Ein Mahnmal ist das neue Ziel

Ein Vortrag in der Volkshochschule (VHS) in Trier über Zwangssterilisation in der NS-Zeit hat Folgen: Das Publikum entwickelte spontan die Idee einer Unterschriftenaktion, die sich für die Errichtung eines Mahnmals einsetzen soll.

 Der gehörlose Hans Lieser (rechts) und sein Schwager Valentin Hennig (links) aus Kordel erhielten im September das Bundesverdienstkreuz am Bande für ihre Aufklärungsarbeit über Zwangssterilisationen im Nationalsozialismus. Bald könnte durch ihr Engagement auch ein Mahnmal entstehen. TV-Foto: Katja Bernardy

Der gehörlose Hans Lieser (rechts) und sein Schwager Valentin Hennig (links) aus Kordel erhielten im September das Bundesverdienstkreuz am Bande für ihre Aufklärungsarbeit über Zwangssterilisationen im Nationalsozialismus. Bald könnte durch ihr Engagement auch ein Mahnmal entstehen. TV-Foto: Katja Bernardy

Trier. Hans Lieser ist 84 Jahre alt. Weil er gehörlos ist, wurde er 1941 als 16-Jähriger im Auftrag der Nationalsozialisten zwangssterilisiert. Grundlage des folgenschweren Eingriffs war das aus dem Jahr 1933 stammende "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses". Erst im Alter vertraute Hans Lieser seinem Schwager Valentin Hennig an, gegen seinen Willen zeugungsunfähig gemacht worden zu sein. Seitdem kämpften beide unermüdlich für eine finanzielle Entschädigung Zwangssterilisierter.

Mit Erfolg. Und: Im vergangenen Jahr erhielten die beiden Männer aus Kordel für ihre Aufklärungsarbeit über Zwangssterilisationen in Mainz das Bundesverdienstkreuz am Bande (der TV berichtete). In der Trie-rer VHS wurde nun ein Teil ihrer mutigen Arbeit gezeigt: Der Dokumentarfilm "Komm doch mit, bitte sei ganz ruhig, wir gehen da mal hin ..." von Bettina Leuchtenberg und Harry Günzel. Darin wird am Beispiel von Hans Lieser das Schicksal von Tausenden von Menschen dokumentiert.

Der Trierer Historiker Thomas Schnitzler, Vortragender des Abends, hatte den Film wissenschaftlich begleitet. Anschließend konnten die Gäste Fragen an den Betroffenen, seinen Schwager sowie die Zeitzeugin Annemarie Körholz stellen. Die Triererin Körholz ist Tochter des Arztes Anton Hippchen. Er hatte sich damals geweigert, die Zwangssterilisationen durchzuführen und erhielt daraufhin die Kündigung. Einen wichtigen Part des Abends übernahm Barbara Kreutz: Sie übersetzte das Gesprochene für Hans Lieser in die Gebärdensprache.

Aus der Betroffenheit eines Zuhörers entwickelte sich spontan eine Unterschriftenaktion. Ziel soll sein, ein Mahnmal in Trier zu errichten. Schnitzler informierte, dass es in Bielefeld bereits ein Mahnmal zum Gedenken an die Opfer von Zwangssterilisationen gebe.

Aber es gehe dabei nicht nur um das Gestern, sondern auch um das Heute: "Es erinnert unter anderem auch daran, die menschliche Würde über die Freiheit von Forschung und Wissenschaft zu stellen." Der Historiker meinte: "Aufgrund der Forschungsergebnisse wäre ein Platz vor dem heutigen Elisabeth-Krankenhaus geeignet. Dort wurden mindestens 2200 Zwangssterilisationen durchgeführt, die aktendkundig sind."

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