Drei Mal ins Wasser gedippt

Trier · Einmal im Jahr ist zu bester Sommerzeit in Trier "Gautschtag". Gautschen bedeutet, die Auszubildenden im grafischen Gewerbe freizusprechen - aber erst nach einem ausgiebigen Ganzkörperbad im kühlen Nass.

Trier. "Das ist ja fast wie Folter", rief ein Zaungast augenzwinkernd in die staunende Menge, die am vergangenen Freitag das Gautschen auf dem Trierer Kornmarkt verfolgte. Tauschen mit den "Delinquenten" wollte aus dem Publikum daher keiner.
In der Tat: Beim grafischen Gewerbe gibt es - wie bei keiner anderen Handwerksinnung - eine Zeremonie am Ende der dreijährigen Ausbildungszeit, die, zumindest ansatzweise, Züge von Folter erkennen lässt. Aus dem Stand packen acht kräftige Männerhände die künftigen Gesellen, um diese mit voller Montur in einen Bottich mit kaltem Wasser zu stecken und bis zu drei Mal inklusive Kopf unterzutauchen.
Mit Badevergnügen à la Südbad habe das überhaupt nichts zu tun, meint der Trierer Bernd Höllen "total erfrischt", nachdem er wassertriefend aus dem Bottich gezogen wird. Ein Blick in die Gesichter der mit ihm leidenden Kornuten lässt erkennen, so ganz geheuer ist keinem von denen, die da auf ihre ganz persönliche Taufzeremonie warten.Kalter, kurzer Kick


Kleiner, wenn auch schwacher Trost: Wenigstens die Außentemperatur stimmte bei der Tortur. "Es war ein kurzer Kick und scheißkalt", bleibt für Lena Schmitz (Strohn) als Gautsch-Erlebnis hängen. "Raus, raus, nur raus!", dachte Lisa Mais aus Müden an der Mosel beim Untertauchen. Der bis ins 16. Jahrhundert zurückgehende Brauch symbolisiert, dass die Auszubildenden so von den Untugenden der Lehrzeit abgewaschen werden.
Gautschmeister Jürgen Nilles lobte das Engagement seines Vorgängers, Ehren-Gautschmeister Wolfgang Raab, der das Gautschen in Trier vor mehr als 30 Jahren wiederbelebte.
Ganz am Schluss traf es mit Christian Reuter (Teamleiter Ausbildung bei der Industrie- und Handelskammer Trier) einen der "Packer", der - ehe er sich es versah - im Bottich landete. Reuter nahm es gelassen: Vor zehn Jahren das erste Mal gegautscht, wird damit mein kleines Jubiläum perfekt." LH

Die Neu-Gesellen und ihre Ausbildungsbetriebe:
Manuel Anghel, Trier (Werbeagentur Ringel & Partner, Trier); Fabian Valentin Brinkmann, Nastätten (Europäisches Berufsbildungswerk, Bitburg); Denise Buch, Anna-Maria Eilenberg, Trier (Mehrdad Sade, Trier); Sascha Flick, Mülheim/Mosel (Johnen-Druck, Bernkastel-Kues); Pascal Gans, Trier (MeadWestvaco Enterprises Trier); Johanna Gerhard, Landscheid (Druckerei Nilles Trittenheim); Daniela Harings; Martina Henrichs, Reil (Verlag + Druck Linus Wittich, Föhren); Bernd Höllen, Trier (Jürgen Brech, Trier); David Jochum, Breitenthal (Papier Mettler, Morbach); Christopher Kienitz, Veldenz (Krämer Druck, Bernkastel-Kues); Markus Kilens, Hillesheim (Konzept 92, Gerolstein); Billy Klein, Wincheringen (Made 4 You, Wellenstein); Lisa Mais, Müden/Mosel (brandtec, Trier); Florian Müller, Hosten (repro-team Trier); Lena Müllers, Kinheim (Fotostudio Becker-Werbung, Enkirch); Ann-Kathrin Neese, Dhronecken (Josef Nikolaus Schmitt, Wadern); Marco Niemann, Traben-Trarbach (CDW Color-Druck, Wittlich); Vitale Pecoraro, Enkirch (Design Studio - Werbeagentur Eiring, Wittlich); Carolin Peters, Brandscheid (Manfred Anders Druckerei, Prüm); Sven Schanz, Traben-Trarbach (MM Packaging Caesar, Traben-Trarbach); Lena Schmitz, Strohn (Caritas Werkstätten, Ulmen); Laura Isabel Schneider, Starkenburg (ComCept, Bernkastel-Kues); Manuel Schneider, Mehring (Uwe Klein, Riol); Philipp Schütz, Schweich (Nikolaus Bastian Druck und Verlag, Föhren); Saskia Spieler, Trier (Bernhard Schmekies, Konz); Jonathan Szelinski, Trier (MM Graphia Trier); Robin Traut, Hetzerath (Druckhaus Wittich, Föhren); Lea Weides, Idenheim (BOB-Agentur für Grafik und Design, Trier); Martin Brenner, Trier, Sarah Dellwo, Trier (beide Buchbinderei Mohr, Trier); Anna Lorscheter, Trier (Buchbinderei Schwind, Trier), Magnus Quiering, Wasserliesch (Repro-Team Trier).

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