Ein Nordlicht auf dem Weg nach Trier Schulen, Sport, Sozialwohnungen

Triers neue Bürgermeisterin Angelika Birk liebt das Meer und verzichtet auf ein eigenes Auto. Ende Januar zieht die 54-Jährige von Lübeck in ihre neue Wohnung in Trier-Süd um. Schulsanierung, der Zustand der städtischen Wohnungen, die geschlossene Eishalle: Die Aufgaben, denen sich Trier neue Dezernentin für Bildung, Soziales und Sport stellen muss, sind groß. Bevor Entscheidungen fallen, will sich die Lübeckerin erst einmal alles ganz genau anschauen.

Trier. Zu Fuß will sich Angelika Birk täglich auf den Weg in ihr Büro im Trierer Rathaus machen und so ihrem Lebensmotto - "Mobil auch ohne Auto" - treu bleiben. Schließlich liegt ihre neue Wohnung in Trier-Süd nur einen knappen Kilometer vom Augustinerhof entfernt. "Und meine ersten Erfahrungen mit dem Trierer Busnetz waren auch nicht schlecht", sagt Triers künftige Bürgermeisterin. Ab Rosenmontag zeichnet die 54-Jährige im Trierer Rathaus verantwortlich für die Ressorts Soziales, Jugend, Bildung und Sport. Der erste richtige Arbeitstag wird im närrischen Trier allerdings wohl eher am Aschermittwoch sein. "Ich bin am Niederrhein aufgewachsen und mit den Karnevalsbräuchen vertraut", lacht Birk.

In Lübeck hat sie die ersten Umzugskisten schon gepackt. In Trier wird sie am 28. Januar in der Stadtratssitzung vereidigt. "Ab dann wohne ich in Trier", sagt die studierte Germanistin und Philosophin, die 1979 an ihrem Studienort Heidelberg die Grünen mitgegründet hat, seit den frühen 1980er-Jahren aber in Norddeutschland wohnt. Erst in Hamburg, wo sie von 1982 bis 1985 Abgeordnete der Bürgerschaft war. Dann in Lübeck, wo sie von 1989 bis 1996 das Frauenbüro leitete, und im April und Mai 1996 und von 2000 bis 2009 für die Grünen im schleswig-holsteinischen Landtag saß. Von 1996 bis 2000 verantwortete sie als Landesministerin die Ressorts Frauen, Jugend sowie Wohnungs- und Städtebau.

Von ihrer Vereidigung als Trierer Bürgermeisterin und Dezernentin Ende Januar bis zum offiziellen Amtsantritt am 15. Februar will das Nordlicht Trier erkunden. "Ich liebe zwar die Weite des Nordens, die See und den besonderen Charakter der Hansestädte", sagt Birk.

"Aber seit zwei, drei Jahren habe ich das Gefühl, dass ich noch mal einen neuen Anfang machen will." Und ihren Hobbys lesen, wandern und Rad fahren könne sie schließlich auch an der Mosel nachgehen. Außerdem sei der Zeitpunkt gut, nachdem sie seit den Landtagswahlen im vergangenen Herbst nicht mehr im schleswig-holsteinischen Parlament sitzt. "Einsam werde ich in Trier bestimmt nicht sein, überall gibt es Menschen, die es lohnt, kennenzulernen", sagt die Kinderlose und Unverheiratete, die am 2. Mai ihren 55. Geburtstag feiert. Außerdem sei sie, nachdem ihr Name im Trierischen Volksfreund erschienen war, von einer alten Klassenkameradin angerufen worden, die in Trier wohnt.

Nur das Meer werde sie wohl schmerzlich vermissen, sagt die leidenschaftliche Schwimmerin. "Aber ich habe ja das Glück, dass in Trier just sowohl Stadtbad als auch Südbad frisch saniert wurden - die müssen dann halt als Ersatz dienen." Trier. (woc) Ende Januar zieht Angelika Birk nach Trier, Mitte Februar beginnt ihr Job im Trierer Rathaus. TV-Redakteurin Christiane Wolff hat mit der Grünen-Politikerin über ihre bevorstehenden Aufgaben gesprochen.

Um die Trierer Schulgebäude auf Vordermann zu bringen, fehlen mehr als 60 Millionen Euro. Wie wollen Sie diesen Sanierungsstau angehen?

