle in Trier, Trierweiler und Prüm schienen offenbar so gut zu laufen, dass die Steuerfahnder den Betrag, den der Angeklagte W dem Fiskus von 2009 bis 2012 vorenthalten haben soll, anfangs auf rund 24 Millionen Euro schätzen.

Wie viel W tatsächlich in seinen Etablissements verdiente, war für das Gericht allerdings schwer festzustellen: Der Angeklagte hatte nahezu sämtliche Belege verbrannt. Nach seiner Verhaftung im Mai 2018 hatte W allerdings ein umfangreiches Geständnis abgelegt und bei der Aufklärung des Steuerbetrugs geholfen. Unter anderem legte er Bargeldverstecke offen – ein Tresor, der hinter einem fest eingebauten Tresor verborgen war und ein Versteck unter einer Küchenarbeitsplatte – die die Ermittler bei der Durchsuchung seiner Räumlichkeiten übersehen hatten. Gut 170.000 Euro lagerten darin. 400.000 Euro Bargeld hatten die Behörden zuvor schon beschlagnahmt.

Geständnis, Kooperation mit den Ermittlern und nachträgliche Zahlungen an seine Gläubiger – insbesondere das Finanzamt Trier und die Verbandsgemeindeverwaltungen Trier-Land und Bitburg-Prüm – bewirkten ein relativ mildes Urteil: Die vierte große Strafkammer des für Wirtschaftskriminalität zuständigen Koblenzer Landgerichts verurteilte W am Dienstag zu drei Jahren und zehn Monaten. Ab Steuerhinterziehungen in Höhe von 50.000 Euro sieht der Gesetzgeber Gefängnisstrafen von bis zu zehn Jahren vor. Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung hatten sich allerdings in einer so genannten Verfahrensabsprache darauf verständigt, dass der Angeklagte bei einem voll umfänglichen Geständnis mit maximal vier Jahren und sechs Monaten rechnen muss.

Letztlich blieb das Gericht unter dieser zugesagten Maximalstrafe, was auch damit zu tun hatte, dass W letztlich „nur“ eine Steuerschuld von rund 3,3 Millionen Euro nachgewiesen werden konnte. Die große Differenz zur anfänglichen Schätzung der Fahnder hänge mit zu hoch angesetzten Umsätzen und zu niedrig berechneten Betriebsausgaben zusammen, erläuterte Rechtsanwalt Andreas Ammer. Zudem waren die Verdachtsfälle aus den Jahren 2009 bis 2012 nicht zur Anklage gebracht worden.

Durch das umfängliche Geständnis konnte das Gericht auf die Vernehmung der Strohmänner und -frauen verzichten, die W zur Verschleierung als Geschäftsführer in seinen Betrieben eingesetzt hatte. Zu diesen Strohleuten, die laut Staatsanwaltschaft „gesondert verfolgt“ werden, gehören unter anderem die Ex-Frau des Angeklagten und auch seine Lebensgefährtin.

Als Richter Torsten Bonin das Urteil spricht, ist W keine Regung anzusehen. Der schmale, kleine Mann mit dem rotblonden, schütteren Haar war vor Gericht in Ringelpullover, gebleichten Jeans und Sportschuhen erschienen und gab damit ein Bild weit entfernt vom Klischee einer Rotlichtgröße ab. Sein Mandant entspreche auch sonst nicht dem „gängigen Abziehbild eines Zuhälters oder Bling-Bling-Bordellchefs“, hatte Rechtsanwalt Ammer in seinem Plädoyer betont. Statt mit protzigem Autos sei sein W am liebsten mit seinem Fiat 500 unterwegs gewesen. Ihm seien außer der Steuerhinterziehung zudem keine anderen Delikte vorzuwerfen, keine Übergriffe auf Frauen, keine Zwangsprostitution.

Das letzte Wort vor dem Urteil gehörte dem Angeklagten: „Mir sind meine Fehler bewusst, ich bitte das Gericht um eine Chance, in absehbarer Zeit mein Leben in Freiheit weiterführen zu können“, sagte der 48-Jährige.

Dazu, ob sie das Urteil akzeptieren oder Revision einlegen, wollten sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung am Dienstag nicht konkret äußern.

Der Angeklagte sitzt seit Mai 2018 in Untersuchungshaft. Weil weiterhin Fluchtgefahr bestehe - die Ex-Rotlichtgröße hat immer noch ein Haus in Spanien - soll die Untersuchungshaft nahtlos in den Vollzug der Haftstrafe übergehen, sagte Richter Bonin.

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