Ein Dorf mit starkem Wir-Gefühl

Trier-Euren · Seit 1929 gehört Herresthal politisch gesehen zu Euren. Erstmals erwähnt wurde der kleine Ort jedoch bereits im Mittelalter. So drängt sich die Frage auf: Verstehen sich die Herresthaler nun als eigenständige Gemeinde, als Teil von Euren oder gar zu mehreren umliegenden Gemeinden gehörig? Der TV hat sich im Ort umgehört.

Trier-Euren. 1977 hat Jutta Kuhn (TV-Fotos (6): David Fuchs), 57 Jahre alt, aus der Stadt "nach Herresthal geheiratet". Sie war überrascht und froh, "dass ich so schnell in die Dorfgemeinschaft aufgenommen wurde. Besonders an Herresthal ist der Zusammenhalt der Menschen". Damit scheint für sie klar zu sein, dass der Ort mit seinem Zusammengehörigkeitsgefühl eine eigene kleine Gemeinde bildet.
Auch der 64-jährige Hans Burg wohnt nicht sein Leben lang in Herresthal. Zwar ist er hier aufgewachsen, doch mit 17 habe er einige Zeit in Köln gelebt. Auf die Frage nach dem besonderen Status von Herresthal antwortet der Mann: "Zwar fühlt man sich manchmal, als gehöre man überall und nirgends dazu, aber genau das stärkt unseren Zusammenhalt im Ort." Also macht auch für ihn das gute Verhältnis der Menschen untereinander die Eigenständigkeit der Ortschaft aus.
Eine Frau, die wissen muss, wovon sie spricht, wenn sie Auskunft über das Verhältnis der Herresthaler zu Euren gibt, ist Annemarie Funk. Die 59-Jährige kommt gebürtig aus Herresthal, hatte allerdings vier Jahre eine Wohnung in Euren. "Ich bin und bleibe eine Herresthalerin mit Leib und Seele und habe eigentlich nur zum Arbeiten in Euren gewohnt." Auch sie sieht die besondere Stellung Herresthals positiv: "So bekommt man die Möglichkeit, andere Leute kennenzulernen, zum Beispiel über den Kindergarten und die Schule in Zewen."
Früher war der Kindergarten in Euren, die Schule hingegen in Zewen. So war schon bei den ganz jungen Herresthalern die Flexibilität und Offenheit nötig, durch die sich die Dorfgemeinde auszeichnet.
Sandra Burg, 37 Jahre alt, hat diesen Wechsel von Euren nach Zewen noch mitgemacht. Wenn sie erzählt, dass sie Freunde in Euren habe und auch dort arbeite, aber das Dorf, seine Natur und Menschen schätze, so scheint sie ein Paradebeispiel für die Herresthaler Offenheit. Dabei sieht auch sie den Ort als etwas Eigenständiges an.
"Wir freuen uns über den Kontakt mit anderen, laufen aber auch keinem hinterher." So fasst Jörg Funk das Herresthaler Selbstbewusstsein zusammen. Der 25-Jährige ist Mitglied im Ortsbeirat, Schriftführer des Kulturkreises Herresthal und Beisitzer der örtlichen Feuerwehr. Das Engagement des jungen Mannes drückt eine tiefe Wertschätzung für die eigene Dorfgemeinschaft aus. Auch in dieser Generation wird Herresthal also als autonomer Ort wahrgenommen.
In diesem Sinne ist auch das Motto von Heinz Kuhn zu verstehen: "Frage nicht ,Was tut dein Dorf für dich?\', sondern ,Was kann ich für das Dorf tun?\'." Der Stolz auf Herresthal und seine eigenständige Gemeinschaft ist in der Aussage des 62-Jährigen unverkennbar.
Dass auch die jungen Menschen den engen Zusammenhalt schätzen, bestätigt Thomas Funk mit seiner Aussage: "Ich habe durchweg positive Erfahrungen mit der Dorfgemeinschaft und der engen Bindung der Leute untereinander gemacht." Im Zentrum des Selbstverständnisses der Herresthaler steht also das menschliche Miteinander, nicht die verwaltungspolitische Zugehörigkeit. Das hat sich in der kleinen Ortschaft ja auch fast 800 Jahre lang entwickeln können.Extra

Herresthal liegt mit seinen 168 Einwohnern auf der Hochfläche oberhalb des Hospitienwaldes, etwa drei Kilometer westlich von Euren. Erstmals erwähnt wurde der Eurener Ortsteil als kleine Schäferei in einer mittelalterlichen Schrift der Abtei St. Matthias. 1929 wurde Herresthal dann nach Euren eingemeindet, nachdem es seit 1803 zur Gemeinde Trierweiler gehört hatte. In der Folge des 750-jährigen Jubiläums gründete sich im Jahr 1998 der Kulturkreis Herresthal, der auch das alljährliche Pfingstfest ausrichtet.

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