Stammzellspende Eine wichtige Spende und eine „neue kleine Schwester“

Trier/Sulzbach im Taunus · Die 15-jährige Sidney aus Trier leidet an einer schweren Krankheit des Nervensystems. Eine junge Frau aus dem Taunus hat ihr Stammzellen gespendet. Die beiden berichten, warum sie sich nicht mehr missen möchten.

 „Meine Heldin“ nennt die 15-jährige Sidney aus Trier (links) Leonie Schmidt aus dem Taunus. Die angehende Erzieherin hat ihr Stammzellen gespendet. Denn Sidney leidet an einer schweren Krankheit des Nervensystems.

„Meine Heldin“ nennt die 15-jährige Sidney aus Trier (links) Leonie Schmidt aus dem Taunus. Die angehende Erzieherin hat ihr Stammzellen gespendet. Denn Sidney leidet an einer schweren Krankheit des Nervensystems.

Foto: DKMS

„Sidney und ihrer Familie gegenüberzustehen war überwältigend. Ihre Mutter nahm mich sofort in den Arm. Sidney kam auf mich zugelaufen, und auch wir haben uns erst einmal umarmt. Es war einfach nur Wahnsinn.“ So schildert die 23-jährige Leonie Schmidt den Moment, in dem sie die 15-jährige Sidney aus Trier kennenlernte.

Zwei Jahre zuvor, im Januar 2018, hatte die angehende Erzieherin aus dem Taunus Sidney Stammzellen gespendet und ihr so Hoffnung auf ein gesundes Leben geschenkt. Denn Sidney leidet unter einer schwerwiegenden Krankheit des Nervensystems, der sogenannten metachromatischen Leukodystrophie (MLD). Dabei werden unter anderem Nerven des Gehirns angegriffen, was bei der Schülerin zu motorischen und sprachlichen Störungen geführt hat. Mit einem neuen Immunsystem – dank Leonie – konnte die Krankheit zum Glück gestoppt werden.

Die Spende Mit dem Thema Stammzellspende kam Leonie durch ihre Mutter und ihre ältere Schwester in Berührung, die beide bei der DKMS registriert sind. So dachte sie mit 20, dass es auch für sie an der Zeit sei, sich in die Datei aufnehmen zu lassen.

Nur ein halbes Jahr später erhielt sie einen Anruf, dass sie eventuell als passende Spenderin infrage komme. „Als mein Handy klingelte, wusste ich, dass es die DKMS ist. Das hat mich total gefreut“, sagt sie. Nach der Registrierung hatte Leonie die Tübinger Nummer der DKMS in ihr Handy eingespeichert, um sie im Fall der Fälle zuordnen zu können.

Zwei Monate später spendete sie. Ihre Mutter begleitete Leonie ins Krankenhaus, um sie zu unterstützen. Unter Vollnarkose wurden Leonie Stammzellen aus dem Beckenkamm entnommen. „Ich hatte Respekt vor dem Eingriff, da ich zuvor noch nie im Krankenhaus war und auch noch keine Vollnarkose bekommen hatte“, sagt sie. Dennoch: „Der Gedanke, das Leben eines Menschen zu retten, überwog. Ich dachte zu keiner Zeit daran, es nicht zu tun.“

Das Kennenlernen Den Wunsch, „ihre“ Patientin irgendwann persönlich kennenzulernen, verspürte Leonie von Anfang an. Anonym schrieb sie zunächst einen Brief mit Genesungswünschen an Sidney und erhielt Antwort. Einige Briefwechsel folgten, und auch Sidney und ihre Familie wollten nach Ablauf der zweijährigen Anonymitätsfrist wissen, wer hinter der Spende steckte.

Noch bevor Corona im März 2020 das öffentlich Leben einschränkte, trafen sich die beiden zum ersten Mal in Trier bei Sidney zu Hause – und verstanden sich so gut, dass sie für die Sommerferien einen gemeinsamen Urlaub in Hamburg beschlossen. Dort lernten sie sich im Juli dieses Jahres besser kennen und möchten sich fortan nicht mehr missen.

Gemeinsame Leidenschaft Sidney muss vieles erst wieder neu erlernen. Selbst einfache Dinge wie eine Flasche aufdrehen und wieder verschließen waren ihr vor Leonies Stammzellspende nicht mehr möglich. Es gab sogar eine Zeit, in der sie gar nicht mehr sprach. Musik hat sie ein wenig über diese schlimme Phase hinweggetröstet, über sie konnte sie sich mitteilen.

Musik ist auch ein wichtiger Teil von Leonies Leben. Sie ist Mitglied in einem Chor des Vereins „Junge Kantorei Bad Soden“. Vor der Corona-Krise ist sie regelmäßig aufgetreten. Mit Sidney hat sie auf der gemeinsamen Autofahrt nach Hamburg gesungen. Beide hören gerne deutsche Popmusik. Besonders mag Leonie die Songs von Tim Bendzko – hätte der einen Background-Chor, sie würde liebend gerne einmal mitsingen.

Gegenbesuch verschoben Da die Zahl der Corona-Fälle aktuell wieder stark zunimmt, haben Sidney und ihre Familie einen Gegenbesuch bei Leonie im Taunus erst einmal verschoben. Bis dahin schreiben und telefonieren die beiden regelmäßig. Sidney nennt Leonie oft liebevoll „meine Heldin“.

Für Leonie ist es ein tolles Gefühl, so herzlich in die Familie aufgenommen worden zu sein. „Ich bin froh und dankbar, dass wir beide den Wunsch hatten, uns kennenzulernen. Sidney ist wie meine kleine Schwester.“ Neben der Musik teilten sie weitere Hobbys wie das Schwimmen und sie seien beide gerne draußen. „Es ist schön zu wissen, dass man mit der einfachen Spende bewirkt hat, dass ein Mensch weiterleben kann. Bitte habt keine Angst vor der Spende, man wird gut aufgeklärt“, appelliert sie an andere.

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