Eiswein - besser spät als nie

Trier · Besser spät als nie: Eigentlich hatte der Olewiger Winzer Peter Terges den Eiswein des Jahrgangs 2011 bereits abgeschrieben - gestern früh sackte das Thermometer jedoch in die erforderlichen Tiefen ab, um die gefrorenen, von Plastikfolien geschützten Früchte doch noch zu ernten und die Spezialität daraus zu keltern.

Trier. Auf dem Gutshof hängt der Olewiger Winzer Peter Terges eine Messspindel in einen Glaskolben mit bräunlich-trübem Most: 140 Grad Oechsle hat der Saft aus den Trauben, die damit jetzt doch noch zu Eiswein verarbeitet werden können, obwohl der Weinbauer schon nicht mehr damit gerechnet hätte: "Die Eisweinlese findet normalerweise Anfang Dezember statt, da waren die Temperaturen aber weit entfernt von den erforderlichen Minusgraden."
Doch gestern früh sah das plötzlich anders aus - und so entschloss sich Terges, der eigentlich schon halb auf dem Sprung zur Lebensmittelmesse "Grüne Woche" nach Berlin war, mit seinem Helfer Jacek Tekiela die reservierten Weinstöcke noch abzuernten: In den Lagen Jesuitenwingert und Deutschherrenberg hatte der Winzer zur regulären Lese im Herbst die für den Eiswein vorgesehenen Reben in Plastikfolie verpackt. "Ohne die Folien wäre jetzt keine einzige Traube mehr da, weil alles von Wildschweinen und Vögeln gefressen worden wäre", erklärt Terges die ziemlich aufwendige Maßnahme.
1100 Rebstöcke in Folie gepackt


Etwa 1100 Rebstöcke mussten mittels 35 000 Tacker-Klammern unter anderthalb Kilometern Folie raubsicher verpackt werden: "Das kostet natürlich auch Einiges", sagt Terges, der jetzt um so erleichterter ist, dass Kosten und Mühe anscheinend doch nicht vergebens waren. Zumindest auf den Hängen rund um Olewig sind die anderen Winzer das Risiko erst gar nicht eingegangen, auch wenn der Anteil der für den Eiswein vorgehaltenen Felder an der Gesamtfläche ohnehin verschwindend gering ist.
Aber der Anbau ist nicht nur mühselig, er ist auch wenig ökonomisch: "Leider ist der Eiswein zu einem Massenprodukt geworden, zumindest in der Pfalz und Rheinhessen. Da erarbeitet man mit dem Vollernter Tausende Liter und holt sich dabei keine kalte Finger wie wir."
200 Liter, 140 Grad Oechsle


Dieses Jahr ist es, wenn auch mit kalten Fingern, also noch mal gut gegangen: Auf etwa 120 Liter schätzt Terges seinen Ertrag: "Mit viel Glück bis zu 200 Liter - aber das kann ich jetzt noch nicht sagen, weil ich noch am Pressen bin."
Ebenfalls wenig sagen kann der Winzer über die zu erwartende geschmackliche Qualität: "Die Trauben waren natürlich schon ziemlich mitgenommen, aber das ist nun mal die pure Natur!" Auch wenn Terges sich für das kräftig-erdige Aroma des Mosts begeistert, ist ihm klar, dass der fertige Eiswein "ein wenig extrem ausfallen wird". So oder so werden sich am Ende nur besondere Kunden über die Spezialität aus Olewig freuen können.
Mehr zur Grünen Woche und Peter Terges am Donnerstag im TV.
Extra

Um Eiswein lesen zu können, müssen die Trauben richtig durchgefroren sein. Erst dann tritt der Effekt ein, dass beim Keltern nur der hoch konzentrierte Traubensaft abläuft und das gefrorene Wasser in der Kelter übrigbleibt. Das ergibt Weine mit außergewöhnlich hohen Mostgewichten und Aromawerten. Sie besitzen in der Regel eine kräftige Säure, die ein Gegengewicht zur intensiven natürlichen Süße dieser Weine bildet. Haben die Trauben die Vollreife erreicht, werden sie in Folie eingepackt. Diese dient in erster Linie dem Schutz vor Vogelfraß. Ohne den Folienschutz würden bis Dezember oder gar Januar keine Trauben mehr am Stock verbleiben. 2011er Eisweine: Gestern meldeten weitere Winzer ihre Ernteergebnisse: Das Weingut Karthäuserhof in Trier-Eitelsbach erntete 200 Liter mit einem Mostgewicht von 150 Grad Oechsle, das Weingut Peter Jostock 80 Liter mit 140 Grad Oechsle im Leiwener Klostergarten und das Weingut Steffen-Prüm in Maring-Noviand 90 Liter mit 150 Grad Oechsle. sim/fgg

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