Ein Kraftwerk wird zur Kostenfalle

Trier/Hamm · Verabschieden sich die Stadtwerke von ihrer verlustbringenden Beteiligung an einem Steinkohlekraftwerk in Hamm? Nach TV-Informationen scheint ein Ausstieg der SWT aus dem Projekt Gekko immer wahrscheinlicher. Die Stadtwerke Münster schrieben bereits einen Großteil ihrer Beteiligung ab. Auch beim Trierer Versorger belastet das RWE-Kraftwerk das Geschäftsergebnis.

Ein Kraftwerk wird zur Kostenfalle
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Trier/Hamm. Es liege ein gültiger Beschluss des Stadtrats vor, erklärt Daniela van der Pütten von den Stadtwerken Münster. Deshalb müsse ihr Unternehmen die gesamte Beteiligung am Gemeinschaftskohlekraftwerk in Hamm verkaufen. Dann bestätigt die Sprecherin: "In der Bilanz 2014 haben wir den Wert unseres Anteils an Gekko korrigiert, da wir davon ausgehen, bei einem Verkauf des Anteils voraussichtlich nur einen Teil der ursprünglich gezahlten Summe zurückzuerhalten." Die Stadtwerke Münster sind bislang mit 40 Millionen Euro an dem Projekt beteiligt. Noch.
Verglichen mit den Münsteranern nimmt sich die Beteiligung der hiesigen Stadtwerke bescheidener aus, doch auch für die SWT geht es um eine Menge Geld: Rund 13 Millionen Euro brachten die Trierer als verzinstes Darlehen (siehe Extra) in das Projekt unter Federführung der RWE Power AG mit ein. Gekko steht für Gemeinschaftskraftwerk Steinkohle Hamm GmbH & Co. KG. Im Gegenzug verpflichteten sich die Stadtwerke wie auch die weiteren 22 kommunalen Projektpartner, über einen Zeitraum von 20 Jahren eine feste Strommenge abzunehmen, und zwar zu Produktionskosten. Diese Kosten liegen aber über dem, was die SWT als Strompreis an ihre Kunden weitergeben könnten. Ein Minusgeschäft also. Dass der in Hamm erzeugte Kohlestrom bald günstiger sein könnte als die Preise am Markt, steht nicht zu erwarten.
2008 besiegelten die Stadtwerke ihre Beteiligung, doch bis dato brachte ihnen Gekko kein Glück, sondern jede Menge Hiobsbotschaften. Erhebliche Probleme und Verzögerungen bei der Fertigstellung des Kraftwerks führten zu deutlichen Mehrkosten. Inzwischen soll die Anlage insgesamt rund 2,4 Milliarden Euro kosten - anfangs war man von zwei Milliarden ausgegangen. Und der zweite Block ist noch immer nicht in Betrieb. Seit Jahren sind deshalb allerorten Stadtwerke um Schadensbegrenzung bemüht, so auch in Trier. Im Januar bestätigte SWT-Vorstandssprecher Olaf Hornfeck gegenüber dem TV, dass sein Unternehmen Rückstellungen in Höhe von 7,6 Millionen Euro für mögliche Verluste gebildet hat (wir berichteten).
In Münster verhagelte das Projekt die Bilanz für 2014: Trotz guter Ergebnisse im operativen Geschäft stand am Ende ein negatives Gesamtergebnis, teilte das Unternehmen mit. Das Minus sei im Wesentlichen der Abschreibung auf die Gekko-Beteiligung geschuldet.
SWT: Kein Kommentar



"Abschreibungen im Zusammenhang mit dieser Beteiligung sind nicht erfolgt", verlautet aus der SWT-Zentrale in der Ostallee. Dort will man sich nicht zu einem Bericht des Spiegel äußern: Das Hamburger Nachrichtenmagazin hatte gemeldet, RWE biete den kommunalen Versorgern als Kaufpreis für deren Anteile einen Euro an. Ob auch den SWT ein derartiges Angebot vorliege? "Da bei den laufenden Gesprächen zwischen den Gekko-Partnern Vertraulichkeit vereinbart wurde, bitten wir um Verständnis, dass wir diese Frage nicht beantworten und auch die Berichterstattung nicht kommentieren können", erklärte ein Sprecher auf Anfrage. Ein Dementi klingt anders. Nach TV-Informationen bot RWE auch den SWT einen Euro für einen Ausstieg aus dem Projekt an.
Unterdessen dauern die Verhandlungen der beteiligten Stadtwerke mit dem Essener Konzern noch an. Ein Ausstieg ist für die SWT eine Option - eine, die offenbar immer ernsthafter erwogen wird. Doch vor einer Entscheidung müsse geklärt werden, "wie die finanziellen Auswirkungen für die beteiligten Stadtwerke aufgefangen werden können." Erst dann könnten die Aufsichtsgremien des Unternehmens entscheiden, heißt es.
Hoffnungen in Gekko setzt man nicht mehr. "Bei den aktuellen Marktgegebenheiten lassen sich moderne Steinkohlekraftwerke nicht wirtschaftlich betreiben", heißt es dazu. Die Probleme in Hamm wirkten sich auch auf das Geschäftsergebnis der SWT Stadtwerke Trier Versorgungs-GmbH aus. Konkrete Zahlen könne man aufgrund "vertraglicher Regelungen" nicht nennen, so ein Sprecher.Extra

Die Gekko-Beteiligung: Nach heftigen politischen Auseinandersetzungen machte der Stadtrat 2008 mit knapper Mehrheit den Weg frei für eine Beteiligung der Stadtwerke Trier an einem neuen Steinkohlekraftwerk in Hamm. Am RWE-Projekt Gekko sind 23 kommunale Versorger beteiligt. Diese gewährten dem Essener Konzern Darlehen für den Bau und Betrieb des Kraftwerks. Im Gegenzug zahlt RWE sechs Prozent Zinsen. Da die Stadtwerke das Geld am Kapitalmarkt zu günstigeren Konditionen geliehen haben, bleibt für die Trierer ein Zinsvorteil. Doch mit diesem lassen sich die Verluste längst nicht ausgleichen, die den SWT aus dem vertraglich vereinbarten Bezug einer festen Strommenge aus Hamm entstehen. Da dieser Strom zu Produktionskosten erworben wird und diese über dem Marktpreis liegen, ist Gekko für die SWT ein Verlustgeschäft. mst

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