Einmal etwas für andere Menschen tun

Knapp 400 Männer und Frauen aus dem Bistum Trier haben gestern ein Freiwilligenjahr angetreten. Nach dem Wegfall des Zivildienstes sind erstmals auch elf Bundesfreiwillige (Bufdis) dabei - Christel Konter (49) aus Trassem ist eine von ihnen. Viele Zivildienststellen bleiben unbesetzt.

 Als eine der ersten „Bufdis“ im Bistum Trier engagiert sich Christel Konter (49) aus Trassem (Mitte) im gemeindepsychiatrischen Zentrum Robert-Walser-Haus in Saarburg. Wie auf dem Bild mit Jennifer Jungherr und Detlef Welsch begleitet sie psychisch Kranke bei alltäglichen Aufgaben wie Gartenarbeit oder Einkäufen, um ihnen in ein normales Leben zurückzuhelfen. TV-Foto: Beate Kerpen

Als eine der ersten „Bufdis“ im Bistum Trier engagiert sich Christel Konter (49) aus Trassem (Mitte) im gemeindepsychiatrischen Zentrum Robert-Walser-Haus in Saarburg. Wie auf dem Bild mit Jennifer Jungherr und Detlef Welsch begleitet sie psychisch Kranke bei alltäglichen Aufgaben wie Gartenarbeit oder Einkäufen, um ihnen in ein normales Leben zurückzuhelfen. TV-Foto: Beate Kerpen

Wittlich/Trier/Saarburg. "Heute treten 361 junge Menschen aus dem Bistum Trier ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) an - deutlich mehr als im Vorjahr, als es 250 waren", sagte Kerstin Hammer von den Sozialen Lerndiensten des Bistums. Erstmals gebe es auch elf "Bufdis", also Freiwillige, die sich im Rahmen des neuen Bundesfreiwilligendienstes (BFD) engagieren.
Vor einem Monat wurde die Wehrpflicht ausgesetzt, was die Abschaffung des Zivildienstes zur Folge hatte. Um den Ausfall der 90 000 Zivi-Stellen in Deutschland abzufedern, war der BFD eingeführt worden. In Zukunft soll es neben den bestehenden 35 000 FSJ-Stellen weitere 35 000 BFD-Stellen in Deutschland geben, plant die Regierung.
"Das FSJ und der BFD sind von ihrer Ausrichtung her identisch", sagt Hans Wax von den Sozialen Lerndiensten. Einziger wichtiger Unterschied: Anders als das FSJ steht der BFD auch Ausländern und Personen über 27 Jahren offen. "Für diese Gruppen ist der BFD eine echte Chance, noch einmal im sozialen Bereich tätig zu werden", sagt Wax.
Soziales Engagement



Eine der allerersten "Bufdis" im Bistum Trier ist die 49-Jährige Christel Konter aus Trassem, die jetzt im gemeindepsychiatrischen Robert-Walser-Haus in Saarburg arbeitet. "Als ich in der Zeitung vom Bundesfreiwilligendienst erfuhr, wusste ich gleich: Das ist etwas für mich", erzählt die dreifache Mutter.
Inzwischen seien die Kinder groß, und sie habe sich nach einer neuen Lebensaufgabe gesehnt. "Der BFD ermöglicht es mir, in einem Bereich tätig zu werden, der mich bereits lange interessiert hat", sagt sie.
Für ein Taschengeld - 330 Euro im Monat - macht Konter nun jeden Tag Fahrdienst, begleitet psychisch Kranke bei alltäglichen Aufgaben wie Einkäufen oder Gartenarbeiten, hilft in der Küche oder hört einfach nur zu. "Es geht nicht ums Geld, sondern darum, auch einmal etwas für andere zu tun", sagt sie.
Doris Eck, Leiterin des Robert-Walser-Hauses, ist sehr zufrieden mit ihrem ersten "Bufdi": "Aufgrund ihres Alters bringt Frau Konter viel Lebenserfahrung mit, die sie in unserer Einrichtung einbringen kann." Eck findet, dass sich soziales Engagement für jeden lohnt, egal in welchem Alter. "Bisher hatten wir 14 Zivis aus unterschiedlichen Berufsfeldern, die alle von ihrem Zivildienst profitiert haben."
Freiwillige ersetzen Zivis nicht


