Einblick in die urbane Oase

Trier · Was entsteht, wenn ein Landschaftsarchitekt und eine Designerin auf eine Stadtbrache treffen? Ein kontrastreich bepflanzter Wohn- und Bürogarten, der beweist, dass die ganze Familie auf begrenzter Fläche unendlich viel erleben kann.

Trier. Auf dem Steg hat es sich die Katze aus der Thebäerstraße Nummer 40 bequem gemacht. Bei 34 Grad Celsius im Schatten würde jeder liebend gerne mit ihr tauschen. Ihr Platz am Wasser verspricht Kühlung. In dem Bassin steckt ein ausgedienter Sandkasten. Er ist ein Beispiel dafür, wie sich ein Garten den Bedürfnissen seiner Bewohner anpasst."2001, kurz vor der Geburt unseres Sohnes sind wir eingezogen", erzählt Jörg Kaspari. Ursprünglich sei die Mietfläche für Gewerbe ausgeschrieben gewesen. Doch als seine Frau Maria Krahwinkel und er den Garten dahinter sahen, erkannte die Familie den idealen Wohnraum. Die Vermieterin spielte mit. Aus der Stadtbrache mit altem Mirabellenbaum, Blaufichte und Holunderbüschen entwickelten die beiden einen zeitgenössischen Büro- und Wohngarten. Als Landschaftsarchitekt dürfte das Jörg Kaspari nicht schwergefallen sein. "Sehen Sie, wenn man aus dem Wohnhaus tritt, kann man über diese Diagonale durch den ganzen Garten schauen", zeigt er. Dabei wandert der Blick an Stauden und Gehölzen entlang, die inselartig in die Rasenfläche ragen.Gärten der Region

Am Ende des Gartens fallen die Blutpflaumen auf. "Durch ihr dunkles, kleinblättriges Laub wirkt diese Partie weiter entfernt", erklärt der Gestalter den optischen Trick der Gartenerweiterung. Auch die Wellenlinien seien bewusst eingebaut. Der Raum soll sich aufweiten und verengen. Das verändere die Wahrnehmung und erzeuge Spannung. Der Rasenfläche fällt dabei die Aufgabe des ruhenden Pols zu. "Solch eine homogene Fläche ist als Kontrast zu den quirligen Stauden und unruhigen Gehölzen am Rand total wichtig", meint der Gestalter. Die längste Strecke im Garten wird via Höhenstaffelung betont. So kann man die Pflanzen einzeln wahrnehmen und genießen. "Pflanzen sollten sich in Farbe, Form und Textur voneinander abheben", sagt Kaspari. Zur Verdeutlichung zieht der Pflanzenkenner die fiedrigen Samenstände des Perückenstrauchs, ein straff aufrecht wachsendes Reitgras der Sorte Karl Foerster und das etagenartig aufgebaute Brandkraut heran, dessen Blätter sich filzig rau anfühlen. "Und jetzt schauen Sie mal gegen das Licht durch die Blätter dieses Cercis canadensis Forest Pansy", ermuntert der Liebhaber außergewöhnlicher Pflanzen. Dazu hat er die Gartenseite gewechselt. Erst jetzt treten die Blattadern zu Tage. Von vorne betrachtet erscheint das Laub dunkelrot. Im Gegenlicht fächern sich die Herzblätter in ein Farbspektrum von bordeauxrotem Rand bis zu fast gelben Innenflächen auf. Sofort stimmt man Jörg Kasparis Philosophie zu: Der eigentliche Schatz des Gartens ist der Reichtum an Augenblicken."Als Gestalter fasziniert es mich auf wenig Platz viel Raum zu bilden", sagt der auf 280 Quadratmetern gärtnernde Städter. Mit Leichtigkeit gelänge das mittels Gräsern. Hohe Arten ziehen im Laufe des Jahres eine Art Vorhang in den Garten. Nur, dass der von unten nach oben wachse. Zwischen den raschelnden Spielgefährten des Windes steht eine von Maria Krahwinkels Stahl-skulpturen. Für die Figur der Designerin könnte man sich keinen besseren Platz vorstellen. Je nach Sonnenstand taucht ein Double im Teich auf. Neben seiner erfrischenden Wirkung erfüllt Wasser hier seine bereichernde Spiegelfunktion. Der Garten kann im Rahmen des "Offenen Gartentors" am Sonntag, 10. Juli, von 14 bis 17 Uhr besichtigt werden. Der Einblick in Gärten aus dem Raum Trier, Hunsrück und Luxemburg wird vom Landesverband Saar-Mosel der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur (DGGL) organisiert. kf dggl.org/landesverbaende/ saar_mosel/saar_mosel_ gartentor.html

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