Ein blaues Band für Leiwen

Leiwen · Derzeit wird der Schantelbach in Leiwen renaturiert. Weil das Gewässer mitten durch den Ort fließt, sind viele Grundstückseigentümer durch bauliche Eingriffe betroffen. In der Regel müssen sie auch Flächen abgeben. Anfangs waren die Vorbehalte groß, mittlerweile wird das Millionenprojekt weitgehend akzeptiert.

Leiwen. Zähneknirschend habe er mittlerweile seine Zustimmung erteilt, sagt Herbert Groh aus der Leiwener Mühlenstraße. Nicht, dass er gegen die Freilegung des Schantelbaches wäre, der unterirdisch zwischen seinem Wohnhaus und der väterlichen Drechslerwerkstatt verläuft. "Es ist eine sinnvolle Sache und es werden Missstände beseitigt", sagt Groh. Was er jedoch kritisiert, ist der "Umgangston mit den Leuten" und dass nichts gegen Unrat oder wild lagernde Weinbergspfähle am Oberlauf des Schantelbachs außerhalb des Ortes unternommen wird. Was nützten die ganzen Anstrengungen einer Renaturierung, meint der Anwohner, wenn der Bach dann doch beim ersten größeren Starkregen durch Ablagerungen blockiert werde und über die Ufer trete.Eine Million Euro


Auf rund eine Million Euro werden die Kosten für das Leiwener Naturschutzprojekt geschätzt. Der Oberlauf des Schantelbachs, von "Dreilbrück" bis hinter die Tennisplätze, ist bereits nach den Vorgaben der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord in einen naturnahen Zustand zurückversetzt worden. Der schwierigste Teil des Projekts steht aber noch bevor: die teilweise zubetonierten und verrohrten Abschnitte im Ort bis zur Mündung in die Mosel am Festplatz sollen offengelegt werden. "Das ist noch Zukunftsmusik, hier werden wir noch eingehende Gespräche mit den Anliegern und der Gemeinde führen", sagt Armin Kopp von der Bauabteilung der Verbandsgemeinde.
Zu 90 Prozent fördert das Land die Maßnahme über seine "Aktion Blau", zehn Prozent der Kosten übernimmt die Verbandsgemeinde (VG) Schweich. Mainz greift auf Einnahmen aus der Abwasserabgabe zurück. Das sind Gelder, die Kommunen für die Einleitung ihrer bereits geklärten Abwässer in Flüsse oder Bäche entrichten müssen. Je höher der Restschmutzgrad ist, desto höher ist die Abgabe. Zweckgebunden wird das Geld also wieder für die Renaturierung von Bächen eingesetzt. Die VG Schweich hat diese großzügige Landesförderung bereits beim Föhrenbach und dem Fellerbach in Anspruch genommen (der TV berichtete), und möchte es auch beim Kahlenbach (Bekond) dem Geischbach (Kenn) und dem Lehmbach (Schweich) tun. Immer wieder sind dort bei Unwettern große Schäden eingetreten (der TV berichtete).Uferbereiche neu bepflanzt


Planer Elmar Gatzen vom Büro Hömme (Pölich) ist neben Armin Kopp der Ansprechpartner für die Anwohner. "Anfangs stieß das Vorhaben, den Schantelbach zu renaturieren, auf große Vorbehalte", sagt Gatzen, aber mittlerweile ist die Akzeptanz viel größer geworden." Nichts werde gegen den Willen der Anwohner unternommen, ergänzt Armin Kopp. Man setze auf Kooperation. Dass Kritiker nach und nach eingelenkt haben, führen Gatzen und Kopp darauf zurück, dass jeder die positiven Ergebnisse des ersten Bauabschnitts vor Augen hat. Nun könnten die Betroffenen eher einschätzen, was sie erwartet - nämlich, dass sie nicht nur Land für den Bach und die rund vier Meter breiten und neu bepflanzten Uferbereiche abstellen sollen, sondern dass ihr Grundstück durch den idyllischen Bachlauf auch optisch aufgewertet wird.Naturstein statt Beton


Der freie Korridor für den Schantelbach und der Bau von Natursteinmauern anstatt der früheren Betonmauern sei eine Vorgabe der SGD, sagt Armin Kopp. Das gelte auch für die Bepflanzung, wobei hier die Anwohner aus einem Angebotskatalog mit auswählen könnten. Klar sei auch, dass der Schantelbach später durch kein Rohr mehr fließen soll. Für die Unterhaltung sei die VG zuständig. Kopp: "Das wird nicht wie auf dem Golfplatz werden, wir wollen der Natur möglichst freien Lauf lassen. Andererseits sollen aber auch durch den Bewuchs keine Schäden auf den Grundstücken entstehen."
Bis auf einige Scheunen oder Garagen seien keine größeren Abrisse nötig. So wird auch Grohs Werkstatt nicht angetastet, sie liegt unmittelbar neben dem Bach. Allerdings wird er einen Teil seines Holzlagerplatzes opfern müssen. Zugesichert wurde ihm eine Brücke als Zugangsmöglichkeit zum Lager.
Meinung

Die Wogen haben sich geglättet
Wie andere Gemeinden zuvor, wird auch Leiwen von der Bachfreilegung enorm profitieren. Es ist ja nicht alleine die schöne Optik des von Beton und Rohren befreiten Schantelbachs, die auch und gerade einem Fremdenverkehrsort wie Leiwen gut zu Gesicht steht, noch wichtiger ist die Bannung der Hochwassergefahr. Dass der ein oder andere Anwohner Probleme damit hat, Arbeiter und schwere Baumaschinen auf Hof und Garten zu lassen und einige Quadratmeter seines Grundstücks zu opfern, ist nachvollziehbar. In den Nachkriegsjahren wurden Mauern am Bach hochgezogen, um möglichst viel Nutzgarten zu gewinnen. Da gab es andere Prioritäten als naturnah daherplätschernde Bächlein. Heute haben sich die Prioritäten verschoben, was man ja auch daran erkennt, dass das Land im Rahmen seiner "Aktion Blau" 90 Prozent Fördermittel gibt. Das ist gut angelegtes Geld. Und in Leiwen haben sich wie man hört die anfänglichen Wogen der Empörung auch schon gelegt. Vor allem die jüngeren Familien hätten noch am liebsten, dass der Schantelbach noch einen Schlenker durch ihren Garten macht. So ändern sich die Zeiten. a.follmann@volksfreund.de

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