Ein Rausch der Farben und wummernden Bässe

Trier · Die Idee zum Farbrausch-Festival stammt aus Indien, dort feiert man mit dem Holi-Fest den Sieg des Frühlings über den Winter. Eine TV-Mitarbeiterin, vom alter her jenseits der primären Zielgruppe, hat sich das Spektakel angesehen.

 Zu jeder vollen Stunde fliegen die bunten Staubwolken zu wummernden Techno-Bässen. TV-Foto: Karin Pütz

Zu jeder vollen Stunde fliegen die bunten Staubwolken zu wummernden Techno-Bässen. TV-Foto: Karin Pütz

Trier. Wo schickt mich der TV da wieder hin? Farbrausch-Festival? Junge Leute werfen zu lauter Musik mit Farbpulver. Und ausgerechnet ich soll berichten. Der Veranstalter rechnet mit 5000 Menschen.
Ich recherchiere und lese auf seiner Website: "Trägern von Kontaktlinsen wird vorsorglich empfohlen, auf diese zu verzichten oder die Augen durch Tragen einer Taucherbrille zu schützen." Endlich kann ich meine Altersweitsichtigkeit als Vorteil sehen. Ich bin wahrscheinlich die Älteste vor Ort, eine Taucherbrille macht das nicht besser. Zum Glück war ich gestern wenigstens beim Frisör, denn blond macht jünger.
Vorsicht vor dem Pulver


Ich lese weiter: "Insbesondere bei Regen kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass eine stärkere Reaktion des Farbpulvers mit gefärbten oder getönten Haaren, insbesondere blondierten Haaren erfolgt." Oh Mann. Der Hinweis auf "namhafte DJs" lässt mich noch schnell zu den Ohrstöpseln greifen, dann schnappe ich meine geliebte Kamera und es geht los ("Es wird dringend empfohlen, elektronische Geräte wie Mobiltelefone vor einem Kontakt mit dem Farbpulver zu schützen.")
Am Messepark dann jede Menge wichtig aussehende Männer mit Headsets, die bei 5000 Leuten durchaus Sinn gemacht hätten. Sie weisen mir den Weg zum Pressesprecher, der mir sehr schnell die Zahl 1000 zuruft, als ich ihn nach den Besuchern frage. Für mich fühlt es sich eher an wie 500, aber er wird es besser wissen. Wie viele auf dem Gelände hat er ein stark gerötetes Gesicht und ich kann es mir einfach nicht verkneifen, ihm zu raten, sich einzucremen. Wie peinlich, aber angesichts dieser vielen jungen sonnenverbrannten Leute bricht bei mir einfach der Mutterinstinkt durch.
Vor der Bühne tanzt eine sehr überschaubare Menge junger Leute, überwiegend in Weiß gekleidet und weiblich, vor der Open-Air-Bühne zu wummernder Technomusik. Rundherum viel, viel Platz, weder Kamera noch Frisur sind in Gefahr. "Leider ist viel zu wenig los", lautet die einhellige Meinung des Partyvolks.
Die sieben 16-jährigen Mädels aus Saarburg hatten sich die Veranstaltung anders vorgestellt und sind sichtlich enttäuscht. An der Werbung habe es nicht gelegen, meinen sie. Über Facebook haben sie rechtzeitig von der Veranstaltung erfahren. Die 18-jährige Mascha aus Merzig hingegen meint: "Es wurde zu wenig Werbung gemacht, außerdem haben wir das Gelände kaum gefunden, es gab gar keine Plakate." Sabrina fühlt sich mit 31 Jahren deutlich zu alt für die Veranstaltung. Irgendwas ist immer. Egal - die Partygänger machen das Beste daraus. Schließlich hat man 25 Euro Eintritt bezahlt, um zu jeder vollen Stunde ein Beutelchen Farbpulver, das natürlich nicht im Preis enthalten ist, in die Luft zu werfen und Spaß daran zu haben, dass die weißen Klamotten danach schön bunt sind. Das Wort "verpulvern" kommt mir auch angesichts der Preise in den Sinn. Aber die Laune bei den Feiernden ist gut, und sie genießen die Sonne, die Musik und den stündlichen Farbrausch. Lediglich das stimmungssteigernde Gedränge fehlt. Für mich und die 1000 Besucher bleibt die Frage nach dem Warum unbeantwortet, in anderen Städten zieht das Fest riesige Massen an. Und eins steht fest: Wäre ich 30 Jahre jünger, ich hätte mitgemacht. Mit Taucherbrille und Sonnenmilch.

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