Obwohl die Freiwilligenzahlen seit dem vergangenen Jahr gestiegen sind, haben viele Einrichtungen den Wegfall des Zivildienstes zu spüren bekommen: Gegenüber den 600 Zivis und 250 FSJlern, die im vergangenen Jahr in sozialen oder kulturellen Einrichtungen im Bistum Trier tätig waren, gibt es aktuell nur 361 FSJler und elf "Bufdis" - also weniger als halb so viel.
Im Kreiskrankenhaus St. Franziskus in Saarburg arbeiteten vor einem Jahr drei Zivis, deren Stellen bis heute nicht wieder mit Freiwilligen besetzt werden konnten. "Wir könnten bis zu 13 Freiwillige einstellen, aber wir haben keinen einzigen Bewerber", sagt der Geschäftsführer Holger Brandt.
Die Zivi-Stellen hätten nur besetzt werden können, weil es ein Pflichtdienst war. "In Zukunft wird es für diese Aufgabenbereiche wohl nur noch selten Freiwillige geben", sagt Brandt.
Im Verbundkrankenhaus Bernkastel/Wittlich haben gestern neun FSJler, aber kein einziger "Bufdi" begonnen. Vor einem Jahr waren es sieben Zivis und fünf FSJler - also insgesamt drei Stellen mehr. "Die Nachfrage nach "Bufdi"-Stellen wird gering bleiben", glaubt auch Krankenhaussprecherin Sabine Zimmer
"Der BFD kann den Zivildienst auf keinen Fall ersetzen", sagt Hans Wax . Im Gegensatz zum Zivildienst, der verpflichtend war, müsse der Freiwilligendienst als Bildungsjahr verstanden werden: "Viele Einrichtungen müssen noch lernen, ihre Stellen attraktiver zu gestalten und selbst zu bewerben."
Wax ist optimistisch: "Der aktuelle Zuwachs an Freiwilligen ist sehr positiv. Langfristig wünschen wir uns aber, dass das FSJ und der BFD zu einem einzigen, gut verständlichen Freiwilligendienst zusammengelegt werden."beke Einen Monat nach seiner Einführung sorgt der BFD weiter für viel Verwirrung und Doppelstrukturen. "Derzeit werden im Bistum Trier alle, die formal dafür zulässig sind, als FSJler eingesetzt", sagt Hans Wax von den Sozialen Lerndiensten. Für die Freiwilligen mache das keinen Unterschied, da die Höhe des Taschengeldes dieselbe sei. Hintergrund dieser Steuerung ist eine Absprache zwischen Bund und FSJ-Trägern, um zu verhindern, dass der stärker bezuschusste BFD den FSJ verdrängt: Einrichtungen dürfen nur so viele BFD-Plätze einrichten, wie sie besetzte FSJ-Plätze im Vorjahr hatten. "Je mehr FSJ-Stellen wir dieses Jahr besetzen, desto mehr BFD-Stellen dürfen wir im kommenden Jahr einrichten", erläutert Wax. Bald könnte diese Vergabelogik ins genaue Gegenteil umkippen. Denn aufgrund der niedrigen "Bufdi"-Zahl will das Bundesfamilienministerium nun die Zuschüsse für das FSJ an die Bedingung knüpfen, dass die Trägerschaften pro drei FSJ-Stellen mindestens zwei BFD-Stellen besetzen. "Für uns würde das bedeuten, nun die Freiwilligen in den BFD - statt wie bisher in das FSJ - hineinzusteuern", sagt Wax. "Auf uns und die betroffenen Einrichtungen käme dann ein riesiges Chaos zu." beke

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