Ehemalige Firmen-Immobilie in Kenn wird Flüchtlingsherberge

Kenn/Bekond · Erstmals hat der Landkreis eine Immobilie gekauft, um sie als Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge zu nutzen. Im ehemaligen Dachdeckereinkauf (DEG) in Kenn sollen bis Ende Januar 100 bis 150 Asylbewerber unterkommen.

 Das ehemalige Verwaltungsgebäude des Dachdeckereinkaufs mit Lagerhalle in Kenn wird zur Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge umfunktioniert. TV-Foto: Albert Follmann

Das ehemalige Verwaltungsgebäude des Dachdeckereinkaufs mit Lagerhalle in Kenn wird zur Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge umfunktioniert. TV-Foto: Albert Follmann

Foto: (h_tl )

Kenn/Bekond. Die Gerüchteküche kochte in Kenn. 500 Flüchtlinge kämen in den Ort, wurde schon gemutmaßt. Jemand befürchte, seine leerstehende Wohnung werde konfisziert. Nichts davon ist wahr. Eine Bürgerversammlung am Dienstagabend in der Mehrzweckhalle mit rund 250 Besuchern brachte Licht ins Dunkel: 100 bis 150 Asylbewerber werden auf dem Firmengelände des ehemaligen Dachdeckereinkaufs am Kenner Haus untergebracht, teilweise in Containern auf dem Hof, teilweise in dem zweigeschossigen Verwaltungsgebäude.
Der Kreis habe die Immobilie gekauft, sagte Joachim Christmann, Fachbereichsleiter Soziales bei der Kreisverwaltung. Die ersten Bewohner sollen im Dezember kommen, Ende Januar sollen die Container bezugsfertig sein. Im Erdgeschoss ist unter anderem ein Schlafsaal vorgesehen, eine Küche und ein Büroraum für einen Sozialarbeiter. Im Obergeschoss werden Zimmer für Familien eingerichtet. Die angrenzende Lagerhalle dient dem Kreis und dem Caritasverband als Logistikzentrum, zur Unterbringung von Möbeln und als Bettenlager.
Bernhard Jocher, Caritasverband Trier, erläuterte das Betreuungskonzept. Danach soll es neben einem Sozialarbeiter und einem Hauswart auch Ehrenamtsbegleiter in der Kenner Einrichtung geben. Sie sollen helfen, die Asylbewerber mit Dingen des alltäglichen Lebens in der neuen Umgebung vertraut zu machen. Einige Bürger trugen sich bereits in eine Helferliste ein. Jocher empfahl, einen Helferkreis zu gründen. Interessierte könnten auch Schulungen in Schweich besuchen.
Auf Nachfrage aus dem Publikum, wer denn außerhalb der Dienstzeiten des Sozialarbeiters nach dem rechten schaue, ergriff Bürgermeisterin Christiane Horsch (VG Schweich) das Wort. "Diese Menschen brauchen kein Hausmädchen und keinen Aufpasser. Sie können sich ganz gut selbst organisieren." In den Einrichtungen in Leiwen und Bekond (siehe Extra) laufe das hervorragend.
Positive Erfahrungen mit Flüchtlingen hat auch Hausarzt Dr. Peter-Franz Spürk aus Kenn gemacht. Er hat unter anderem in der Trierer Aufnahmeeinrichtung in der Dasbachstraße Kranke versorgt: "Die Menschen sind außerordentlich dankbar, es ist ein angenehmes Miteinander." Spürk regte an, an der viel befahrenen Straße Richtung Ruwer einen Zebrastreifen anzubringen, weil das Fußgängeraufkommen durch die Flüchtlinge steige.
Was den Sicherheitsaspekt angeht, konnte Harald Licht, Leiter der Polizeiinspektion Schweich, einige Bedenken zerstreuen. "Vollkommen unauffällig" seien die Flüchtlinge bisher in den Sammelunterkünften, sagte Licht. Es sei keine Zunahme von Delikten wie Ladendiebstähle oder Körperverletzungen zu beobachten. In den allermeisten Fällen verlaufe die Integration vor Ort reibungslos. Dennoch setze man auf mehr Polizeipräsenz. Im Raum Trier sind laut Licht sieben zusätzliche Streifen von der Bereitschaftspolizei im Einsatz.
Woher kommen sie, was sind das für Menschen, wie alt sind sie? Da noch nicht feststeht, wer der Kenner Einrichtung zugewiesen wird, konnten diese Fragen naturgemäß noch nicht befriedigend beantwortet werden. Erfahrungsgemäß seien etwa die Hälfte der Flüchtlinge alleinreisende Männer, hieß es, zumeist im Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Die meisten Asylsuchenden kämen aus Syrien und Afghanistan.
Dass die Dorfgemeinschaft dieser "Herausforderung" gewachsen ist, davon ist Ortsbürgermeister Rainer Müller fest überzeugt: "Gemeinsam stemmen wir das."Extra

In den vergangenen Wochen haben 26 Flüchtlinge Zimmer im Brunnenhof in Bekond (Verbandsgemeinde Schweich) bezogen. Untergebracht sind in dem ehemaligen Hotel auch zwei Familien. Die Betreuung hat der Caritasverband übernommen. Einige Bekonder haben bereits ihre Dienste als ehrenamtliche Helfer angeboten. Die Gemeinde will regelmäßige Treffen organisieren, um die Flüchtlingshilfe zu koordinieren. Auch eine Sammelaktion für Gebrauchsgegenstände und Kleidung ist geplant. Im Brunnenhof will der Kreis insgesamt rund 50 Flüchtlinge unterbringen. alf

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