Echte Knochenarbeit

TRIER. Die Voraussetzungen waren nicht günstig für den Wahlkampf um den Sessel des Stadtoberhaupts: Zwei ermüdende Bundes- und Landtagswahlschlachten seit letzten Herbst, Hitzewelle im Juni, danach die großen Ferien. Erst am Ende nahmen die Trierer wahr, welch wichtige Entscheidung am Sonntag auf sie wartet.

An den Kandidaten lag der schleppende Wahlkampf-Start sicher nicht. Bereits im Mai starteten sie die Knochenmühle OB-Wahlkampf. Straße für Straße klapperten sie die Stadtteile ab, stets im Dialog mit den mehr oder weniger präsenten Bürgern. "Aktion 906" hieß das bei Klaus Jensen, benannt nach der Anzahl der Trierer Straßen. Ulrich Holkenbrink taufte das Kind "Dialog 100", nach der Zahl der geplanten Gespräche. Der CDU-Kandidat nutzte darüber hinaus die großzügigen Freiräume, die ihm der amtierende OB und seine Stadtvorstands-Kollegen bei der Wahrnehmung repräsentativer Aufgaben einräumten. Kontrahent Jensen konterte, indem er öffentlichkeitswirksame Termine an der Seite seiner Ehefrau, Sozialministerin Malu Dreyer, wahrnahm. Die Verbindung Jensen/Dreyer nutzte die CDU, um vermittels einer dubiosen Umfrage Stimmung gegen das Polit-Promi-Paar zu machen. Als das ziemlich schlecht ankam, verschwand die Studie von einem Tag auf den anderen in der Schublade. Das Thema aber waberte weiter durch den Wahlkampf, in Verbindung mit dem für Jensen schwer vermittelbaren Status eines unabhängigen, aber gleichwohl der SPD angehörenden Kandidaten. Ein Thema, das das Holkenbrink-Umfeld genüsslich ausschlachtete. Bis Jensen zu einer Gegenstrategie griff und die gute Verbindung nach Mainz und vor allem zu Ministerpräsident Kurt Beck als möglichen Vorteil für Trier präsentierte. Am Ende reisten Beck und Grünen-Chef Bütikofer sogar zu einer Jensen-Wahlkundgebung an, was die Christdemokraten eher säuerlich quittierten. Attestierte die CDU Jensen Glaubwürdigkeits-Probleme, hielt wiederum die Jensen-Truppe dem Gegenkandidaten Feigheit vor dem Feind vor, weil der sich über lange Zeit direkten Auseinandersetzungen mit seinem Kontrahenten entzog. Nachdem Holkenbrinks "Nur ohne Jensen"-Linie bei einflussreichen Einladern wie den Kammern und Wirtschaftsverbänden, aber auch Umwelt- und Stadtentwicklungs-Initiativen auf reichlich Ärger gestoßen war, gab es im letzten Wahlkampf-Drittel doch mehrere zumindest halböffentliche Zusammentreffen. Höhepunkt war der langfristig mit den Bewerbern vereinbarte "Showdown" beim TV-OB-Forum im Theater vor einer Rekordkulisse von 800 Bürgern. Eine Premiere gab's auch im Internet mit den TV-Kandidaten-Weblogs, die rund 20 000 Zugriffe verzeichneten.Wahlkampf insgesamt ruhig und sachlich

Unterm Strich war es ein ruhiger, von beiden Kandidaten sachlich geführter Wahlkampf. Für Irritationen sorgte eine Attacke der Kreishandwerkerschaft auf den vermeintlichen "Job-Killer" Jensen, die aber selbst in eigenen Kreisen als verunglückt eingestuft wurde. Bisweilen kursierten skurrile Gerüchte wie jene, dass Jensen bei einem Wahlsieg das Theater schließen wolle oder dass Holkenbrink als OB nach einem Mainzer CDU-Spitzenamt streben werde. Eher kurios auch andere Randerscheinungen: Die kultigen Wahl-Umfragen im Sender Antenne West, die Anzeigen ganzer Dynastien des Modehauses Marx (Langjähriger Slogan: "Die Dicken zu uns") für Ulrich Holkenbrink und das familiäre Engagement der Ehefrau des zu Neutralität verpflichteten UBM-Chefs Manfred Maximini für den CDU-Kandidaten. Ernsthaft ärgerlich war der wilde Vandalismus, der sich an den Wahlplakaten austobte. Teilweise waren die Groß-Tafeln flächendeckend verschandelt worden, was beide Kandidaten zu kostspieligen Reparaturarbeiten zwang. (DiL)

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