Ein quantes Stück Trier wird 60: Helmut Leiendecker hat Geburtstag

Trier-Heiligkreuz · Bis vor 25 Jahren war Trierer Platt weitgehend verpönt und Mundart-Rockmusik eine kölsche Spezialdisziplin. Dann kam Helmut Leiendecker und machte das Trierische salonfähig. Am heutigen Samstag feiert das kreative Multitalent seinen 60. Geburtstag.

 Tierisch trierisch: Helmut Leiendecker mit Gelbbrust-Ara Miss Lillie. In den 1970er Jahren hat Leiendecker in Rockbands getrommelt. Heute steht das Schlagzeug im Wohnzimmer in Heiligkreuz. TV-Foto: Roland Morgen

Tierisch trierisch: Helmut Leiendecker mit Gelbbrust-Ara Miss Lillie. In den 1970er Jahren hat Leiendecker in Rockbands getrommelt. Heute steht das Schlagzeug im Wohnzimmer in Heiligkreuz. TV-Foto: Roland Morgen

Trier-Heiligkreuz. Steht ein Mann mit Papagei auf der Schulter am Marktkreuz. Fragt ein Passant: "Kann der auch sprechen?" Sagt der Papagei: "Keine Ahnung. Ich habe ihn erst seit drei Tagen."
Dieser Uralt-Witz treffe auf Miss Lillie und ihn ganz und gar nicht zu, versichert Helmut Leiendecker. Schließlich sei man schon seit April zusammen, und überhaupt laufe es ganz anders: "Ich bin hier der Sprachlehrer."
Aber noch tut sich die sieben Monate alte Gelbbrust-Ara-Dame schwer mit den Sprachbrocken, die ihr hingeworfen werden. "Teerdich", "Grombaoschniedschie", "Muselindijanao". Reaktion: keine. "Kein Problem", meint Helmut Leiendecker; "So ein Vogel wird 80 Jahre und älter. Da habe ich noch viel Zeit, ihm Trierisch beizubringen."
Bei Menschen hat es auch geklappt, und sogar binnen kurzer Zeit. Noch vor einem Vierteljahrhundert galt Trierer Platt als derb und ordinär. Da traten Helmut Leiendecker und seine Kumpels Joachim "Joa" Rother (Gitarre) und Martin Herrmann (Schlagzeug) auf den Plan und befreiten das Trierische vom Vorurteil des kulturell Ungenießbaren. Leiendecker textete und sang, wie ihm der Schnabel gewachsen war. Köln hat seine Bläck Fööss, Trier seine Leiendecker-Bloas - eine richtungsweisende Wohltat für das traditionell angeknackste trierische Selbstbewusstsein. Im Sog des Bloas-Erfolgs ergaben sich neue Möglichkeiten: Leiendecker beglückt seine Fans als Buchautor, aber auch als Stückeschreiber und Hauptdarsteller des Kleinen Volkstheaters.
Und jetzt geht's schnurstracks Richtung Rente? "Beruflich vielleicht", sagt Leiendecker, Vertriebszentrumsleiter des Pressegrossisten PVG (Longuich). "Aber wenn ich mal den Job an den Nagel gehängt habe, dann werde ich künstlerisch produktiver sein als je zuvor." Pläne? "Zum Beispiel meine Mundartstücke ins Hochdeutsche übersetzen und Stücke schreiben, die im Studio des Theaters aufgeführt werden können." Für 2013 stehen konkrete Projekte an: "Die Bloas ist so gut und so erfolgreich wie noch nie. Das wollen wir mit einer Live-CD dokumentieren." Das Kleine Volkstheater wird im Sommer im Brunnenhof und vor der Porta Nigra auftreten."
Seinen 60. will Helmut Leiendecker nicht groß feiern: "Es ist höchste Disziplin gefragt. Ich muss ja am Sonntag zum Sessionsauftakt um 11.11 Uhr auf der Kornmarkt-Bühne stehen."
Miss Lillie krächzt. Als Zustimmung? "Neiiiin!", erklärt Helmut Leiendecker. "Das war ganz klar der Anfang des ersten Satzes, den sie auf Trierisch sprechen können wird: ,Aamaol en dao Woch da, fliejen eich aon de Pochda …'"

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