Eine Minute ohne Ticket: 45,50 Euro

Vorsicht (Zeit-) Falle: Wer sein Auto am Hauptbahnhof parkt und sich nicht an die "Vertrags- und Einstellbedingungen" hält, läuft Gefahr, kräftig zur Kasse gebeten zu werden. Für eine Minute Parken ohne Schein verlangt die Berliner Stellplatz-Betreiberfirma Contipark von einem Trierer 45,50 Euro.

Trier. René Dupont aus Trier ist sauer. Ihm flatterte eine Mahnung ins Haus. Absender: die Firma Contipark International (Berlin). Die Betreiberin der Bahn-eigenen Parkplätze direkt am Trierer Hauptbahnhof moniert, dass Duponts Auto "am 27. August von 15.36 bis 15.37 Uhr (Erfassungszeit) ohne sichtbar ausgelegten gültigen Parkschein vorgefunden" wurde. Weil Dupont auf die an der Windschutzscheibe hinterlassene Zahlungsaufforderung in Höhe von 27,80 Euro nicht reagiert hat, ließ Contipark beim Kraftfahr-Bundesamt ihn als Halter des Autos ermitteln. Einschließlich der Kosten für Halter-Ermittlung (10,20 Euro) und Mahngebühren (7,50 Euro) summiert sich die Forderung an Dupont auf 45,50 Euro. Für den Fall, dass nicht gezahlt werde, kündigt Contipark an, die Forderung an das Wiesbadener Inkasso-Unternehmen "Infoscore Finance GmbH" abzutreten.

Ute Gutting-Braun hat ebenfalls "erschreckende Erfahrungen" mit Contipark gemacht.

Reichlich Kleingedrucktes am Parkscheinautomat

Eine Minute ohne Ticket: 45,50 Euro
Foto: Roland Morgen



Die 43-jährige Triererin bestreitet nicht, ihr Auto "maximal zehn Minuten ohne Parkschein am Bahnhof geparkt" zu haben, weil sie eine Freundin zum Zug brachte, und ist "bestürzt über die unverschämte Höhe der Vertragsstrafe" von 23 Euro plus dem dreifachen Stundensatz (4,80 Euro), den Contipark verlangt: "Wo bleibt da die Verhältnismäßigkeit?"

Die Deutsche Bahn fühlt sich nicht angesprochen. Sie hat bereits vor Jahren den Parkraum an ihren Bahnhöfen an die Firma Contipark vermietet. Die wiederum ist telefonisch nur über eine 0900er-Nummer (Minutentarif: 50 Cent aus dem Deutschen Festnetz) zu erreichen und verweist darauf, dass juristisch alles in Ordnung sei und sie in 150 Städten weit mehr als 100 000 Parkplätze bewirtschafte. Darunter die Bahn-eigenen in Trier und Wittlich, wo die Einheits-Vertragsstrafe von 23 Euro plus dreifachem Stundensatz ebenfalls droht. Diese sei kein Bußgeld, sondern vergleichbar mit den Vertragsstrafen, die beispielsweise Verkehrsgesellschaften bei Schwarzfahrern oder Supermärkte bei Ladendieben kassierten.

Parker sollten das Kleingedruckte an den Parkschein-Automaten lesen. Denn mit dem Parken akzeptieren sie die Vertrags- und Einstellbedingungen. Diese umfassen nicht weniger als 18 Punkte, die bei der Nutzung der Parkeinrichtung zu beachten sind. Die reichen hin bis zur Androhung von Parkkrallen oder Abschleppen.

Der TV hat das Geschehen auf dem Contipark-Platz am vergangenen Freitag eine Stunde lang beobachtet. Von 15 bis 16 Uhr zog nur etwa jeder zweite von insgesamt rund 20 Neuankömmlingen ein Park-Ticket. Alle anderen kamen nach fünf bis zehn Minuten zum Auto und fuhren wieder weg - unbeanstandet, denn Kontrolleure waren nicht vor Ort. Nicht bis 16 Uhr zurück kehrte ein Mann, der einen Behindertenausweis (ausgestellt von der Stadt Trier) hinter seiner Windschutzscheibe ausgelegt hatte, aber in keiner Weise beeinträchtigt wirkte.

Eine Luxemburgerin sagte auf TV-Frage, sie parke öfter dort, habe auch schon Knöllchen erhalten, aber nie bezahlt: "Folgenlos." Ute Gutting-Braun will zahlen - und Konsequenzen ziehen: "Die Bahn verliert eine treue BahnCard-Kundin. Zugfahren ist für mich gestorben."

Meinung

Seitenwechsel empfohlen

Das Problem ist nicht neu. Der TV berichtete schon mehrfach über das Risiko, auf Contipark-Stellflächen erwischt und kräftig zur Kasse gebeten zu werden. Doch immer wieder aufs Neue fühlen sich Parker "abgezockt". Das aber, nachdem sie sich nachweisbar nicht an die Regeln gehalten haben, die das Berliner Unternehmen aufstellt. Um Ärger und Frust zu vermeiden, kann man am Hauptbahnhof nur zweierlei tun. Entweder die Zeit für das bezahlte Parken nicht überschreiten - oder auf der anderen Straßenseite parken. Denn dort ist städtisches Terrain, und das "Knöllchen" - wenn man es schon drauf anlegt - mit 5 Euro weitaus günstiger als die Zahlungsaufforderungen von Contipark in Höhe von 27,80 Euro. r.morgen@volksfreund.de

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