"Eine Sache des Stadtrates"

TRIER. Wie kommt der Millionen-Sanierungsstau bei den Trierer Schulen zustande, wer ist dafür verantwortlich? Haben Politik und Verwaltung in der Vergangenheit geschlafen? Der TV sprach mit Jürgen Grabbe (SPD), von 1992 bis 2002 Bürgermeister und Schuldezernent.

Herr Grabbe, immer wieder gibt es Klagen von Schülern, Eltern und Lehrern über bauliche Missstände an den Schulen. Muss Ihr Nachfolger Ulrich Holkenbrink ausbaden, was Sie ihm eingebrockt haben?Grabbe: Nein! In meiner Amtszeit sind viele Schulen saniert worden. Da sind Millionen geflossen. Wir haben auch Geld beim Land locker gemacht, das andere Städte in der Höhe nicht bekommen haben, etwa Mitel aus dem Investitionsstock. Aber der Nachholbedarf ist groß.Grabbe: Ich habe immer wieder darauf hingewiesen, dass für die Bau-Unterhaltung wesentlich mehr Geld benötigt wird. Schon 1992 hat der Stadtrat einen ausführlichen Bericht bekommen, in dem alle Probleme detailliert aufgezeigt wurden. Auch der von Herrn Holkenbrink Ende 2003 vorgelegte Bericht wurde unter meiner Federführung ausgearbeitet und lag fast fertig im Schreibtisch. Es wäre eine Sache des Stadtrates gewesen, Abhilfe zu schaffen, doch es gab keine politische Mehrheit dafür, mehr Geld auszugeben. So konnten wir stets nur das Nötigste tun. Sind deshalb auch in manchen Schulen ständig die Fenster und Toiletten dreckig?Grabbe: Das ist ein zweites Problem. Die Gebäudereinigung ist privatisiert worden, denn mit städtischen Reinigungskräften wäre das nicht bezahlbar gewesen. So musste ich damals schon überlegen, ob die Fenster einmal jährlich oder nur alle zwei Jahre gereinigt werden sollen - im Rückblick war das so ziemlich das Frustrierendste am Job des Dezernenten. Besteht also keine Hoffnung, sämtliche Schulen auf Vordermann zu bringen?Grabbe: Die Stadt ist damit überfordert. Die Finanzausstattung der Kommunen stimmt einfach nicht. Wäre die Schließung von Schulen eine Lösung, um das wenige Geld konzentrierter einzusetzen?Grabbe: Das kann ich nicht beurteilen. Zu meiner Zeit war das aufgrund steigender Schülerzahlen nicht möglich. In den 90er Jahren gab es mal Überlegungen, eine Hauptschule zu schließen. Doch dafür war letztlich keine politische Mehrheit erkennbar, die Diskussion verlief im Sande. Im Stadtrat wird häufig politisch gestritten, wer für die Missstände verantwortlich ist. Dabei richtet die CDU Vorwürfe an Ihre Adresse.Grabbe: Das ist der einfachste Weg und dient wohl nur dem Zweck, meinen Nachfolger zu schützen. Der hat gerade ein neues Schulentwicklungskonzept auf den Weg gebracht. Was halten Sie davon?Grabbe: Wenn sich alle Beteiligten an einen Tisch setzen, ist das okay. Man muss aber in angemessener Zeit zu Ergebnissen kommen. Wenn am Ende strukturelle Konsensentscheidungen stehen und mehr Geld für Bau-Unterhaltungen da ist, wäre das ein gutes Ergebnis. S Mit Jürgen Grabbe sprach TV-Redakteur Frank Giarra

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