Ein Koffer voller Geräusche

Waldrach · Aufmerksam zuhören statt passiv mit den Ohren wahrnehmen, bestimmte akustische Nachrichten aus vielen anderen herausfiltern, Hörmedien kennenlernen, aktiv nutzen und sogar selbst produzieren: Seit Anfang November setzt die Ruwertalschule fächerübergreifend einen sogenannten Ohrenspitzkoffer im Unterricht ein.

 Lina und Anna spielen Geräusche-Memory am Laptop. Ein Pärchen bilden sie etwa aus dem Bild „Spuren im Schnee“ und dem knirschenden Geräusch, das beim Laufen unter den Schuhsohlen entsteht. Mit im Bild ist Lehrer Michael Elsner. TV-Foto: Anja Fait

Lina und Anna spielen Geräusche-Memory am Laptop. Ein Pärchen bilden sie etwa aus dem Bild „Spuren im Schnee“ und dem knirschenden Geräusch, das beim Laufen unter den Schuhsohlen entsteht. Mit im Bild ist Lehrer Michael Elsner. TV-Foto: Anja Fait

Waldrach. Gleich zu Beginn der Stunde ist es ganz still in der Klasse 2b von Lehrer Michael Elsner (33). Alle Kinder haben sich auf Sitzkissen vor den in Hufeisenform aufgestellten Tischen niedergelassen. Mit im Kreis sitzt der Pädagoge, der den Sieben- und Achtjährigen jetzt insgesamt 14 kleine Kästchen präsentiert, die mit unterschiedlichen Materialien gefüllt sind: Reste vom Bleistiftspitzen, ungeschälte Haselnüsse, Streichhölzer, Rindenmulch und andere Gegenstände. In 14 weiteren kleinen Kästchen, dieses Mal sind es Bonbonboxen aus Metall, befinden sich die gleichen Materialien. Diese Bonbonboxen sind allerdings undurchsichtig und zuvor mit einem Klebestreifen verschlossen worden. Wenn man sie schüttelt, macht der Inhalt ein Geräusch. Allein durch genaues Hinhören sollen die Kinder jetzt herausfinden, welche der zuvor gezeigten Materialien sich in welcher der Boxen befinden. Michael Elsner gibt den Mädchen und Jungen einen Tipp: "Hört genau hin. Wenn ihr die Box von links nach rechts schüttelt, hört es sich anders an, als wenn ihr oben draufdrückt und sie von oben nach unten bewegt." Nach 20 Minuten Schütteln, Horchen und Raten in Zweiergruppen gibt es die Auflösung. Lina und Mara (beide 7) sind stolz auf sich, ihnen ist es sogar gelungen, den Zucker vom Sand zu unterscheiden. "Am allereinfachsten waren der Rindenmulch und die Bonbons", sagen die beiden. Auch ein eigenes Hörspiel hat die Klasse an diesem Morgen aufgenommen. Dazu wurde das vom Lehrer vorgelesene Gruselgedicht mit den passenden Geräuschen unterlegt. Rasselnde Metallketten simulierten etwa die Anwesenheit von Gespenstern, aneinander geriebene Winter jacken entwickelten sich zu "eiskalten Gewändern" und das Pusten über die Panflöte wurde zur "unheimlichen Nacht". Hintergrund dieser Art von Unterricht ist eine Fortbildungsveranstaltung der Stiftung Medienkompetenz Forum Südwest, an der Tanja Duensing (41) vom Waldracher Lehrerkollegium teilgenommen hat. Danach wurde der Ruwertalschule ein sogenannter Ohrenspitzerkoffer ausgehändigt, der unter anderem mit umfangreicher Lernsoftware, sowie Anregungen und Praxistipps zu verschiedenen Hörmedien gefüllt ist. Zum Einsatz kommen soll der Koffer, um die Kinder weg von einer rein passiven Hörwahrnehmung und hin zum richtigen Zuhören zu führen. Tanja Duensing ist von den positiven Auswirkungen des Koffers vor allem auf den Schreiblerneffekt überzeugt. Auch Primarstufenleiterin Ursel Steuer (42) freut sich über diesen Koffer voller Geräusche. "Den Ohrenspitzer gibt es nur an sechs Schulen in ganz Rheinland-Pfalz. Die Kinder sind motiviert und da für jeden etwas dabei ist, werden wir ihn jetzt auch fächerübergreifend einsetzen", sagt sie. www.ohrenspitzer.de

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