Ein Dorf auf der Suche nach seiner Zukunft

Aach · Aach mag zwar einzigartig sein. Doch die Probleme, vor denen die Gemeinde steht, gleichen denen in vielen anderen Orten. Soziologen der Universität Trier haben die Bürger befragt. Die Antworten zeigen, wo den Menschen der Schuh drückt. Und was sie nicht mehr interessiert.

 Der Weiherplatz in Aach ist derzeit nur ein verwildertes Gelände. Die Aacher würden ihn gerne umgestalten. Das durften sie bisher nicht. Nun sollen Studenten Vorschläge machen. TV-Foto: Harald Jansen

Der Weiherplatz in Aach ist derzeit nur ein verwildertes Gelände. Die Aacher würden ihn gerne umgestalten. Das durften sie bisher nicht. Nun sollen Studenten Vorschläge machen. TV-Foto: Harald Jansen

Aach. Ein wenig Aach steckt in vielen anderen Gemeinden. Die Einwohner sind im Grunde genommen zufrieden mit ihrem Leben und der Dorfgemeinschaft. Doch still und leise werden die althergebrachten Bindungen schwächer. Sei es die Bindung an die Kirche, an Vereine oder einfach nur an die Nachbarschaft. Das ist eines der Ergebnisse der Feldforschung von Soziologen der Universität Trier. Die sind seit Monaten in der Gemeinde unterwegs, um mit Fragebögen und Gesprächen das komplexe Gebilde namens Dorfgemeinschaft zu verstehen.
Doch das Team um die Professoren Waldemar Vogelgesang und Rüdiger Jacob hat sich mehr vorgenommen, als nur den Ist-Zustand darzustellen. Die Wissenschaftler haben gemeinsam mit engagierten Aachern Projekte ausgemacht, die das Dorf zukunftsfähig machen könnten. Ganz oben auf der Wunschliste der Befragten steht ein Vorhaben, über das jüngst auch die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung berichtet hat: der Weiherplatz. Das verwilderte Gelände unweit der Dorfmitte wollten die Bürger eigentlich in einen Ort der Begegnung verwandeln. Und mit ersten Arbeiten hatten sie auch schon begonnen. Damit war dann Schluss, als nach Auskunft von Ortsbürgermeister Ralf Kierspel Behörden mit dem Verweis auf Genehmigungen für ein jähes Ende des Bürgerengagements sorgten.
Nun soll die Hochschule Trier für neuen Schwung sorgen. Professor Matthias Sieveke will von Studenten im Wintersemester Entwürfe für einen neuen Weiherplatz entwerfen lassen. Dies hat Professor Vogelgesang bei der Präsentation der Ergebnisse der Studie "Leben in Aach" vor knapp 100 Bürgern bekanntgegeben. Es gibt jedoch im Ort auch eine Baustelle, für die selbst Hochschul-Studierende keine Patentlösung erdenken können. Wie in so vielen anderen Dörfern auch gibt es schon lange keinen Pfarrer mehr in Aach.
Inzwischen gehört der Ort zu einer größeren Pfarreiengemeinschaft. Die Bindungen zur Kirche nehmen als Konsequenz ab. Professor Jacob: "Der Pfarrer verwandelt sich immer mehr vom Seelsorger zum Ritualdienstleister." Ein Großteil der Befragten gehe zwar noch zum Gottesdienst. Doch oft beschränkt sich das nach Erkenntnis der Soziologen auf die hohen Festtage. Ein weiteres Ergebnis der Umfrage passt da ins Bild. Die Dorfgemeinschaft zerfällt in lebensstilbezogene Teilgemeinschaften, sagt Professor Vogelgesang. Die Kirmes ist kein Fest mehr, zu dem man gehen muss. Die Kappensitzung ist kein Pflichttermin mehr. Stattdessen engagieren die Menschen sich lieber für einzelne Projekte. Oder gar nicht. "30 Prozent der Einwohner haben gar kein Interesse, sich in die Dorfgemeinschaft zu integrieren. Nicht nur in Aach", sagt Soziologe Jacob. Er und sein Professorenkollege sind sich einig, dass Aach vor großen Herausforderungen steht. "Dafür braucht es einen Bürgermeister als festen Ansprechpartner", sagt Vogelgesang. Wie in vielen anderen Orten fehlt der auch. Denn der bisherige Amtsinhaber Ralf Kierspel führt nur noch die Geschäfte, weil sich bisher kein Nachfolger findet.
Extra

Projekte: Die Ergebnisse der Studie "Leben in Aach" sind nicht endgültig ausgewertet. Doch schon stehen Vorhaben fest, die umgesetzt werden sollen. Das sind unter anderem: Gestaltung Weiherplatz, Attraktivierung Wanderwegenetz, Vernetzung Haus auf dem Wehrborn mit Aach, Reaktivierung Jugendtreff, Gründung Heimatmuseum, neue Willkommenskultur für Neubürger. har

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