Angelika Birk: Das Schulentwicklungskonzept, an dem in Trier ja seit langem gearbeitet wird, muss in den nächsten Monaten mit Hochdruck fortgeführt werden. Je schneller es vorliegt, desto größer ist die Chance, in überregionale Förderprogramme aufgenommen zu werden. Die Bundesregierung kann es sich nicht leisten, die Kommunen bei der Bildungsfinanzierung alleine zu lassen. Aber auch in unserem eigenen Haushalt müssen wir entsprechende Prioritäten setzen - bei den Haushaltsberatungen für 2011, die ja im Frühjahr beginnen, werde ich mich entsprechend einbringen.

Und wie stehen Sie zum Thema Schulschließungen?

Angelika Birk: Generell gilt: Je kleiner die Kinder, desto kürzer müssen die Schulwege sein. Außerdem sind Schulen wichtige Treff- und Anlaufpunkte in den Stadtteilen. Ich werde mir die Situation genau ansehen, ob überhaupt und wo es Sinn machen könnte, eine Schule mit einer anderen oder auch einem Kindergarten zusammenzulegen, und wo künftig sogar mehr Kapazitäten gebraucht werden, zum Beispiel für den Ganztagsbetrieb. Einbezogen werden muss dabei auch, wo und wie Jugendhilfe-Einrichtungen mit Schulen zusammenarbeiten können - dass die Ressorts Soziales und Schulen künftig in einem Dezernat zusammengefasst sind, hilft da sehr.

Im Sommer eröffnet Triers erste Gesamtschule. Dass es bislang keine IGS gab, weist Trier nicht gerade als Vorreiterin in moderner Pädagogik aus. Wird sich da mit Ihnen etwas ändern?

Angelika Birk: Ich bin der Überzeugung, dass längerem gemeinsamen Lernen die Zukunft gehört. Aber man darf nicht nur auf die Türschilder an den Schule schauen: In vielen wird innerhalb der Klassen das Lernangebot nach Schülerleistungen differenziert. Das Ampel-Bündnis im Stadtrat will vor dem nächsten Schritt zwei Jahre Gesamtschulerfahrungen in Trier sammeln. Aber spätestens, wenn die Eltern mit den Füßen abstimmen und die Anmeldezahlen gut sind, muss die Schulverwaltung eine zweite Gesamtschule in Angriff nehmen.

Als Sozialdezernentin übernehmen Sie auch Verantwortung für rund 700 städtische Sozialwohnungen in zum Teil desolatem Zustand. Verkaufen oder sanieren?

Angelika Birk: Die städtischen Wohnungen müssen auf jeden Fall dringend saniert werden. Wie der Stadtrat aktuell auch schon diskutiert, muss aber zunächst eine detaillierte Analyse des Bestands gemacht werden. Grundsätzlich halte ich es für richtig, städtische Sozialwohnungen nicht an private Wohnungsbaugesellschaften zu verkaufen. Denn die Stadt muss Wohnungslosigkeit verhindern und kann Mietpreisanstiege im unteren Preissegment bremsen, aber nur dann, wenn sie genügend eigene Wohnungen hat. Es gilt auch Investoren dafür zu gewinnen, sich am tatsächlichen Bedarf zu orientieren: Studierende, Alleinstehende, Senioren oder Familien haben unterschiedliche Ansprüche.

Was halten Sie als Sportdezernentin von der Idee, Sanierung und Betrieb der Eislaufhalle in private Hände zu geben?

Angelika Birk: Trierer Bürger wollen sich der Eishalle annehmen. Das ist nicht selbstverständlich und eine große Chance, denn bei einer Privatisierung macht es definitiv einen Unterschied, ob jemand von außerhalb kommt und sich ein Objekt unter den Nagel reißen will, um damit Geld zu machen, oder ob sich Leute einsetzen, die seit Jahren mit der Halle zu tun haben und alle Gegebenheiten kennen. Wir müssen allerdings genau prüfen, ob das private Konzept trägt. Die Stadt muss einen Einfluss behalten, zumindest auf die Eintrittspreise. Es darf nicht nur um die schnelle Wiedereröffnung gehen, schließlich würden wir gegebenenfalls eine städtische Einrichtung langfristig aus den Händen geben.

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